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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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Südostasiens eingegriffen, und er tut es auch heute noch. Während der Regenzeit werden alle Wege zu Schlammbächen und für die meisten Fahrzeuge unpassierbar. Wie in Europa der russische Winter, so bringt in Ostasien der Monsun jeden Krieg zum Stehen, und nur wer das berücksichtigt und vor Beginn des Großen Regens eine geeignete Position besetzt, wird sie in den darauffolgenden Monaten ohne Schwierigkeiten halten und ausbauen können. Und so gibt es viele Dinge, die unrealistischem Ethnologen vertraut sind, ›realistischen‹ Politikern hingegen ewig unbekannt bleiben.«
    Gordon Cooper schlug seinen Mantelkragen hoch. »Das mit dem Monsun habe sogar ich gewußt.«
    »Ich wählte auch bewußt ein primitives Beispiel«, entgegnete sie spitz. »Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen andere nennen.«
    »Lieber nicht!« widersprach er und hob die Hände.
    Sie sah ihn betroffen an. »Und warum nicht?«
    Er schnitt eine Grimasse. »Weil ich befürchte, bei Ihnen könnte die Intelligenzbestie zum Vorschein kommen.«
    »Wäre das so schlimm?«
    »Schlimm nicht, aber schade.«
    »Für Sie?« Die Frage knallte wie eine Peitsche.
    Sie ist eine Intelligenzbestie, dachte Cooper wütend und blickte über das Land, das in der Dämmerung versank. Die Lichtbündel eines Leuchtfeuers huschten über das Schiff hinweg und kündeten den baldigen Eintritt in die Nordsee an.
    Eine Weile standen Margit Holstein und Gordon Cooper wie gereizte Hunde nebeneinander, die sich nicht anzusehen wagen, dann sagte sie mit spröder Stimme: »Entschuldigen Sie mich, bitte. Ich möchte gehen.«
    »Bye, bye!« entgegnete er und stützte seine Arme auf die Reling.

3
     
     
     
    Dunkle Wolken wälzten sich über das Meer, das kalt und grau aussah und von weißen Schaumstreifen durchzogen wurde, als sich die ›Bayern‹ am Morgen des nächsten Tages der englischen Küste näherte. Obwohl das Schiff nur wenig schlingerte und stampfte, zogen es viele Passagiere vor, in ihrer Kabine zu bleiben.
    Zu ihnen gehörte auch Margit Holstein, der die kreuzlaufende Dünung sehr zusetzte. Sie atmete deshalb erleichtert auf, als ihr der Kabinensteward meldete, das Schiff erreiche in spätestens einer halben Stunde die Insel Wight, in deren Windschatten die See stets glatt wie ein Ententeich sei. Doch was nützte das? Der Gedanke, mit Gordon Cooper zusammenzutreffen, war ihr unangenehm. Sie fand, daß sie sich schlecht benommen hatte. Einfach fortzulaufen, das war keine Lösung. Andererseits war es eine Frechheit gewesen, sie als Intelligenzbestie zu bezeichnen. Zumal sie ihr Wissen nicht hatte an den Mann bringen wollen. Sie hatte lediglich reagiert. Vielleicht etwas zu impulsiv. Wahrscheinlich, weil sie sich immer wieder über die geistige Verflachung der jungen Wohlstandsgeneration erregte, zu der Gordon Cooper zu gehören schien. Er mußte ein vermögender Nichtstuer sein, denn wie hätte er sich sonst eine fünfwöchige Schiffsreise leisten können?
    Margit Holstein besaß ein hervorragendes Denkvermögen, in manchen Dingen aber hatte sie geradezu naive Vorstellungen. Versponnen in alten Kulturen, sah sie das gegenwärtige Leben vielfach mit den Augen eines Kindes, das eine Puppe sterben sieht, wenn deren Füllung an einer geplatzten Naht zum Vorschein kommt. Nicht Auflehnung, sondern Traurigkeit war es gewesen, was sie bewogen hatte, Cooper stehenzulassen.
    Aber nicht nur Margit Holstein grübelte über ihr Verhalten nach; Gordon Cooper tat das gleiche. Im ersten Moment hatte er sich über das abrupte Fortgehen der Deutschen empört, dann jedoch, als ein steifer Wind aufgekommen war und das Schiff bei Eintritt in die Nordsee zu stampfen anfing, freute er sich, daß sie ihre Kabine aufgesucht hatte, denn er wußte, wie sehr die meisten Frauen unter Seegang leiden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt tat es Cooper leid, die Formulierung ›Intelligenzbestie‹ gebraucht zu haben, und er bedauerte es um so mehr, als er es absichtlich getan hatte. Dabei gehörte er nicht zu jenen Männern, die von einer Frau in erster Linie Anpassungsfähigkeit und Zärtlichkeit erwarten. Margit Holsteins Ausführungen waren ihm plötzlich auf die Nerven gegangen. Vielleicht, weil im Unterbewußtsein das Wissen in ihm schlummerte, sich durch nichts belasten zu dürfen und abwehren zu müssen, was ihn an der Erfüllung seiner Aufgabe hindern könnte. Im Prinzip gab er Margit Holstein recht. Er wußte sehr wohl, daß es außer realistischen Betrachtungsweisen auch andere Möglichkeiten gibt,

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