Rote Spur
braucht die Polizei eine Haftungsfreistellung?«
Joubert reagierte nicht. Das Formular sicherte die Polizei ab, falls die Vermisstenmeldung böswillig oder betrügerisch war. Was oft passierte.
»Sie sagten, wenn Danie bis zum nächsten Tag nicht auftauchen würde, müsse ich ein Foto vorbeibringen. Sie würden es auf ihrer Website veröffentlichen und sehen, was sie tun könnten. Aber sie haben gar nichts unternommen.«
Joubert blickte von seinem Schreibblock auf. »Was für ein Modell ist der Audi?«
»Ein A3, ein roter. Er hat ihn gebraucht gekauft. Hier ist das Kennzeichen.«
|461| Joubert notierte es sich. »Wurde der Wagen auf Fingerabdrücke überprüft?«
»Nein. Ich habe am nächsten Tag das Foto vorbeigebracht und gefragt, ob ich das Auto mitnehmen könne, da sagten sie ja. Ich habe jeden Tag angerufen und einmal persönlich nachgefragt, aber sie sagten immer nur, es gebe nichts Neues. Wie ist das möglich? Wie können sie nur so gleichgültig sein? Wir bezahlen ihr Gehalt, es ist ihre Aufgabe, uns zu helfen. Aber sie tun es nicht! Ich habe Flyer drucken lassen und sie auf dem Parkplatz vor dem Sportstudio den Autos unter die Scheibenwischer gesteckt. Ich!«
»Steht der Audi jetzt bei Ihnen zu Hause?«
»Ja.«
»Ist ein Fahnder mit den Ermittlungen beauftragt worden?«
»Ja, eine Woche nach Danies Verschwinden. Er ist zu mir ins Geschäft gekommen und hat mich all die Dinge gefragt, die ich sowieso schon auf dem Formular angegeben hatte. Aber er hat mir gar nicht zugehört, sondern dauernd nur seine Haare zurückgestrichen. Ich habe bisher nicht wieder von ihm gehört.«
83
Wurde eine Person vermisst, gab es zwei Möglichkeiten: Entweder steckte ein Verbrechen dahinter oder der Betreffende war aus freien Stücken untergetaucht. Für die Angehörigen waren beide Möglichkeiten schwer zu ertragen. Deshalb stellte Joubert erst die einfachen Fragen.
Waren sein Portemonnaie und sein Handy im Auto gewesen? Nein, beides war weg.
Steckten seine EC- und seine Kreditkarte normalerweise im Portemonnaie?
Ja.
Fanden nach seinem Verschwinden irgendwelche Kontobewegungen statt?
|462| Nein, sie hatte die Konten nach drei Tagen sperren lassen.
Was war alles in der Sporttasche?
Nur Danies Sportsachen.
Hatte er Kleider aus dem Schrank genommen?
Der Schmerz huschte wie ein Schatten über ihr Gesicht. Nein, antwortete sie.
Waren irgendwelche Gegenstände aus dem Haus verschwunden?
Nein.
Wurde etwas anderes aus dem Audi vermisst?
Nicht, dass sie wüsste.
Keine Spur von den Autoschlüsseln?
Nein, sie musste die Ersatzschlüssel von zu Hause holen. Sie befanden sich in Danies Schrank.
Waren in den Wochen vor Danies Verschwinden irgendwelche ungewöhnlichen Anrufe gekommen?
Nein.
Hatte Danie in dieser Zeit mit irgendjemandem einen schlimmen Streit?
Nicht, dass sie wüsste.
Konflikte bei der Arbeit?
Nichts Besonderes. Er musste hart arbeiten, manchmal gab es Stress.
Welche Art von Stress?
Letztes Jahr hat das Personal gestreikt. Es gibt immer irgendwelchen Ärger mit den Angestellten. Die Busfahrer … Manchmal kommen sie einfach nicht zur Arbeit, manchmal kommen sie zu spät, manchmal fahren sie jemandem rein. Danie muss oft Fahrer entlassen.
Gab es einen besonderen Fall, über den er mehr als gewöhnlich geredet hat?
Nein, Danie hat zu Hause nur wenig über die Arbeit gesprochen. Er konnte gut mit Stress umgehen, er war immer so fröhlich. Nein, sie könne sich nicht erinnern, dass er irgendetwas erwähnt habe.
|463| Dann sagte er, respektvoll und leise: »Bitte verstehen Sie, ich muss Sie manche Dinge fragen, obwohl sie ein bisschen heikel sind …«
Sie nickte und ihre Augen sagten, dass sie wusste, was kommen würde.
»Waren Sie glücklich?«
»Ja, das waren wir!« Zum ersten Mal wurde sie emotional, als wolle sie sich selbst überzeugen. Sie straffte die Schultern. »Wir haben uns manchmal gestritten, aber nur ab und zu, wie jedes verheiratete Paar. Über das Übliche, aber wir haben uns immer ausgesprochen. Immer. Wir hatten eine Abmachung, dass wir nie zu Bett gehen würden, wenn wir noch böse aufeinander waren.«
»Das Übliche?«
»Ach, wissen Sie … Ich wollte eine neue Sitzgruppe für das Wohnzimmer haben, er wollte eine Bar einbauen lassen. Er wollte zum Rugby, ich wollte ins Kino …«
»Und er ist nie spät nach Hause gekommen?«
»Doch, manchmal, wegen seiner Arbeit. Aber dann hat er angerufen, zwei, drei Mal. Er war so rücksichtsvoll, immer.«
»Sie sagten, Sie
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