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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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den Traumata hängen:
    »… variable Vakuolisierung im hinteren Bereich des Neurofibrillennetzes. Gewisser Verlust an Nervenzellen und reaktive Astrozytose mit Kuruplaque, Kongorot positiv, wie schon in den zerebellären Abschnitten beschrieben.«
    Dann rief er die letzte Seite auf und las die endgültige Diagnose: »l. Multiple intrazerebrale Hämorrrhagie infolge Trauma. 2. Vorausgegangene Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung.«
    Robbie Brace saß in seinem Auto auf dem Parkplatz und überlegte, was er nun tun sollte. Ob er überhaupt etwas unternehmen sollte. Er wog alle möglichen Konsequenzen ab. Die Reputation von Brant Hill würde einen katastrophalen Rückschlag erleben. Die Medien würden es groß herausbringen mit bombastischen Schlagzeilen à la:
Fünf-Sterne-Service und der Tod. Mit viel Geld den Rinderwahnsinn gekauft.
    Seinen Job wäre er los.
    Du kannst dazu nicht schweigen, Mann. Toby Harper liegt richtig. Wir haben es mit dem Ausbruch einer tödlichen Krankheit zu tun, und wir kennen die Ursache nicht. Die Hormoninjektionen? Die Ernährung?
    Er griff nach seinem Handy unter dem Sitz. Toby Harpers Visitenkarte hatte er noch in der Tasche. Er tippte ihre Privatnummer ein.
    Eine Frau meldete sich. »Hier bei Harper.«
    »Ich bin Dr. Brace von der Brant Hill. Könnte ich Toby Harper sprechen?«
    »Sie ist nicht da, aber Sie können mir eine Nachricht hinterlassen. Wie ist Ihre Nummer?«
    »Ich bin gerade in meinem Wagen. Sagen Sie ihr nur, sie hatte recht. Sagen Sie ihr, wir haben einen zweiten Fall von Creutzfeldt-Jakob.«
    »Wie bitte?«
    »Sie wird das schon verstehen.« In seinem Rückspiegel tauchten Scheinwerfer auf. Er sah sich um. Ein Wagen fuhr langsam die nächste Reihe herauf. »Wann kommt sie nach Hause?« fragte er.
    »Sie ist im Augenblick im Dienst …«
    »Ach ja. Dann fahre ich schnell beim Springer Hospital vorbei. Die Nachricht erübrigt sich also.« Er schaltete ab, schob das Handy zurück unter den Sitz und warf den Motor an. Beim Verlassen der Zufahrt merkte er, daß auch die Scheinwerfer von vorhin zur Ausfahrt fuhren. Im regen Verkehr auf der Straße verlor er sie schnell wieder aus dem Blick.
    Zum Springer Hospital brauchte er eine halbe Stunde. Als er endlich auf den Parkplatz einbog, hatte er inzwischen regelrechtes Kopfweh vor Hunger. Er stellte den Wagen im Besucherbereich ab. Bei abgeschaltetem Motor blieb er eine Weile sitzen und rieb sich die Schläfen. Es war kein schlimmes Kopfweh, aber es erinnerte ihn zumindest daran, daß er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Er würde nur ein paar Minuten bleiben, gerade lange genug, um ihr zu erzählen, was er herausbekommen hatte, und dann würde er es
ihr
gestatten, die Bombe platzen zu lassen. Er selber wollte weiter nichts mehr, als nach Hause fahren und zu Abend essen. Und mit seinem kleinen Mädchen spielen.
    Er stieg aus, schloß ab und ging in Richtung Notaufnahme.
    Schon nach wenigen Schritten hörte er hinter sich Räder im Kies knirschen. Mit zwinkernden Augen sah er in die Scheinwerfer, die auf ihn zukamen. Der Wagen stoppte neben ihm, und er hörte den elektrischen Fensterheber auf der Fahrerseite summen.
    Ein Mann mit einem Blondschopf, der unter der Parkplatzlaterne silbrig glänzte, lächelte ihn an. »Ich glaube, ich habe mich verfahren.«
    »Wo wollen Sie denn hin?« fragte Brace.
    »Zur Irving Street.«
    »Da haben Sie es nicht mehr weit.« Brace trat an das offene Wagenfenster. »Sie müssen wieder zurück auf die Straße, nach rechts abbiegen und vier, fünf Blocks weiterfah …«
    Das
Plop, plop
überraschte ihn und auch der Schlag gegen seine Brust.
    Brace sprang zur Seite. Verblüfft riß er die Hand hoch, fuhr zu der Stelle, wo sich jetzt Schmerz meldete, und er merkte, daß er nicht richtig Luft holen konnte. Etwas Warmes floß über sein Hemd und rann ihm durch die Finger. Er sah nach unten. Seine Hand war feucht und schimmerte dunkel.
    Noch ein
Plop
und wieder ein Schlag gegen die Brust. Brace stolperte, versuchte, auf den Beinen zu bleiben, aber sie schienen unter ihm wegzuknicken. Er fiel auf die Knie, und die Straßenlampen über ihm verschwammen. Die letzte Kugel drang in seinen Rücken. Er brach zusammen und landete mit dem Gesicht auf dem kalten Boden. Der Kies stach in seine Wange. Der Wagen fuhr davon, das Brummen des Motors verlor sich in der Nacht. Er spürte, wie das Leben in einem warmen Strom aus ihm rann. Er preßte die Hand gegen die Brust und wollte das Blut stoppen, aber sein

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