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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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linker Arm hatte keine Kraft mehr. Ihm gelang nur noch ein schwacher Griff nach der Wunde.
Mein Gott, nicht hier,
dachte er.
Nicht jetzt.
    Er kroch auf den Eingang zur Notaufnahme zu, ver-suchte gleichzeitig, die Wunde zuzuhalten, aber bei jedem Herzschlag spürte er, wie ihm weiter die Kräfte schwanden. Angestrengt fixierte er das Schild
Notaufnahme,
das ihm hellrot entgegenleuchtete, aber sein Blick konnte es nicht mehr halten. Das Wort löste sich in Wellen wie von Blut auf. Die Glastüren der Notaufnahme waren zum Greifen nah. Plötzlich erschien eine Gestalt in dem hellen Rechteck und blieb nur wenige Schritte entfernt stehen. Verzweifelt hob Brace den Arm und flüsterte: »Helfen Sie mir. Bitte.«
    Er hörte die Frau schreien: »Da draußen ist ein Mann! Er blutet! Schnell! Erste Hilfe!«
    Dann hörte er jemanden rennen.

13
    »Noch eine I.v.-Kanüle, die dritte!« schrie Toby. »Sechzehner! Ringerlösung, im Schuß …«
    »Labor meldet, Blutkonserve Null-negativ ist auf dem Weg.«
    »Wo, zum Teufel, steckt Carey?«
    »Gerade war er noch im Hospital«, sagte Maudeen. »Ich piepse ihn an.«
    Toby zog sterile Handschuhe an und griff nach dem Skalpell. Unter den hellen OP-Lampen glänzte Braces Gesicht im Angstschweiß. Über der zischenden Sauer-stoffmaske starrten seine Augen sie an. Er atmete in kurzen, verzweifelten Stößen. Der Verband über der Brust färbte sich langsam wieder rot. Eine aus der Entbindungs-abteilung herbeigerufene Anästhesieschwester bereitete die Intubation vor.
    »Robbie, ich lege Ihnen jetzt einen Brusttubus«, sagte Toby. »Sie haben einen Spannungsthorax.«
    Sie sah ihn kurz zustimmend nicken und die Zähne zusammenbeißen, weil jetzt ein weiterer Schmerz auf ihn zukam. Aber er zuckte nicht einmal, als die Scheide des Skalpells in die Haut oberhalb der Rippen drang. Eine subkutane Xylocain-Injektion hatte seine Nerven unempfindlich gemacht. Toby hörte Luft entweichen und wußte, daß sie jetzt in der Brusthöhle war. Sie wußte auch, daß sie richtig vorging. Das Projektil war in die Lunge eingedrungen, und mit jedem Atemzug Robbies geriet Luft aus der offenen Lunge in die Pleurahöhle, wobei genug Druck entstand, um das Herz und die großen Gefäße in Mitleidenschaft zu ziehen. Was noch an pulmonalem Gewebe intakt war, wurde zusammengepreßt.
    Sie schob ihre Finger in die Inzision, um sie zu weiten, und schob den Plastiktubus hinein. Val verband das andere Ende mit dem Niederdrucksaugapparat. Sofort schoß hellrotes Blut in die Röhre und floß ins Auffangbecken ab.
    Toby und Val sahen einander an und hatten den gleichen Gedanken.
Er blutet in der Pleurahöhle – und das sehr massiv und schnell.
    Sie sah in Robbies Gesicht. Er beobachtete sie und registrierte ihren entsetzten Blick.
    »Sieht … schlecht aus, nicht?« flüsterte er.
    Sie drückte seine Schulter. »Es geht bestens, Robbie. Der Chirurg ist jeden Augenblick hier.«
    »Kalt. Mir ist so kalt …«
    Maudeen warf eine Decke über ihn.
    »Wo bleibt die Blutkonserve?« rief Toby.
    »Gerade gekommen. Ich hänge sie jetzt auf …«
    »Toby«, flüsterte Val, »der systolische Wert ist runter auf fünfundachtzig.«
    »Los doch, fangt an mit der Transfusion!«
    Die Tür sprang auf, und Doug Carey kam herein-marschiert.
    »Worum geht’s?« bellte er.
    »Schußverletzungen in Brust und Rücken«, sagte Toby. »Röntgen zeigt drei Projektile, aber ich habe vier Einschußlöcher gezählt. Spannungspneumothorax. Und das da …« Sie zeigte auf den Auffangbehälter des Tubus, in dem sich inzwischen hundert Kubikzentimeter Blut angesammelt hatten. »Das ist von den letzten Minuten. Systolischer Wert im Abnehmen.«
    Carey sah sich das Röntgenbild an, das vor dem Betrachter hing. »Wir öffnen den Brustraum«, sagte er.
    »Was wir brauchen, ist ein komplettes Kardiologenteam. Vielleicht müssen Bypässe gelegt werden …«
    »Keine Zeit mehr. Die Blutungen müssen
jetzt
gestoppt werden.« Er sah Toby direkt ins Gesicht, und sie spürte, wie in ihr die alte Abneigung wieder hochstieg. Doug Carey war ein Schweinehund, aber im Moment brauchte sie ihn. Robbie Brace brauchte ihn.
    Toby nickte der Anästhesieschwester zu. »Also, intubieren Sie. Wir müssen ihn fertig machen. Val, bereiten Sie alles übrige für die Thorakotomie vor …«
    Während alle eilig den Eingriff vorbereiteten, zog die Anästhestistin eine Dosis Etomidat auf. Das Betäubungsmittel würde Robbie für die Intubation völlig unempfindlich machen.
    Toby lockerte

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