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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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diese Welt zu erfassen.
    Aus diesem Grunde hatte er das Bedürfnis, die schlechte Erinnerung an den Abend fortzuwischen, und er wählte den direkten Weg, als er Margit Holstein gegen elf Uhr auf das Promenadendeck kommen sah. »Guten Morgen!« wünschte er ihr unbekümmert und ging auf sie zu. »Scheußliches Wetter, nicht wahr?«
    Sie war ihm dankbar dafür, daß er die vorangegangene Verstimmung ignorierte. »Ich habe bis eben im Bett gelegen.«
    »Das Beste, was Sie tun konnten«, erwiderte er lachend. »Und jetzt lade ich Sie zu einem Drink ein. Die Bar wurde eben geöffnet.«
    »Geben Sie mir eine halbe Stunde Zeit«, bat sie ihn. »Ich möchte zunächst etwas an der frischen Luft sein.«
    Er hob die Hand wie zum Gruß. »Well, ich erwarte Sie dann in der Bar.«
    Margit Holstein fiel ein Stein vom Herzen, und seiner Zurückhaltung hatte Cooper es zu verdanken, daß sie ihm später gerne nachfolgte.
    In der überfüllten Bar lud jeder jeden zum Drink ein; es war die einfachste Art des Sich-kennen-Lernens. Kurz nach Mittag aber stürmten plötzlich alle nach draußen, da irgend jemand gerufen hatte, der Lotse komme an Bord. Das mußte man natürlich gesehen haben.
    Als später der Hafen von Southampton erreicht wurde, erfolgte das Anlegen des Schiffes mit bewundernswerter Exaktheit, und Gordon Cooper, der unter den am Pier stehenden Menschen nach Ivo Sorokin Ausschau hielt, hatte den gebürtigen Russen bald entdeckt. Er war von stattlicher Figur, hatte ein markantes, braungebranntes Gesicht und trug eine zu seinem modisch taillierten Mantel passende Sportmütze. Neben ihm stand ein dezent gekleideter Chauffeur mit einer Aktentasche in der Hand. Gepäckstücke waren nicht zu entdecken.
    Von Sorokins äußerer Erscheinung hatte Cooper ebensoviel gehört wie von der Zurückhaltung des umstrittenen Waffenhändlers. Dennoch überraschte es ihn zu sehen, mit welcher Bescheidenheit der vielfache Millionär auftrat. Während die meisten der hinzukommenden Passagiere mit Wagen vorgefahren waren, hatte Ivo Sorokin offensichtlich das letzte Ende des Weges zu Fuß zurückgelegt.
    Gordon Cooper fieberte plötzlich wie ein Pferd vor dem Rennen. Immer wieder musterte er seinen zukünftigen Tischnachbarn. Würde er Kontakt mit ihm bekommen? Er spürte, daß er behutsam zu Werke gehen mußte. So, wie Sorokin da stand, sah er aus, als gewahre er die vor ihm stehenden Menschen nicht, als schaue er durch sie und das Schiff hindurch auf die offene See hinaus.
    Eine reichlich auffällig gekleidete, aber dennoch attraktiv wirkende Dame, die einen tief in den Nacken herabgezogenen großen Hut trug, ging mit schnellen Schritten auf Ivo Sorokin zu und fragte ihn mit Überraschung in der Stimme: »Reisen Sie auch mit der ›Bayern‹?«
    Seine buschigen Brauen hoben sich, seine dunklen Augen aber ließen keine Regung erkennen. »Ich habe nicht die Ehre, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Madam«, entgegnete er mit sonorer Stimme.
    »Mein Name ist Patrice MacDonald. Wir begegneten uns mehrfach im Ritz. Ich wohnte ebenfalls dort.«
    »Ich bedaure, mich nicht zu erinnern, Madam«, erwiderte er mit leichter Verneigung.
    Sie lachte girrend. »Verständlich. Es wurde ja ein Attentat auf Sie verübt. Schrecklich, daß der Garagenangestellte dabei ums Leben kam.«
    Gordon Cooper, der nicht hören konnte, wovon die Rede war, bemerkte, daß sich ein schmächtiger Chinese, der eine zu voll gestopfte Aktenmappe trug, den beiden näherte.
    Ivo Sorokin deutete zum Schiff hinüber. »Die Gangway ist freigegeben, Madam.«
    Patrice MacDonalds hübsche Augen wurden eisig. »Ich verstehe«, murmelte sie betroffen und ärgerte sich mehr über sich selbst als über die erlittene Abfuhr. Wie oft im Leben hatte ihr ungezügeltes Temperament ihr schon einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mit festen Schritten ging sie auf die Gangway zu, vor der sich die an Bord gehenden Passagiere mit ihren Gepäckträgern stauten.
    Ivo Sorokin wandte sich an den neben ihm stehenden Chauffeur, der ihm daraufhin die Tasche übergab und davonging. Er selbst blieb wie unbeteiligt stehen.
    Der Chinese schloß sich nun ebenfalls den Passagieren an. Er ging dabei merkwürdig verkantet und erinnerte an ein schräg im Wasser liegendes Boot.
    Gordon Cooper kam sich vor wie jemand, der vor einem Fernsehapparat sitzt, dessen Ton ausgefallen ist. Er sah alles und verstand nichts.
    Ivo Sorokin rührte sich erst vom Fleck, als die Gangway nicht mehr von Menschen verstopft war und ein auf

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