Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
ohnehin, du seiest über jeden Zweifel erhaben, was einen möglichen Verrat angeht.«
    Das war nett von Mr George, auch wenn ich nicht genau wusste, was es bedeuten sollte. Wer sollte Interesse am Aufenthaltsort des Chronografen haben und warum?
    Ich stieß mit meiner Schulter gegen etwas Hartes. »Au!«
    »Nehmen Sie ihre Hand, Gideon, Sie Stoffel«, sagte Mr George ein bisschen ungehalten. »Sie ist doch kein Einkaufswagen!«
    Ich fühlte, wie sich eine warme, trockene Hand um meine schloss, und zuckte zusammen.
    »Schon gut«, sagte Gideon. »Ich bin's doch nur. Jetzt geht es ein paar Stufen hinunter. Achtung.«
    Eine Weile liefen wir stumm nebeneinanderher, mal geradeaus, dann wieder eine Treppe hinab oder um eine Ecke, und ich konzentrierte mich im Wesentlichen darauf, meine Hand daran zu hindern zu zittern. Oder zu schwitzen. Gideon sollte nicht denken, dass mich seine Nähe in Verlegenheit brachte. Ob er merkte, wie schnell mein Puls ging?
    Dann trat mein rechter Fuß plötzlich ins Nichts und ich stolperte und wäre ganz sicher hingefallen, wenn Gideon mich nicht mit beiden Händen aufgefangen und auf festen Boden zurückgezogen hätte. Beide Hände lagen um meine Taille.
    »Achtung, Stufe«, sagte er.
    »Ah, danke, das habe ich auch gemerkt«, sagte ich empört. »Als ich mir den Fuß umgeknickt habe!«
    »Herrgott, Gideon. Passen Sie doch auf«, schimpfte Mr George. »Hier! Nehmen Sie den Hut. Ich helfe Gwendolyn.«
    An Mr Georges Hand fiel es mir leichter zu laufen. Vielleicht weil ich mich mehr auf meine Schritte konzentrieren konnte als darauf, dass meine Hand nicht zittern sollte. Unser Spaziergang dauerte eine halbe Ewigkeit. Wieder hatte ich das Gefühl, wir würden tief ins Erdinnere wandern. Als wir endlich haltmachten, hatte ich den Verdacht, man sei extra ein paar Umwege mit mir gegangen, um mich in die Irre zu führen.
    Eine Tür wurde geöffnet und wieder verschlossen und schließlich nahm Mr George mir die Augenbinde ab.
    »Da wären wir.«
    »Schön wie der junge Maimorgen«, sagte Dr. White. Aber er sagte es zu Gideon.
    »Vielen Dank!« Gideon machte eine kleine Verbeugung. »Das ist der letzte Schrei aus Paris. Eigentlich hätte ich noch gelbe Hosen und Handschuhe dazu getragen, aber das habe ich einfach nicht über mich gebracht.«
    »Madame Rossini ist stinksauer«, sagte Mr George.
    »Gideon!«, sagte Mr de Villiers vorwurfsvoll, der hinter Mr White aufgetaucht war.
    »Gelbe Hosen,
Onkel Falk!«
    »Es ist ja nicht so, dass du dort auf alte Schulfreunde treffen würdest, die dich auslachen könnten«, sagte Mr de Villiers.
    »Nein«, sagte Gideon und warf meinen Hut auf einen Tisch. »Vielmehr auf Typen, die bestickte rosa Gehröcke tragen und das auch noch todschick finden.« Er schüttelte sich.
    Ich hatte mich erst an das helle Licht gewöhnen müssen, nun sah ich mich neugierig um. Der Raum war fensterlos, wie zu erwarten war, und es gab auch keinen Kamin. Nach einer Zeitmaschine suchte ich vergebens. Ich sah nur einen Tisch und ein paar Stühle, eine Truhe, einen Schrank und an der Wand einen lateinischen Spruch, eingraviert in den Stein.
    Mr de Villiers lächelte mich freundlich an. »Blau steht dir ganz hervorragend, Gwendolyn. Sehr apart, was Madame Rossini mit deinen Haaren angestellt hat.«
    »Ähm - danke.«
    »Wir sollten uns beeilen, ich komme um vor Hitze in diesen Klamotten.« Gideon schlug seinen Mantel zur Seite, sodass man den Degen sehen konnte, der an seinem Gürtel hing.
    »Stell dich hierhin.« Doktor White trat zum Tisch und wickelte einen Gegenstand aus einem roten Samttuch, der auf den ersten Blick aussah wie eine große Kaminuhr. »Ich habe alle Einstellungen vorgenommen. Ihr habt ein Zeitfenster von drei Stunden zur Verfügung.«
    Auf den zweiten Blick erkannte ich, dass es keine Uhr war, sondern ein merkwürdiger Apparat aus poliertem Holz und Metall mit zahllosen Knöpfen, Klappen und Rädchen. Alle Flächen waren mit Miniaturen von Sonne, Mond und Sternen bemalt und mit geheimnisvollen Zeichen und Mustern beschrieben. Er war geschwungen wie ein Geigenkasten und mit funkelnden Edelsteinen besetzt, so fette Klunker, dass sie unmöglich echt sein konnten.
    »Das
ist der Chronograf? So klein?«
    »Er wiegt viereinhalb Kilo«, sagte Dr. White und er klang so stolz wie ein Vater, wenn er über das Gewicht seines Neugeborenen redet. »Und - bevor du fragst - ja, die Steine sind alle echt. Allein dieser Rubin hier hat sechs Karat.«
    »Gideon wird zuerst gehen«,

Weitere Kostenlose Bücher