Roxelane
demselben Hippodrom aufhängen zu lassen, auf dem die Statuen des Herakles, des Apollon und der Artemis standen. Es war geschehen, ehe der Kaiser auch nur etwas davon erfahren hatte.
Dabei rechnete Soliman, der unter dem Namen des Muhibbi, des liebenden Freundes, selbst Kassiden voll ernster Herrscherwürde und reiner Menschlichkeit schrieb, sich auch zu den Dichtern, und es widerstrebte ihm nicht nur, ihnen Gewalt anzutun, sondern er war auch der Meinung, daß dem Fighani durch die gewaltsame Vernichtung seines sterblichen Leibes nur ganz unverdientermaßen die Unsterblichkeit gesichert worden sei.
Und so geschah dem so viel größeren Jahja heute nichts mehr, obwohl dessen Elegie auf den Tod des unschuldig hingerichteten Iskender Tsdielebi in aller Hände war. nicht einmal die einträgliche Verwaltung frommer Stiftungen ließ der Sultan ihm nehmen - oder vielmehr Ibrahim ließ sie ihm nicht nehmen, weil er es mit Rücksicht auf Soliman nicht wagte. - Es gab manches, vor dem der Großwesir in letzter Zeit zurückschreckte.
Auch Barbarossa lag noch immer ungehindert vor Tenedos. Es wäre peinlich gewesen, wenn ein Befehl an den Alten, zur Verantwortung nach Stambul zu kommen, die Machtlosigkeit der Pforte ihm gegenüber erwiesen hätte. So stand denn trotz des Siegs über Persien nicht alles mehr so für Solimans Günstling wie nach Mohacs.
Äußerlich freilich war nichts zu erkennen. nicht die kleinste Unsicherheit Ibrahims deutete darauf hin, und vielleicht wußte der Minister auch wirklich nicht, wie laut seines Herrn Gewissen gegen ihn sprach. Keiner von all diesen Männern schien etwas davon zu ahnen, nicht einmal Soliman selbst. Er war huldvoller, liebevoller denn je, und einen Atemzug lang erschrak Roxelane.
Ganz fremd war ihr Soliman plötzlich erschienen. Ihr eignes Tun hatte sie gegen sich und andere mißtrauisch gemacht, und es war ihr gewesen, als habe sie einen Blick in das Gewebe einer großartigen Verstellung getan.
Doch dann gestand sie sich, daß sie Soliman besser kannte. Er war keiner Verstellung fähig. Er wollte lieben und wollte vertrauen.
Es rührte sie tief, daß es so war, und eine heiße Woge von Liebe für ihn und von Scham über sich stieg in ihr hoch.
Sie sei nicht wie Soliman, hielt sie sich vor, sie habe sich im Trug und in der Lüge geübt. Nur dadurch habe sie Esmas Mißtrauen besiegt. Und wenn deren Gatte ungewarnt und nichtsahnend sich jetzt immer noch wie der Herrscher des Diwans gebärde, so habe sie darin ihr Werk zu erkennen, von dem sie nicht mehr zurücktreten könne, ehe das Ende nicht da sei, gleichviel für wen, für Ibrahim oder für sie. Doch sofort ballte sich ihr Wille gegen jeden Gedanken einer Niederlage. Mit aller Kraft wünschte sie das Ende für Ibrahim. Denn sie dachte an ihre Söhne.
Die fliegende Hitze verebbte, und ihre Stirn wurde wieder weiß und glatt und klar.
Roxelane schämte sich nicht mehr.
Sie freute sich vielmehr, als der Wesir der Kuppel Ajas Pascha nunmehr, nachdem Laforet wieder hinausgeleitet worden war, auf Chaireddin Barbarossas Verweilen vor Tenedos aufmerksam machte.
Die Anfrage erfolgte nicht ohne ihr Zutun, und Ajas kleidete sie in einen Lobspruch auf Soliman, der seinen Dienern ein großmütiger Herr sei, wohingegen die Diener auch gehalten sein müßten, sich seiner Gnade durch eindeutiges Verfahren würdig zu erweisen.
Ibrahim antwortete kurz, daß er die Flotte jeden Tag in der Propontis erwarte.
Soliman schwieg.
36
Erst am Abend waren Roxelane und Soliman allein. Den ganzen Rest von Solimans Arbeitstag hatten eine Besichtigung des Pagenkorps, eine Konferenz mit dem Mufti und der Empfang weiblicher Verwandter ausgefüllt.
Auch die Kinder waren nicht abzuweisen gewesen. Mirmah wäre vor Eifersucht geborsten, wenn sie den Vater, den sie so lange entbehrt hatte, nicht auch an diesem Tag wenigstens eine kurze Zeit für sich gehabt hätte, und Soliman war ihr gegenüber zu schwach, um ihr etwas zu versagen, was ihm selbst so viel Freude bereitete.
Zuletzt hatten noch die Aga der Chaßoda, der Innersten Kammer, bei Soliman - und die Hofdamen und zuständigen Aga des Harems bei Roxelane ihren Dienst versehen müssen.
Erst nachdem dann alle entlassen worden waren, begegneten sich die Eheleute wieder in demselben Gemach, aus dem Roxelane einst vor den Stummen geflüchtet war.
Beide trugen eine Galabieh, ein leichtes Hausgewand, und Soliman einen einfachen schmalen Bund um den Kopf.
Er war nachdenklich.
Nicht alles, was heute
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