Roter Lampion
Verkauf anzubieten. Angesichts dieser Tatsache mußte der Verdacht auf sie fallen, wenn das Attentat zu einem Zeitpunkt erfolgte, da sie das Schiff im Golf von Suez wieder verlassen hatten.
Cooper zweifelte keinen Augenblick mehr daran, daß der Chinese Lim der Täter des zeitlich klug angelegten Mordanschlages war, und es kostete ihn viel Überwindung, seine Feststellungen und Kombinationen nicht preiszugeben und kurzen Prozeß zu machen. Fieberhaft suchte er nach einer Möglichkeit, die Schiffsleitung zu informieren, er fand jedoch keinen Weg, sein Wissen an den Mann zu bringen, ohne sich decouvrieren zu müssen. Wohl oder übel blieb ihm nichts anderes übrig, als zu schweigen und abzuwarten, wie die Dinge liefen.
Als es schließlich soweit war, daß der Kapitän das Wort ergreifen konnte, glaubte Cooper auch in anderer Hinsicht klarzusehen. Jedenfalls rechnete er mit der Möglichkeit, daß der Franzose Lefevre der Lieferant der in London und auf dem Schiff benutzten ›Höllenmaschinen‹ war. Ohne Helfer konnte Lim Swee Long nicht gearbeitet haben, denn es war höchst unwahrscheinlich, daß er auf seinem Flug von Hongkong nach London zwei Bomben im Gepäck gehabt hatte.
Gegen die Verdächtigung Lefevres sprach allerdings die Tatsache, daß er der Direction de la Surveillance du Territoire angehörte. Aber hatte nicht gerade der französische Abwehrdienst durch publik gewordene Fälle von Menschenraub, Mord und Totschlag peinliche Beispiele dafür geliefert, welcher Methoden er sich bediente! Es war durchaus denkbar, daß Sorokin französischen Behörden ein Dorn im Auge war, weil er Waffen an Nationen lieferte, die man selber beliefern wollte.
Gordon Cooper, der so in Gedanken versunken war, daß er nicht einmal Margit Holstein gewahrte, die nur wenige Schritte von ihm entfernt in einem Sessel Platz genommen hatte, horchte auf, als der Kapitän das Wort ergriff und nach einigen einleitenden Worten unumwunden erklärte:
»Täter kann meines Erachtens nur einer der Fellachen sein, die wir notgedrungen an Bord nehmen mußten. Ich bitte Sie deshalb, darüber nachzudenken, ob Sie im Verlauf des letzten Tages irgend etwas Verdächtiges bemerkt haben. Zum Beispiel, ob sich einer der Ägypter in der Nähe des Schlüsselbrettes der Rezeption oder an der Tür zu Mister Sorokins Kabine zu scharfen machte.«
»Entschuldigen Sie, Käpten, aber Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus«, widersprach ihm Ivo Sorokin und erhob sich. »Der Täter kann sich weder unter den ägyptischen Bootsleuten noch unter der Besatzung dieses Schiffes befinden. Er sitzt in diesem Raum!«
Eine ungeheure Erregung bemächtigte sich der Passagiere, und Cooper, der annehmen mußte, Sorokin habe eine konkrete Feststellung gemacht, schaute schnell zum Chinesen Lim hinüber, der still vor sich hin lächelte und keinerlei Besorgnis erkennen ließ.
»Wie kommen Sie zu dieser Behauptung?« fuhr ein Schotte den Waffenhändler an.
»Das frage ich mich auch!« stimmte ihm ein Hamburger Kaufmann zu. »Es ist empörend, eine solche Behauptung aufzustellen!«
»Aber meine Herrschaften!« rief der Kapitän im Bestreben, die Gemüter zu beruhigen. »Ich gebe zu, daß Mister Sorokins Erklärung schockiert, bin jedoch überzeugt, daß er seine Behauptung nicht aus der Luft gegriffen hat.«
»Ganz gewiß nicht«, bestätigte Sorokin mit fester Stimme. »Aber lassen Sie mich zunächst sagen, daß es mir nicht darum geht, einen bestimmten Personenkreis zu belasten. Ich möchte vielmehr als erstes all jene entlasten, die als Täter nicht in Frage kommen können.«
»Und woher wollen Sie das wissen?« erboste sich der Schotte erneut.
»Um das zu erklären, muß ich Ihnen etwas anvertrauen, das ich lieber für mich behalten würde«, antwortete Sorokin in aller Ruhe. »Am zwanzigsten April, zu einem Zeitpunkt also, da dieses Schiff in Rotterdam Ladung aufnahm, wurde in London ein gegen mich gerichtetes Attentat verübt, das den Fahrer meines Wagens das Leben kostete.«
Ein wildes Stimmengewirr erfüllte sekundenlang den Raum.
»Wer das weiß, wird verstehen, daß ich davon überzeugt bin, daß der heutige Anschlag vom selben Täter vorbereitet wurde«, fuhr Sorokin gelassen fort, als wieder Ruhe eingetreten war. »Denn es wäre absurd, anzunehmen, daß mir gleich zwei Menschen beziehungsweise Gruppen den Garaus machen möchten. Wenn das Londoner Attentat aber mit dem heutigen Anschlag in Zusammenhang zu bringen ist, dann kann der Täter nur jemand sein,
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