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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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Tischpartner auch den ganzen Nachmittag über nicht sehen ließ und ebenfalls nicht die Bar aufsuchte, um vor dem Dinner einen Aperitif zu sich zu nehmen.
    Seine attraktive Bekannte aber erschien zur Dämmerstunde in der Bar, und da sämtliche Hocker besetzt waren, beeilten sich alle Herren, ihr einen Platz anzubieten. Cooper hatte das Glück, der Tür am nächsten zu sitzen, und Patrice MacDonald dankte ihm für sein Anerbieten mit einem so charmanten Lächeln, daß es ungehörig von ihm gewesen wäre, sich nicht vorzustellen. Unversehens kam ein Gespräch in Gang, bei dem eifrig an Getränken genippt wurde. Mit dem Erfolg, daß Cooper binnen einer Stunde die sagenhaftesten Dinge erfuhr. Ob diese stimmten, war freilich eine andere Frage. Sie brauchten jedoch nicht der Wahrheit zu entsprechen, da sie am Bartisch erzählt waren, der seine eigenen Gesetze hat. Unabhängig davon war Patrice MacDonald nicht ohne Faszination, und das räumt Sonderrechte ein. Ihre blauen Augen waren ausdrucksvoll, ihre hohe Stirn verriet Intelligenz, und ihr leicht blaugrau getöntes Haar kokettierte mit ihrem Alter, das ein sorgfältiges Makeup zu verbergen suchte.
    Beim Dinner war es dann endlich soweit, daß der Chiefsteward Ivo Sorokin und Gordon Cooper miteinander bekannt machte.
    Der umstrittene Waffenhändler schaute Cooper mit einem Blick an, der den Gedanken in ihm aufkommen ließ, hinter den Augen seines Gegenübers befinde sich ein alles registrierender Computer.
    »Sind Sie schon länger an Bord?« erkundigte sich Sorokin, um der Höflichkeit Genüge zu tun.
    »Seit gestern«, antwortete Cooper und fügte nach kurzer Pause hinzu: »Ich bin zwar von London, stieg aber in Rotterdam ein, weil ich mich von meiner dort lebenden Schwester verabschieden wollte.«
    Ivo Sorokin lächelte verbindlich und griff nach der Speisekarte, die er jedoch schon bald wieder fortlegte. Dann prüfte er das Weinsortiment mit der Sicherheit eines Kenners, der weiß, was er wünscht.
    Der Chiefsteward, der wie ein Habicht auf der Lauer gelegen hatte, stürzte augenblicklich herbei, als Sorokin seine Serviette auseinanderfaltete. Coopers Hinweis auf Sorokins einflußreiche Position hatte seine Wirkung getan. »Haben Sie das Gewünschte gefunden, Sir?« fragte er mit Schweißperlen auf der Nasenspitze.
    »Ja«, antwortete Sorokin und nannte, ohne nochmals auf die Karte zu sehen, die erbetenen Speisen. »Von jedem Gang aber nur eine Kleinigkeit«, fügte er gedämpft hinzu. »Ich esse gerne variationsreich, jedoch nicht viel.«
    Ein Gourmet, der diagonal liest und einen Registrierapparat im Kopf hat, dachte Cooper beeindruckt.
    Der ›Chief‹ machte seine Notizen. »Und was darf ich Ihnen zu trinken bringen, Sir?«
    »Die Nummer sechzig.«
    Die Augen des Chiefstewards weiteten sich wie die einer Eule, und es war ihm anzusehen, daß es ihm plötzlich schwerfiel, auch Cooper noch um seine Wünsche zu bitten. Der Grund hierfür wurde wenige Minuten später ersichtlich; denn nicht der Getränkesteward, sondern der ›Chief‹ höchstpersönlich brachte eine in ein Körbchen gebettete Flasche Rotwein, die er wie ein zur Taufe zu haltendes Baby trug. Und was folgte, glich einer heiligen Handlung. Wie er das Etikett zeigte, das Körbchen behutsam auf den Tisch stellte, den Korken millimeterweise herauszog, mit geschlossenen Augen an ihm roch und den Wein schließlich mit Andacht in ein schräg gehaltenes bauchiges Glas fließen ließ, das alles glich einem sakralen Zeremoniell.
    Sorokin probierte den Wein und drückte seine Zufriedenheit mit einem einzigen Wort aus. »Exzellent«, sagte er und genoß in der Folge in Ruhe das Essen und Trinken.
    Gesprochen wurden nur die üblichen Höflichkeitsfloskeln, und Gordon Cooper machte nicht den Versuch, ein Gespräch in die Wege zu leiten. Mit dem Erfolg, daß Sorokin bei Aufhebung der Tafel dachte: ein angenehmer Mensch.
    Da die See während des Dinners rauh geworden war, zogen sich die meisten Gäste sehr bald in ihre Kabinen zurück. Unter ihnen befand sich auch Margit Holstein. Patrice MacDonald hingegen machte die Schaukelei nichts aus. Sie residierte in der Bar und genoß es, sich Komplimente machen zu lassen. Daß hinter ihrer attraktiven und lebenshungrigen Fassade jedoch ein anderer Kern steckte, trat zutage, als einige Herren sich anschickten, gewisse Witze zu erzählen. Sie verließ die Bar, noch bevor jemand Einspruch erheben konnte.
     
     
    Die Fahrt durch die Biskaya wurde für manchen Passagier recht

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