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Roth, Philip

Titel: Roth, Philip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nemesis
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veranstaltet, eines auf jedem der beiden Felder an den gegenüberliegenden Enden des Sportplatzes, aber an diesem Morgen waren nicht genug Spieler für vier Mannschaften da. Abgesehen von den kranken Jungen fehlten etwa sechzig, die offenbar von ihren Eltern zu Hause behalten worden waren. Diejenigen, die erschienen waren, versammelte er auf dem Teil der Tribüne, der vor der Rückseite der Schule stand.
    »Jungs, ich bin froh, dass ihr gekommen seid. Heute wird es wieder heiß werden. Das heißt aber nicht, dass wir nicht Baseball spielen werden. Es heißt nur, dass wir einige Vorkehrungen treffen werden, um es nicht zu übertreiben. Immer nach zweieinhalb Innings werden wir fünfzehn Minuten Pause machen, und zwar im Schatten, hier auf der Tribüne. In dieser Zeit wird nicht herumgerannt. Das gilt für alle. Keine Ausnahmen. Zwischen zwölf und zwei, wenn es am heißesten ist, wird das Spiel unterbrochen. Dann bleibt das Spielfeld leer. Ihr könnt Schach, Dame oder Tischtennis spielen oder ihr könnt euch einfach irgendwo in den Schatten setzen und euch unterhalten, und wenn ihr morgen kommt, könnt ihr ein Buch oder eine Zeitschrift mitbringen und in der Mittagszeit lesen ... das ist in Ordnung. Gut, das ist also unser neues Tagesprogramm. Wir werden den Sommer genießen, wie wir nur können, aber solange es so heiß ist, werden wir uns etwas zurückhalten. Und niemand wird einen Hitzschlag kriegen bei diesen mörderischen Temperaturen.« Im letzten Augenblick ersetzte er das Wort »Polio« durch »Hitzschlag«.
    Niemand erhob Einwände. Niemand machte eine Bemerkung. Sie hörten ihm ernst zu, und einige nickten zustimmend. Zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Epidemie konnte er ihre Angst spüren. Jeder von ihnen kannte mindestens einen der Jungen, die am Vorabend ins Krankenhaus gebracht worden waren, recht gut, und sie bekamen auf eine Weise, die sie nicht für möglich gehalten hätten, vor Augen geführt, in welcher Gefahr sie waren.
    Mr. Cantor stellte zwei Mannschaften zu je zehn Spielern zusammen. Zehn Jungen blieben übrig, und er bestimmte, dass sie, fünf für jede Mannschaft, nach der ersten fünfzehnminütigen Pause eingewechselt werden würden. Bei dieser Aufteilung würde es für den Rest des Tages bleiben.
    »Einverstanden?«, fragte er und klatschte aufmunternd in die Hände. »Es ist ein Sommertag wie jeder andere, und jetzt geht hin und spielt.«
    Er selbst machte nicht mit, sondern setzte sich zu den Auswechselspielern auf die Tribüne, die ungewöhnlich still wirkten. Jenseits des Spielfelds, an der kleinen Straße, wo die Mädchen immer seilsprangen, waren heute statt der ungefähr zwölf, die sich dort seit Beginn des Sommers am Morgen eines jeden Wochentages trafen, nur drei - drei Mädchen, denen ihre Eltern offenbar erlaubten, das Haus zu verlassen und mit den anderen Kindern auf dem Sportplatz zusammen zu sein. Die fehlenden waren vielleicht unter denen, die, wie er gehört hatte, zu Verwandten geschickt worden waren, die weit genug von der Stadt entfernt lebten, und einige von ihnen hatte man vielleicht vor der Bedrohung in die saubere, immunisierende Seeluft an der Küste von New Jersey gebracht.
    Zwei der Mädchen schwangen das Seil, während das dritte sprang - ohne dass ein weiteres auf ungeduldigen dünnen Beinen daneben stand und darauf wartete, an die Reihe zu kommen. Ihre hohe, quäkende Stimme war bis zur Tribüne zu hören, wo die Jungen, die sonst von morgens bis abends plapperten, flachsten und Witze rissen, mit einemmal nichts zu sagen hatten.
    K, ich heiße Karla, Und mein Mann, der heißt Kenneth, Wir kommen aus Kentucky Und bringen Kartoffeln mit.
    Mr. Cantor brach schließlich das lange Schweigen. »Habt ihr Freunde, die krank geworden sind?«, fragte er sie. Alle nickten oder sagten leise: »Ja.«
    »Das ist schwer für euch, ich weiß. Sehr schwer. Wir können nur hoffen, dass es ihnen bald besser geht und sie bald wieder hier spielen können.«
    »Es kann sein, dass man für den Rest seines Lebens in einer eisernen Lunge liegen muss«, sagte Bobby Finkelstein, der sonst eher still war. Er war einer der Jungen, die Mr. Cantor nach dem Trauergottesdienst im Anzug auf den Stufen der Synagoge gesehen hatte.
    »Ja, das kann sein«, sagte Mr. Cantor. »Aber das passiert nur bei einer Lähmung der Atemmuskulatur, und die ist sehr selten. Es ist viel wahrscheinlicher, dass man wieder gesund wird. Es ist eine schwere Krankheit, aber man kann sie auch überstehen. Manchmal

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