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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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wimmerte nur noch zu der Herrin Füßen, und sie küßte die Füße. Alle höfische Zucht war von der sonst so Beherrschten abgefallen.
    Roxelane bemerkte es nicht einmal. Sie, die unbändiger war als die andere, dachte an ihre Söhne.
    „Ich muß leben“, begann sie leise, als bete sie sich ihre Aufgabe vor. „Sehr lange muß Ich leben, länger als Soliman. Nur ich darf die Walide sein. Mohammed Soliman ist der Erwählte von Hafsa Chatun und von mir, und so lange muß ich leben, bis mein Sohn Padischah ist. Selim und Dschihangir aber werden den Beweis liefern, daß Kaiserbrüder glücklich und treu sein können und daß der Padischah nicht an ihren Gräbern zu beten braucht. Es sind meine Söhne. Ich habe sie geboren. Sie werden mir gehorchen. - Oh, Dede Semid!“ schrie sie in einem plötzlichen Anfall von Angst. „Mach, daß ich so lange lebe! Ich darf nicht sterben, ehe nicht alles so ist! “
    Dede Semid war aufgesprungen und schloß sie nun in ihre Arme. Sie streichelte sie, wie sie ein verirrtes Kind, das sich fürchtete, gestreichelt hätte.
    Und schließlich lächelte die Verstörte.
    „Jetzt schnell, Dede Semid!“ flüsterte Roxelane. „Schminke, Puder, ein Spiegel! Ich muß hinunter, ehe sie mich vermissen.“

35
    Das bevorstehende Ereignis der kaiserlichen Rückkehr spornte auch Roxelanes Kinder an, ihre Anstrengungen zu erhöhen. Die beiden ältesten Söhne bemühten sich um gute Noten in den Pagenkammern. Dschihangir fand noch Zeit, für seinen Vater ein Lautenband mit einem Hafidischen Spruch in Perlen zu sticken. Und Mirmah dichtete ein Lied Bakis, des von ihrem Vater bewunderten Lyrikers, in italienischer Sprache nach, wodurch sie allerdings mehr ihre Fortschritte im Italienischen als ihre Dichtkunst bewies.
    Roxelane selbst hatte es ebensowenig an Vorbereitungen fehlen lassen. In der Hauptsache hoffte sie Soliman durch eine überaus kunstvolle Standuhr zu erfreuen. Wie sein Gegner Karl der Fünfte liebte auch Soliman Uhren. Er sah mehr in ihnen als nützliche Zeitmesser. Als geistreiche Steuerung mechanischer Kräfte regten sie ihn an. Roxelanes Uhr verkündete aber nicht nur durch ein Schlagwerk die Stunden. Von ihr konnte man den Kalender und sogar den jeweiligen Stand der Gestirne ablesen.
    Ein Augsburger Meister hatte dies Wunder geschaffen, der Oberststallmeister Rustem es der Sultana verschafft und - wie der Klatsch behauptete - ein schönes Stück Geld an den viertausend Dukaten verdient, die es gekostet hatte.
    Man kannte Rustem als geizig und traute ihm alles zu. Er war einer
    der vielen Kroaten, die es im Hofdienst zu etwas gebracht hatten, und er war überaus fromm!
    Und Roxelane würde auch das Dreifache bezahlt haben, um Soliman fröhlich zu sehen. Sie war überhaupt weit davon entfernt, ihn ihre Gegnerschaft zu Ibrahim entgelten zu lassen.
    In ihren Augen kam jeder Schmerz, den ihr Soliman zugefügt hatte, nur aus Ibrahims und nicht aus Solimans bösem Willen. Und wenn sie ihrem Herzen folgte, so folgte sie auch ihrem Verstand, der ihr sagte, daß ihr Mann nicht ohne neue Festigung der alten Bindung Tag und Nacht mit Ibrahim zusammengewesen sein könne. Sie kannte Solimans Melancholie zu gut, um ihm den Austausch eines geistsprühenden und unterhaltsamen Freundes mit einer schmollenden Frau zuzumuten. Darum schmollte sie denn auch nicht. - Aber das alles versank vor dem einen: Anderthalb Jahre hatte sie den Mann ihrer Liebe nicht mehr gesehen!
    Freilich: Wenn sie die Augen schloß - dann erblickte sie ihn leibhaftig mit dem männlich gebräunten, schwarz umrandeten Gesicht. Weiße Strähnen mochten den Bart des Zweiundvierzigjährigen jetzt nach den Strapazen des Feldzugs durchziehen.
    Sie jedoch wollte jedes weiße Haar des Geliebten küssen und jede seiner Falten. Sein Leib war ihr Leib, und ihr Leib gehörte ihm. Es war ihr Ergrauen, und es waren ihre Falten. Es gab nur einen Gott. Doch eher hätte sie auf Allah verzichtet als auf Soliman.
    Am achten Januar 1536 kehrte Soliman nach sechsmonatigem Marsch von Täbris in seine Hauptstadt zurück.
    Es geschah an einem jener milden Wintertage, die in Konstantinopel nicht selten sind, und die Würden des Staats und des Gesetzes brauchten nicht seekrank zu werden, als sie den Bosporus kreuzen mußten, um den Großherrn bereits in Skutari auf dem asiatischen Ufer zu begrüßen.
    Im Kreisinnern eines letzten Diwans zu Pferde durften sie ihm am Strand von Saladschi Iskelessi die Hand küssen. Dann hielten die Nikiabdare die

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