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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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als ich die Kupplung kommen ließ. Fernlicht an, Vollgas.
    Der quadfahrende Wachmann bog ohne große Diskussion rechtwinklig in den Graben ab. Als wir ihn passierten, war ich schon im Dritten, mit Höchstdrehzahl den vom Audi gepflügten Spurrillen hinterher. Den Hügel hoch musste ich runterschalten, schließlich sogar in den Ersten, so wenig Grip fanden die Reifen. Doch irgendwann, nach endlosem Geprassel von Eis, Schnee und Geröll in den Radkästen ließ die Steigung nach, ebnete sich zur Fläche, und die Tachonadel wanderte wieder hoch ins Dreistellige. Das rotierende Licht auf dem Radarmast des Flughafens kam in Sicht, dann der Zaun. Ich klopfte den Vierten rein. Jean-Luc Reiff hatte seine Fahrgäste bereits abgesetzt und war auf dem Weg zurück. Der Q7 wartete schon außerhalb des Flughafengeländes, und Reiff hatte es eilig, das breite, einflügelige Tor der Feuerwehrzufahrt zu schließen. Er blinzelte, als ihn mein Fernlicht erreichte, und zauderte, bis ihm klarwurde, dass sich das dazugehörende Auto mit nicht nachlassender Gaspedalstellung und wachsender Drehzahl auf ihn zu katapultierte.
    Er ahnte, dass ich ihn auf die Hörner nehmen wollte, dass ihm das Tor keinen Schutz bot, weil ich es mit hohem Fahrtüberschuss rammen würde und ihn mit. Deshalb entschied er sich im letzten Augenblick, den Flügel wieder aufzuzerren, sich dann dahinterzuwerfen und so aus unserer Schussbahn zu retten. Und er schaffte es - fast.
    Ein energischer Ruck am Lenkrad, und ich erwischte ihn bei voller Fahrt am Knie, dass es ihn in die Luft wirbelte wie eine Tontaube. Kostete mich einen Scheinwerfer, doch das war's mir wert.
    Noch ein Ruck am Lenkrad, und wir bogen vom weichen Untergrund des Flugfeldes auf den harten Asphalt der Start- und Landebahn. Die gleichmäßig aufgereihten Begrenzungsleuchten links und rechts von uns liefen, der Perspektive gehorchend, spitz auf das ferne Ende zu, an dem sich gerade ein zweistrahliger grünweißer Jet in Position brachte, blitzende Blinklichter an allen Enden. Er stoppte. Ich stoppte.
    Eine kleine Ewigkeit verstrich, irgendwas zwischen einem Fingerschnippen und einem Atemzug. Dann trafen der Pilot und ich im selben Moment dieselbe Entscheidung. Wir blendeten unsere Scheinwerfer auf und gaben Vollgas. Ich hörte meine Reifen jaulen und sah die beidseitig ans Heck der Maschine geschmiegten Triebwerke aufglühen wie fette Zigarren, konnte tatsächlich durch die hochdrehenden Turbinenschaufeln ins Innere der Brennkammern sehen, kein alltäglicher Anblick, aber man beschleunigt ja auch nicht alle Tage in direkter Linie auf einen startenden Jet zu. Es war ein kurzes, allzu kurzes Duell der Nerven. Wieder entschieden der Pilot und ich gleichzeitig, dass jede Sekunde länger am Gas in einer Kollision enden musste. Er nahm den Hebel zurück, ich das Pedal, unsere Füße fanden die Bremsen und Jet und Auto duckten ihre Nasen in den Asphalt. Irgendwo zwischen fünfzig und vierzig Stundenkilometern verriss ich das Steuer nach rechts, zog die Handbremse und stellte den Toyota quer zur Startbahn.
    Keine Sekunde zu früh. Nur Zentimeter von meiner Seitenscheibe entfernt kam das Bugfahrwerk zum Stillstand. Ich musste tatsächlich ein Stück vorfahren, oder ich hätte die Tür nicht aufgekriegt. Kaum aus dem Auto, duckte ich mich unter den Bauch des Flugzeugs. Von oben hörte ich den Piloten aus seinem Cockpitfenster bölken, doch das interessierte mich nicht. Wo hatte der verdammte Vogel seine Tür? Privatjets dieser Größe brauchen keine Gangway, sie haben ausfahrbare Treppen, nur - wo? Mit eingezogenem Kopf stand ich mittig unter dem Rumpf und drehte mich wie ein Kreisel, bis plötzlich, an der rechten Seite, direkt vor der Tragfläche, die leichte, offene Ziehharmonika-Konstruktion der Treppe heruntergelassen wurde. Mit einem Satz war ich dort.
    Ich hatte nur eine einzige Chance. Und ich ergriff sie. Beidhändig.
    Der Bodyguard wusste, dass dies ein Kampfeinsatz war, auf Leben und Tod, und hatte es entsprechend eilig, hinauszustürmen und den für ihn bis dahin unsichtbaren Feind unter Beschuss zu nehmen. Ich kauerte direkt hinter der Treppe, packte den ersten schwarzen Stiefel, den ich sah, am Knöchel, riss ihn nach hinten und hielt ihn so fest ich nur konnte. Der Bodyguard fiel wie ein Baum. Am Fuß ruckartig verzögert, war alles darüber weiterhin voll unstoppbarem Vorwärtsdrang. Der massige Körper beschrieb eine abwärtsgerichtete, sich selbst beschleunigende Drittelkreisbahn und schlug mit

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