Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
White.
    »Warum kannst du mich hören und er nicht?«, fragte Robert bekümmert.
    »Das weiß ich leider auch nicht«, sagte ich und das Mitleid überwältigte mich geradezu. »Möchtest du ihm denn etwas sagen?«
    Robert schwieg.
    Dr. White sagte: »Glenda Montrose hatte recht. Du führst wirklich Selbstgespräche.«
    Ich tastete mit der Hand an der Wand entlang. »Ah, diese Nische kenne ich. Jetzt kommt wieder eine Stufe, da ist sie ja, und nach vierundzwanzig Schritten geht es nach rechts.«
    »Du hast die Schritte gezählt!«
    »Nur aus Langeweile. Warum sind Sie eigentlich so misstrauisch, Dr. White?«
    »Oh, das bin ich gar nicht. Ich traue dir durchaus.
Jetzt noch.
Denn im Moment bist du einigermaßen gutartig, höchstens aufgehetzt durch die verqueren Ideen deiner Mutter. Aber niemand weiß, was mal aus dir werden wird. Und deshalb würde ich es nur ungern sehen, dass du den Aufenthaltsort des Chronografen kennst.«
    »So groß kann dieser Keller auch wieder nicht sein«, sagte ich. »Du hast ja keine Ahnung«, sagte Dr. White. »Wir haben schon Menschen darin verloren.« »Wirklich?«
    »Ja.« In seiner Stimme schwang eine Spur von Gelächter mit, daran hörte ich, dass er nur scherzte. »Andere sind tagelang durch die Gänge geirrt, bis sie endlich wieder an einen Aufgang kamen.«
    »Ich würde ihm gern sagen, dass es mir leid tut«, sagte Robert. Offenbar hatte er lange darüber nachdenken müssen. »Oh.« Der arme kleine Kerl. Ich wäre am liebsten stehen geblieben und hätte ihn in die Arme genommen. »Aber du kannst doch nichts dafür.«
    »Weißt du das sicher?« Dr. White bezog sich wohl immer noch auf die Menschen, die im Keller verloren gegangen waren.
    Robert schniefte. »An dem Morgen haben wir uns gestritten. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn hasse und dass ich mir wünschte, ich hätte einen anderen Vater.«
    »Aber das hat er sicher nicht ernst genommen. Ganz sicher nicht.«
    »Doch, das hat er. Und jetzt denkt er, ich hätte ihn nicht lieb, und ich kann es ihm nicht mehr sagen.« Das hohe Stimmchen, das jetzt deutlich hörbar zitterte, zerriss mir fast das Herz.
    »Bist du deswegen immer noch hier?«
    »Ich will ihn nicht allein lassen. Er kann mich zwar nicht sehen und hören, aber vielleicht spürt er ja, dass ich da bin.«
    »Oh -
Schätzchen.«
Jetzt hielt ich es nicht mehr aus und blieb stehen. »Ganz sicher weiß er, dass du ihn liebst. Jeder Vater weiß, dass Kinder manchmal Dinge sagen, die sie nicht so meinen.«
    »Allerdings«, sagte Dr. White. Seine Stimme klang plötzlich belegt. »Wenn man Kindern zwei Tage Fernsehverbot erteilt, nur weil sie ihr Fahrrad im Regen haben stehen lassen, muss man sich ja auch nicht wundern, wenn sie einen anschreien und Dinge sagen, die sie gar nicht meinen.«
    Er schob mich weiter.
    »Ich bin froh, dass Sie das sagen, Dr. White.« »Ich auch!«, sagte Robert.
    Den Rest des Weges waren er und ich allerbester Stimmung. Eine schwere Tür wurde aufgeschoben und fiel hinter uns ins Schloss.
    Das Erste, was ich sah, als ich die Augenbinde abnahm, war Gideon mit einem Zylinder auf dem Kopf. Ich brach sofort in lautes Gelächter aus. Ha! Diesmal war er der Blöde mit dem Hut!
    »Sie ist heute ausnehmend gut gelaunt«, sagte Dr. White. »Dank ausgiebiger Selbstgespräche.« Aber seine Stimme klang nicht ganz so ätzend wie sonst immer.
    Mr de Villiers stimmte in mein Gelächter mit ein. »Ich find's auch komisch«, lachte er. »Sieht aus wie ein Zirkusdirektor.«
    »Schön, dass ihr euch amüsiert«, sagte Gideon.
    Bis auf den Zylinder sah er gut aus. Lange dunkle Hosen, dunkler Gehrock, weißes Hemd - ein bisschen so, als wolle er auf eine Hochzeit gehen. Er musterte mich von Kopf bis Fuß und ich hielt die Luft an, während ich gespannt auf die Revanche wartete. Mir wären an seiner Stelle auf Anhieb mindestens zehn beleidigende Bemerkungen über meinen Aufzug eingefallen.
    Aber er sagte nichts, er grinste nur.
    Mr George war mit dem Chronografen beschäftigt. »Hat Gwendolyn alle Anweisungen erhalten?«
    »Ich denke schon«, sagte Mr de Villiers. Er hatte eine halbe Stunde lang mit mir über die »Operation Jade« gesprochen, während Madame Rossini das Kostüm vorbereitet hatte.
Operation Jade!
Ich war mir ein bisschen vorgekommen wie Geheimdienstagentin Emma Peel. Leslie und ich liebten den Film mit Uma Thurman.
Mit Schirm, Charme und Melone.
    Gideons hartnäckige Theorie darüber, dass wir in eine Falle gelockt werden könnten, konnte ich immer noch

Weitere Kostenlose Bücher