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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callahan Rogers
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uns vor Lachen fast in die Hose, bis es uns schließlich gelang, uns aufzurappeln und ihn nach Hause zu schleppen.
    Aber das war letztes Jahr. Dieses Jahr meinte Daddy, wir sollten lieber zu Hause bleiben.
    »Ich dachte, es wäre vielleicht eine gute Idee, dieses Jahr mal etwas Ruhigeres zu machen. Aber wir kriegen Besuch. Stella kommt vorbei und will uns was Leckeres kochen.«
    Er hätte genauso gut sagen können: »Der Teufel kommt vorbei und will uns mit einem glühenden Schürhaken Löcher in den Hintern bohren.«
    Als er meine Miene sah, sagte er: »Komm, Florine, mach nicht so ein Gesicht. Wir essen zusammen, und dann kannst du zu Dottie rübergehen.«
    »Ich dachte, du willst sie nicht sehen. Du hast versucht, dich vor ihr zu verstecken.«
    »Ja, das war nicht sehr nett von mir.«
    »Was würde Carlie dazu sagen?«
    »Das hat mit deiner Mutter nichts zu tun. Wir essen zusammen mit Stella, weiter nichts. Ich freu mich drauf, mal wieder mit einer Freundin zu reden, Florine. So wie du mit Dottie.«
    »Das ist doch Quatsch, Daddy.«
    »Wie redest du eigentlich mit mir, verdammt noch mal? Reiß dich gefälligst zusammen.«
    »Ich mag sie nicht. Sie war gemein zu Carlie.«
    »Naja, das tut ihr jetzt leid«, sagte Daddy. »Sie ist nett, und sie leistet mir Gesellschaft.«
    »Das tut ein Hund auch, und der sieht besser aus«, gab ich zurück. Er starrte mich fassungslos an, dann verpasste er mir eine Ohrfeige.
    Er hatte mich noch nie geschlagen. Wir sahen uns an, als stünde zwischen uns plötzlich ein hoher Stacheldrahtzaun. Wütend stürmte ich davon und verschwand türenknallend in meinem Zimmer. Ich schleuderte meine Bücher eins nach dem anderen an die Wand, fegte alles, was auf meinem Schreibtisch lag, zu Boden und riss die Decke vom Bett. Dann warf ich mich bäuchlings auf die Matratze und schrie in mein Kissen, bis ich heiser war.
    Ich hörte Daddy erst, als er neben mir stand und sagte: »Hör auf, dich wie ein kleines Kind zu benehmen. Und räum deine Sachen auf.«
    »Ich will meine Mutter«, sagte ich in mein Kissen.
    »Ich will sie auch«, erwiderte Daddy mit sanfterer Stimme, »aber sie ist nicht hier. Jetzt räum dein Zimmer auf. Nachher kommt Stella, und wir müssen vorher Ordnung machen.«
    Diese Schlacht war verloren, das wusste ich. Ich räumte alles wieder an seinen Platz und fegte überall, während Daddy Schnee schippte und Sand streute, damit unser blöder Ehrengast nicht ausrutschte.
    Sie hatte sich für fünf Uhr angekündigt, und genau als der große Zeiger auf die Zwölf sprang, stand sie vor der Tür, wie am ersten Tag bei einem neuen Job.
    Daddy holte tief Luft. »Jesses, was mache ich da bloß?«, murmelte er.
    »Das würde mich auch mal interessieren«, sagte ich.
    Er machte die Tür auf, und Stella kam herein, in den Händen zwei braune Topflappen und dazwischen einen orangefarbenen Schmortopf. Die beiden tanzten umeinander herum, während Stella einen Platz für den Topf suchte und sich daranmachte, ihren Mantel auszuziehen. Daddy wollte ihr dabei helfen, also zog sie ihn wieder an, damit er die Chance dazu bekam, und sie mussten lachen. Schließlich hängte Daddy ihren Mantel an die Garderobe neben der Tür.
    Stella trug ein rotes Kleid mit einem breiten Gürtel um ihre winzige Taille. Sie hatte jeden Zentimeter ihres dünnen Nichts in ein kurviges Etwas gezwängt. Und das hatte sie bestimmt nicht für mich getan.
    »Wie geht es dir, Florine?«, fragte sie.
    »Danke, gut.«
    »Freut mich, dass du kommen konntest«, sagte Daddy.
    »Schönes Wetter heute, nicht?«, sagte ich. Daddy warf mir einen Blick zu.
    Stella sagte: »Nun ja, es könnte schlimmer sein, wie mein armer Vater immer gesagt hat.«
    »Florine, deck doch schon mal den Tisch«, sagte Daddy.
    Während ich Teller, Gläser und Besteck verteilte, stellte Stella ihren Schmortopf auf einen schwarzen Untersetzer, den sie ebenfalls mitgebracht hatte. Darauf stand: »Wo immer ich meinen Gästen servier’, stets heißt es: Nirgends schmeckt es so wie bei dir!« Wir setzten uns, und Stella sprach ein kurzes Dankgebet, dann füllte sie uns irgendwas mit Schinken, Sahnesoße und Kartoffeln auf. Ich wünschte, ich könnte sagen, es schmeckte grässlich, aber es war eines der leckersten Gerichte, die ich je gegessen hatte. Überall in meinem Mund explodierten kleine, würzige Geschmacksüberraschungen. Ich hätte zu gerne noch einen Nachschlag gehabt, aber eher hätte ich mich schlagen lassen, als darum zu bitten. Daddy hingegen sagte

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