Rotkäppchen auf Koks (Bronco Baxter - Gay Story 2) (German Edition)
Vorverkauf
sichern wollten. Vor mir stand der dicke Rudy, das Faktotum aus meinem
Sportclub. Ich stellte mich neben ihn. »Worum geht es in Gone with the wind «,
wollte ich wissen. »Ich hörte nur, dass es sich um eine kitschige
Liebesgeschichte im Bürgerkrieg handeln soll.«
Rudy sah mich erstaunt
an. »Hast du das Buch nicht gelesen?«
»Wann soll ich das tun?
Ich bin den ganzen Tag mit anderen Dingen beschäftigt.«
Hinter mir winkte ein
junger Mann, der unserem Geplänkel zugehört hatte, mit einer Werbebroschüre. »Hier
steht alles drin«, sagte er. Er war Mitte zwanzig, etwas größer als ich, hatte
ein eckiges Gesicht und braune Haare.
»Hi, ich bin Bob«,
stellte er sich vor. »Ich habe die Broschüre gelesen. Es geht um die junge
Scarlett O’Hara. Ihre Eltern haben eine Baumwollplantage in Georgia in den
Südstaaten. Kurz vor Ausbruch Bürgerkriegs verliebt sie sich. In Ashley, den
gutaussehenden Erben der Nachbarplantage.«
Während wir uns in der
Schlange langsam der Kasse näherten, setzte Bob die Inhaltsangabe fort. »Ashley
nimmt aber nicht Scarlett zur Frau, sondern seine Kusine Melanie. Und dann
bricht der amerikanische Bürgerkrieg aus und Scarlett heiratet aus Trotz einen
anderen Mann.«
»Dann ist ja alles in
Ordnung mit Scarletts Privatleben«, meinte ich.
»Nichts ist in Ordnung«,
sagte Rudy. »Scarletts Mann fällt im Krieg und sie reist nach Atlanta, um in
der Nähe von Ashley zu sein.«
»Dort begegnet sie dem
smarten Rhett Butler, der sich in Scarlett verliebt«, erzählte Bob. »Aber sie
weist ihn zunächst von sich, später überlegt sie es sich aber anders.«
»Das soll vorkommen«,
sagte ich.
Wir hatten das
Kassenhäuschen fast erreicht. »Wie geht die Geschichte aus?«, wollte ich wissen.
Auch darüber war Bob informiert. »Am Ende liegt Scarlett O’Hara
tränenüberströmt auf der großen Treppe ihres Hauses. Zwar ist Ashleys Ehefrau
Melanie inzwischen gestorben, doch Ashley will Scarlett immer noch nicht haben.«
»Da ist noch Rhett«,
warf ich ein.
»Der hat sie auch
verlassen«, rief Rudy und schüttelte den Kopf. »Gar nichts ist ihr geblieben,
gar nichts. Einem verheirateten Mann hinterher zu rennen. Wie töricht!«
»Das soll vorkommen«,
sagte Bob.
»Dabei gibt es genügend
andere«, meinte Rudy.
»Man muss nur suchen«,
sagte ich und zwinkerte Bob zu.
Wir hatten das
Kassenhäuschen erreicht. Rudy kaufte zwei Karten. »Bis bald, Bronco«, sagte er
und verabschiedete sich, nicht ohne zuvor noch einen interessierten Blick auf
Bob geworfen zu haben.
Nun war ich an der Reihe
und bat Ann um die Karten, die Phil für die Vorstellung telefonisch vorbestellt
hatte. Ann war die Nachbarin von Luigi und half sowohl ab und zu in dessen
Wäscherei aus als auch an der Kinokasse. Sie blätterte in einem Buch mit den
Reservierungen. Mary, ihre 12-Jährige Tochter, hatte zuletzt an einem
Shirley-Temple-Ähnlichkeitswettbewerb teilgenommen. Gewonnen hatte sie ihn
nicht.
»Wie geht es Mary«,
fragte ich. »Ist sie schon ein Star geworden?«
»Noch nicht«, erwiderte
Ann. »Sie müsste eine Kinderrolle am Broadway bekommen, das wäre schön. Damit
könnte sie viel Geld verdienen und ich wäre die Schufterei im Kino und in der
Wäscherei endlich los.« Ann reichte mir drei Eintrittskarten. »Doch stellen Sie
sich vor, Mr. Baxter. Mary hat ein Autogramm von Shirley Temple bekommen und
sich sehr darüber gefreut.« Ich bezahlte die Karten, das Wechselgeld ließ ich
liegen. »Der Rest ist für Mary, für Süßigkeiten«, sagte ich zu Ann, die mich
anlächelte. Ich war mir nicht sicher, ob aus Dankbarkeit oder weil sie mich
näher kennen lernen wollte.
Ich ging einige Schritte
zur Seite, steckte die Karten in die rechte Hosentasche und schaute mir die
Standfotos an. Bob, der sich ebenfalls eine Karte gekauft hatte, kam zu mir. »Ich
bin gespannt auf den Film«, sagte er. »Man liest so viel darüber. In dieser
Woche steht in Photoplay ein großer Artikel, doch ich habe die Zeitschrift
nicht mehr bekommen.«
»Du kannst sie bei mir
zu Hause lesen.«
»Ok«, sagte er. »Eine
Stunde habe ich Zeit, danach muss ich arbeiten.«
Wir gingen los. Ich
stellte mich ihm vor und sprach über Sport und darüber, wie sehr sich New York
in den letzten Jahren verändert hatte. Bob konnte dazu nichts sagen. »Ich bin
erst seit drei Monaten hier«, erklärte er.
»Woher kommst du?«
»Aus einer kleinen Stadt
in Arizona. Ich habe in New York einen Job angenommen.« Dann schwieg er.
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