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Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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machte ich mir viel mehr Sorgen um mich selber.
    »Wie lange ist man denn in der Gegenwart verschwunden, während man sich in der Vergangenheit aufhält?«, fragte ich atemlos. »Und kann man beim zweiten Mal vielleicht doch bis zu den Dinosauriern zurückspringen, als hier noch alles Sumpf war?«
    Meine Großtante schnitt mir mit einer Handbewegung das Wort ab. »Genug jetzt, Gwendolyn. Ich weiß das alles doch auch nicht!«
    Ich rappelte mich auf. »Trotzdem danke für deine Antworten«, sagte ich. »Du hast mir sehr geholfen.«
    »Das glaube ich wohl weniger. Ich habe ein fürchterlich schlechtes Gewissen. Eigentlich sollte ich dich nicht auch noch in deinem Interesse unterstützen, zumal ich das alles ja selbst nicht wissen dürfte. Wenn ich meinen Bruder - deinen lieben Großvater - früher über all diese Geheimnisse ausgefragt habe, hat er mir immer die gleiche Antwort gegeben. Er hat gesagt, je weniger man darüber weißt, desto besser für die Gesundheit. Gehst du denn jetzt endlich meine Bonbons holen? Und bitte vergiss nicht:
mit
Zucker!«
    Großtante Maddy winkte mir hinterher.
    Wie konnten Geheimnisse schlecht für die Gesundheit sein? Und wie viel hatte mein Großvater über all das gewusst?
     
    »Isaac Newton?«, wiederholte Leslie verblüfft. »War das nicht der mit der Schwerkraft?«
    »Ja, klar. Aber offenbar hat er auch Charlottes Geburtsdatum ausgerechnet.« Ich stand in der Lebensmittelabteilung bei Selfridges vor den Joghurts und hielt mir mit der rechten Hand das Handy ans eine Ohr, während ich mir das andere mit der linken Hand zuhielt. »Nur dummerweise glaubt keiner, dass er sich verrechnet hat. Klar - wer würde das auch glauben, bei Newton! Aber er
muss
sich vertan haben, Leslie. Ich bin einen Tag nach Charlotte geboren und
ich
bin in der Zeit gesprungen, nicht sie.«
    »Das ist wirklich mehr als mysteriös. Ach, das Scheißding braucht wieder mal Stunden, um hochzufahren. Mach schon, du Mistvieh!« Leslie beschimpfte ihren Computer.
    »Oh, Leslie, das war so - seltsam! Beinahe hätte ich mit einem meiner Vorfahren gesprochen! Weißt du, vielleicht mit diesem dicken Kerl von dem Gemälde vor der Geheimtür, Ururururur-großonkel Hugh. Das heißt, falls es seine Zeit war und nicht eine andere. Sie hätten mich allerdings auch in ein Irrenhaus einweisen lassen können.«
    »Dir hätte weiß der Himmel was passieren können«, sagte Leslie. »Ich fasse es immer noch nicht! Da machen die all die Jahre so ein Theater wegen Charlotte und dann passiert so was! Du musst das sofort deiner Mum erzählen. Du musst überhaupt sofort nach Hause! Es kann doch jeden Augenblick wieder passieren!«
    »Gruselig, oder?«
    »Absolut. Okay, jetzt bin ich online. Ich google mal als Erstes Newton. Und du gehst nach Hause, los! Hast du eine Ahnung, wie lange es Selfridges schon gibt? Möglicherweise war da ja früher mal eine Grube und du fällst gleich zwölf Meter tief!«
    »Großmutter wird total ausrasten, wenn sie das erfährt«, sagte ich.
    »Ja, und die arme Charlotte erst . . . denk mal, all die Jahre musste sie auf alles verzichten und jetzt hat sie nicht mal was davon. Also, ich hab's. Newton. Geboren 1643 in Woolsthorpe - wo ist denn das? -, gestorben 1727 in London. Blablabla. Hier steht nichts von Zeitreisen, nur was von Infinitesimalrechnung, nie gehört, du? Transzendenz aller Spiralen . . . Quadratix, Optik, Himmelsmechanik, blabla, ah, da ist auch das Gravitationsgesetz ... na ja, das mit der Transzendenz der Spiralen klingt irgendwie am ehesten nach Zeitreisen, findest du nicht?«
    »Ehrlich gesagt - nö«, sagte ich.
    Neben mir diskutierte ein Pärchen lautstark über die Joghurtsorte, die es kaufen wollte.
    »Bist du etwa immer noch bei Selfridges?«, rief Leslie. »Mach, dass du nach Hause kommst!«
    »Bin schon unterwegs«, sagte ich und schwenkte die gelbe Papiertüte mit Großtante Maddys Bonbons darin Richtung Ausgang. »Aber Leslie, ich
kann
das zu Hause nicht erzählen. Die halten mich doch für irre.«
    Leslie prustete ins Telefon. »Gwen! Jede andere Familie würde dich vielleicht in die Klapse einweisen lassen, aber nicht deine! Die reden doch von nichts anderem als von Zeitreisegenen und Chronometern und Mysterienunterricht.«
    »Chronograf«, verbesserte ich. »Das Ding funktioniert mit Blut! Ist das ekelig oder ist das ekelig?«
    »Chro - no - graf! Okay, ich hab's gegoogelt.«
    Ich schob mich durch das Menschengewühl in der Oxford Street bis zur nächsten Ampel. »Tante Glenda

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