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Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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und Mensch und Natur ihrer Farben beraubt.
    Die beiden Männer waren mit einem Jeep gekommen, den sie mit größter Vorsicht über den tiefen Boden gesteuert hatten. Bichlmaier und die versammelten Polizisten hatten den Dieselmotor schon von Weitem gehört und gebannt beobachtet, wie sich das Fahrzeug in seltsamen Bögen dem Ziel genähert hatte. Einmal hatte sich Bichlmaier umgewandt und zu dem Toten im Baum hochgeblickt. Obwohl der nur noch undeutlich auszumachen war, hatte er den Eindruck gehabt, als folgten auch dessen leere Blicke den Vorgängen zu seinen Füßen mit großer Intensität.
    Als der Wagen zum Halt gekommen und das Geräusch des Motors erstorben war, herrschte einen Moment lang absolute Stille. Es war, als ob die Versammelten den Atem anhielten. Erst nach einigen Sekunden vernahm Bichlmaier das Rauschen des Windes wieder.
    »Das muss ein Verrückter gewesen sein, der das getan hat«, meinte der Förster, nachdem er herangetreten war und einen Blick auf die Umrisse des Mannes im Baum geworfen hatte. Er hatte die Scheinwerfer des Jeeps nicht ausgeschaltet, sodass das grelle Licht die herumstehenden Menschen blendete. Auch der Baum im Hintergrund wurde dabei angeleuchtet, doch drang das Licht nicht weit genug nach oben, um die Leiche vollständig zu erfassen. Schultern und Kopf und die in die Höhe gestreckten Armstümpfe befanden sich außerhalb des Lichtkegels, verschmolzen mit der tiefen Dunkelheit.

    Bichlmaier wandte sich ab. Auf einmal wollte er nur noch weg. Es interessierte ihn nicht mehr, was weiter passieren würde. Das waren Routineaufgaben, wie er sie in unterschiedlicher Form schon so oft erlebt hatte. Ohnehin war es viel zu dunkel, um etwas zu erkennen. Die Spurensicherung würde den Toten bergen und die Leiche anschließend mit dem Jeep in die Gerichtsmedizin bringen.
    Die Augen der Anwesenden waren auf den Förster gerichtet, der eine Motorsäge aus seinem Fahrzeug geholt hatte. Bichlmaier bemerkte, dass die Kommissarin noch immer ihr Schulheft in der Hand hielt. Weder sie noch einer der übrigen Anwesenden beachtete ihn, und niemand hielt ihn zurück, als er ging. Noch einmal drehte er sich um und sah zu dem Mann im Baum, der lediglich als ein Schatten zu erkennen war. Wer war er?, fragte der Blick des Kommissars.
    Nachdem er einige Schritte aus dem unmittelbaren Bereich der Scheinwerfer gemacht hatte, war er einen Moment lang wie blind. Tiefe Schwärze umfasste ihn, die sich langsam aufhellte und einem trüben Grau wich. Nach einer Weile hatten sich seine Augen an das diffuse Licht gewöhnt und er konnte in einiger Entfernung den Bohlensteg erahnen, der ihn zurück in belebtes Gebiet bringen würde.
    So wie er den Steg betrat, ertönte das schrille Aufheulen einer Motorsäge, die sich in sprödes Holz zu fressen schien. Ein durchdringendes Geräusch. Räudige Katzen schrien manchmal so oder Marder.
    Bichlmaier ging weiter, ohne sich umzudrehen. Er überdachte noch einmal, was er in den vergangenen zwei, drei Stunden erlebt hatte. Das Bild des Toten stand dabei vor seinen Augen. Es hatte sich in sein Gehirn gebrannt. Wie war der Mann gestorben? Wie lange hatte er dort einsam im Baum gehangen? Fragen, auf die es sicher bald Antworten geben würde. Das war eine Sache der Gerichtsmedizin. Was aber war die Geschichte, die sich hinter all der offenkundigen Grausamkeit verbarg? Die Polizistin mit der großen Oberweite hatte kompetent gewirkt. Sie würde der Sache auf den Grund gehen.
    Plötzlich schob sich das Gesicht des Jungen, dem er im Moor begegnet war, vor das Bild des Toten. Das also war der Enkel des alten Berger. Wie eigenartig, dass gerade er ihm über den Weg gelaufen war.
    Sein Interesse an dem Toten und den Gründen, warum er hatte sterben müssen, erstaunte ihn nicht sonderlich. Bichlmaier fragte sich, ob es seine Bestimmung war, in den stinkenden Abfallhaufen des Lebens zu wühlen, um sich selbst aufs Neue mit dem Dreck daraus zu besudeln. Wenn es denn überhaupt so etwas wie eine Bestimmung gab.
    Er sog die kühle Luft der frühen Nacht tief in seine Lungen. Plötzlich musste er pinkeln und er blieb einfach stehen, öffnete den Reißverschluss seiner Hose und griff hinein. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er das Prasseln des heißen Urins im Gras hörte. Erst dann legte er den Kopf in den Nacken und starrte zum dunklen Himmel hoch. Zwischen den Wolken sah er die Sterne. Man konnte seinem Schicksal nicht entrinnen, dachte er. Scheinbar aus dem einen Leben geflüchtet, holte ihn

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