Roter Lampion
waren.
»Uns fehlt die zum Löschen erforderliche Flüssigkeit«, sagte einer von ihnen anzüglich.
Cooper blinzelte ihm verständnisvoll zu und trat an Sorokin heran. »Alles okay?«
Der Waffenhändler erhob sich und nickte. »Für mich wäre es sehr unangenehm gewesen, wenn meine Tasche… Glücklicherweise hat der Schreibtisch nicht so schnell Feuer gefangen.«
»Daß Sie im Jenseits schweben könnten, scheinen Sie zu vergessen.«
Sorokin schüttelte den Kopf. »Ganz gewiß nicht. Da ich aber davongekommen bin, brauche ich diese Papiere.« Damit erhob er sich und fragte gedämpft: »Dürfte ich die Tasche vorübergehend in Ihren Schreibtisch einschließen?«
»Selbstverständlich!« antwortete Cooper ohne zu zögern und fügte hinzu: »Am besten erledigen wir das gleich. Hier können wir doch nichts mehr tun.«
Der Kapitän, ein vierschrötiger Mann mit mächtigem Schädel, kam ihnen entgegen. »Zunächst einmal meinen herzlichsten Glückwunsch!« wandte er sich überlaut an Ivo Sorokin und reichte ihm die Hand. »Das hätte ja mächtig schiefgehen können.«
Der Waffenhändler nickte.
»Eine ganz verdammte Schweinerei ist das«, fuhr der Kapitän polternd fort. »Aber den Täter fassen wir, das garantiere ich Ihnen. Ich weiß schon, wo er zu suchen ist. Will mir nur schnell den Schaden ansehen. Über alles Weitere werden wir uns in der Lounge unterhalten.«
Cooper führte Sorokin in die eigene Kabine, wo er die Aktentasche im Sicherheitsfach seines Schreibtisches einschloß und dem Waffenhändler den Schlüssel übergab.
»Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen«, bedankte sich Sorokin.
»Aber ich bitte Sie«, entgegnete Cooper und wies auf seine Couch. »Am besten lassen wir dort ein Bett für Sie herrichten. Von mir aus können Sie hierbleiben, bis Ihre Kabine instand gesetzt ist. Doch jetzt sollten wir nach oben gehen. Bin gespannt, was der Kapitän unternehmen wird.«
Verständlicherweise fanden sich die Passagiere nur langsam im Gesellschaftsraum ein. Niemand verspürte Lust, sich notdürftig bekleidet seinen Mitmenschen zur Schau zu stellen, und so suchten alle zunächst ihre Kabinen auf, um sich einigermaßen zurecht zu machen.
Während der Kapitän mit seinen Offizieren geduldig wartete, saß Ivo Sorokin bedrückt in einem Sessel und fragte sich immer wieder, wer an seiner Ermordung Interesse haben könnte. Konkurrenten? Das hielt er für ausgeschlossen. Ein Staat, dem bestimmte Lieferungen nicht paßten? Die Möglichkeit war nicht von der Hand zu weisen. Aber wer es auch sein mochte, er mußte künftighin für seinen Schutz sorgen. Ob Cooper derartiges in die Hand nehmen könnte?
Während Sorokin dies überlegte, starrte Cooper mit verbissener Miene vor sich hin. Er wußte plötzlich, wer der Täter war, mußte aber schweigen, wenn er seine Aufgabe nicht gefährden wollte. Wie eine Erleuchtung war es über ihn gekommen, als er den Chinesen Lim in die Lounge eintreten sah. Er und niemand sonst kam als Täter in Frage. Und mehr noch: Auch das Attentat in London ging auf sein Konto!
Alles, was Cooper sich bis dahin nicht hatte erklären können, lag mit einem Male wie ein offenes Buch vor ihm. Fünf Tage vor Abfahrt des Schiffes war der Chinese von Hongkong nach London geflogen. Am Tage darauf, am 20. April, ließ er Sorokins Wagen in die Luft fliegen. Dann tauchte er für zwei Tage unter, bis er seinen zweiten Paß, der einen Einreisestempel vom 22. April besaß, benutzen konnte. Von diesem Augenblick an war er in der Lage, jederzeit nachzuweisen, daß er sich nicht in der Stadt befunden hatte, als das Attentat geschah.
Programmgemäß ging es dann weiter. Die vor zwei Monaten gebuchte Rückreise mit der ›Bayern‹, auf der auch Sorokin eine Kabine belegt hatte, bot ihm die Möglichkeit eines zweiten Attentates, falls beim ersten Anschlag etwas nicht klappen sollte. Wer wollte schon jemanden verdächtigen, der nur mit einer Aktentasche ausgerüstet an Bord gegangen war? Darüber hinaus konnte kein Passagier und kein Besatzungsmitglied in Verdacht geraten, wenn die Bombe erst nach der Fahrt durch den Suezkanal explodierte. Denn von Port Said bis zum Golf von Suez wird jedes Schiff von acht Ägyptern begleitet, und die mit ihren Booten auf dem vorderen beziehungsweise hinteren Ladedeck stationierten Beduinensöhne lassen sich, wie jeder Informierte weiß, auf Passagierschiffen nicht davon abhalten, die verschiedenen Decks aufzusuchen, um Lederwaren, Intarsienarbeiten und dergleichen zum
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