Rotkäppchens Rache
Tochter -«
»Ich verstehe.« Danielle nickte Heather zu, die keiner weiteren Ermutigung bedurfte und sich den Kuchen so eilig in den Mund stopfte, als fürchte sie, jemand könnte ihn ihr stehlen. »Sie sieht aus, als hätte sie monatelang keine ordentliche Mahlzeit mehr gehabt.«
»Ihre Kräfte verlangen ihr viel ab, fürchte ich.« Lang fuhr mit einer schmutzigen Hand durch Heathers Haare.
»Angesichts dieser Kräfte stellt sich mir die Frage, wieso …« Danielle deutete auf die zerlumpte Erscheinung der beiden.
Lang kicherte. »Vergebt mir meine Kühnheit, aber Ihr wart doch selbst einmal eine Bürgerliche, oder? Weggesperrt in der Dachkammer, um Eurer Stiefmutter und Euren Stiefschwestern zu dienen. Euer Vater war ohne Zweifel ein guter Mann, aber er konnte Euch nicht beschützen vor der -«
»Kommt zur Sache, Master Miller!« Danielle hatte eigentlich nicht ganz so scharf sprechen wollen. Talia warf ihr aus zusammengekniffenen Augen einen warnenden Blick zu.
»Ich kann sie weder vor solchen Leuten beschützen«, sagte Lang, »noch kann ich ihr Sicherheit kaufen. Wenn ein armer Müller plötzlich anfinge, mit Gold zu protzen, dann wäre das ein Sirenengesang für jeden Dieb und Entführer in Lorindar. Ich bin ein einfacher Mann, Euer Hoheit. Alles, was ich möchte, ist, dass mein Mädchen wohlauf und glücklich ist. Ich kann ihr das nicht bieten, aber Ihr könntet es.«
»Ihr habt mein Wort, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um sie zu beschützen.« Danielle zwang sich zu einem unbeschwerteren Ton. »Man wird gut für Heather sorgen.«
»Dann sind wir also im Geschäft?«, fragte Lang. Hinter ihm schnellte Heathers Zunge aus dem Mund, um die letzten paar Krümel von den Lippen zu lecken. Mit großen braunen Augen sah sie zu Danielle auf.
Danielle nahm eine Hand voll Stroh und drückte zu, bis sie die Halme knirschen und in ihrer Hand brechen hörte. »In der ersten Nacht vermutete ich Gaunerei. In der zweiten fing ich an zu glauben.« Sie machte eine Geste in Schnees und Talias Richtung. »Meine Dienerinnen haben jeden Winkel dieses Raums durchsucht. Wenn Euer Kind seinen Zauber ein drittes Mal wirken kann, dann sind wir uns einig.«
»Hörst du das, Heather?« Lang kniete sich hin und drückte die Schultern des Mädchens. »Wenn du heute Nacht wieder Stroh zu Gold spinnst, wirst du nie wieder Hunger haben! Prinzessin Aschenputtel hier wird für dich sorgen, und wenn du alt genug bist, wirst du ihren Sohn, Prinz Jakob, heiraten. Du wirst heranwachsen, um Königin von Lorindar zu sein!«
Heathers Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Ihr Blick war gelangweilt, fast leer. Entweder verstand sie es nicht oder es war ihr egal. Sie lutschte an den Fingern und trottete zum Spinnrad hin.
»Wir werden morgen ein öffentliches Verlöbnis abhalten«, sagte Danielle. »Sobald Jakob das dreizehnte Lebensjahr vollendet, sollen sie vermählt werden.«
»Ich danke Euch, Euer Hoheit.« Lang nahm Heather bei der Hand und flüsterte ihr etwas ins Ohr, dann wich er zurück. »Wenn der Morgen anbricht, wird mein Mädchen diesen Raum mit Gold gefüllt haben. Bald wird Lorindar die reichste Nation im Arantinischen Ozean sein!«
Danielle sagte nichts, als sie Lang und die anderen aus dem Lagerraum führte. Talia zog die Tür hinter ihnen zu und überließ Heather ihrer Arbeit.
»Schnee wird Euch einen Platz zum Schlafen suchen«, sagte Danielle.
»Danke.« Lang rieb sich den Hals. »Ich nehme nicht an, ich könnte eine von euch Damen um etwas zu Trinken bemühen? Das ganze Stroh und der Staub machen eine mörderisch trockene Kehle!«
»Sicher.« Danielle beobachtete immer noch Schnee, deren Stirn leicht gefurcht war.
Schnee betrachtete den Lagerraum forschend, fast so, als ob sie durch die Holzwände sehen konnte. Langsam lächelte sie. Mit einer Hand lockerte sie ihren Schal und enthüllte den Glanz versilberten Glases an ihrem Halsband.
Auf dieses Zeichen hin drehte sich Danielle so abrupt um, dass Lang fast in sie hineingelaufen wäre. Indem sie sich zwang, sich nicht aufzuregen, sagte sie: »Bevor wir uns zurückziehen, würde ich gern Eurer Tochter bei der Arbeit zusehen, um dieses Wunder selbst zu verfolgen.«
Lang ließ schiefe Zähne sehen. »Ich wünschte, das wäre möglich, aber solche Magie zu beobachten heißt, sie ihrer Macht zu berauben. Als sie mir zum ersten Mal von ihren Gaben erzählte, habe ich selbst einen verstohlenen Blick riskiert. Im selben Moment verschwand das Gold,
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