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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callahan Rogers
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immer wieder: »Mmh, ist das lecker«, und: »Kann ich noch was davon haben?« Ich sah das zufriedene Glitzern in Stellas Augen, während sie ihm beim Essen zusah. Sie hatte ihn am Haken, zumindest für diese Mahlzeit. Ich kippte meine Milch in ein paar Riesenschlucken runter, damit ich mich verziehen konnte und nicht länger dabei zusehen musste, wie Stella Daddy mit ihren Kochkünsten um den Finger zu wickeln versuchte.
    »Gut, dass du deine Milch trinkst«, sagte Stella zu mir. »Du wächst noch, und da brauchst du viel Kalzium. Damit du starke Knochen und Zähne kriegst.«
    »Danke für den Hinweis«, sagte ich. »Kann ich aufstehen, Daddy?«
    Er hob kurz den Kopf, nickte und wandte sich dann wieder dem Essen zu.
    Ich ging in mein Zimmer, rollte meinen Schlafanzug zusammen und holte meine Zahnbürste aus dem Bad. Währenddessen redete Stella die ganze Zeit, bis die Luft voller Worte war. Worte über Leute, die in den Laden kamen, über Leute, die sie und Daddy kannten, über Leute in der Kirche und so weiter. Daddy gab ab und zu ein Geräusch von sich, aber offensichtlich bestand sein Part darin, alles runterzuschlingen bis auf Carlies gute Tischdecke. Die hatten Carlie und ich mal bei einem Garagenflohmarkt entdeckt und mit nach Hause gebracht. Sie war aus feiner weißer Baumwolle, die mit noch weißeren Blumen bestickt war. Der einzige Fehler, den sie hatte, war ein kleiner Riss in einer Ecke. Aber Stella merkte gar nicht, wie schön die Tischdecke war. Sie hatte die Ellbogen aufgestützt und fixierte Daddy wie eine Katze einen Vogel.
    »Ich geh zu Dottie«, sagte ich, schon auf dem Weg nach draußen.
    »In Ordnung«, sagte Daddy.
    »Frohes neues Jahr«, rief Stella mir nach.
    »Frohes neues Jahr, du Schnepfe«, murmelte ich und schloss die Tür ein bisschen lauter als nötig.
     
    »Sie ist hinter ihm her«, sagte ich zu Dottie. »Sie lacht über alles, was er sagt. So ein dämliches Lachen, wie ein Esel, der sich verschluckt hat. Und dann betet sie auch noch vor dem Essen.«
    »Das ist ja schrecklich«, sagte Bud. »Dem lieben Gott für das Essen zu danken. Dafür sollte man die Schlampe teeren und federn.«
    Ich versetzte ihm einen Klaps auf den Arm.
    Dottie, Bud und ich saßen bei den Butts in der Küche und spielten Gin Rummy. Wer als Erster 2000 Punkte erreichte, hatte gewonnen. Bud war bei 1700 Punkten und fühlte sich schon als Sieger. Aber ich würde ihm zeigen, wo der Hase langlief. Carlie hatte mir Gin Rummy beigebracht. An Regentagen hatten wir stundenlang zusammen gespielt. Sie hatte immer gewonnen. »Du musst bereit sein, dich von den großen Karten zu trennen«, hatte sie zu mir gesagt. »Sie haben zwar einen höheren Punktwert, aber wenn jemand anders ausspielt, und du hast sie noch in der Hand, kostet das richtig Punkte. Du musst die Karten sammeln, die gut zusammenpassen.«
    Und genau das hatte ich vor.
    »Gin«, sagte ich zu Dottie und Bud. Es war ein dicker Gewinn - beide hatten noch Buben, Damen und Könige auf der Hand, und sie verloren eine Menge Punkte. Dottie hatte ohnehin nicht sehr gut dagestanden, und jetzt lag sie hoffnungslos zurück. Bud und ich hatten ungefähr Gleichstand.
    »Wo hast du die denn hergeholt?«, fragte Bud.
    »Aus ihrem Hintern«, brummte Dottie.
    »Ist ja auch egal«, sagte Bud. »Jedenfalls hat sie uns ganz schön abgezockt.«
    Ich gewann auch die nächsten vier Partien. Ich hätte die ganze Nacht weiterspielen können, aber sobald ich die 2000 erreicht hatte, sagte Dottie: »Mir reicht’s. Lass uns gehen, Florine.«
    »Nacht«, sagte ich zu Bud und folgte Dottie in die Räuberhöhle, die sie ihr Zimmer nannte. Auf einem Regal an der einen Wand saß eine Reihe Puppen, die ihre Mutter ihr in der vergeblichen Hoffnung gekauft hatte, dass sie doch noch irgendwann Geschmack daran finden würde. Die einsamen Puppen waren das einzig Ordentliche in Dotties Zimmer, weil Madeline sie von Zeit zu Zeit abstaubte. Der Rest war ein wüstes Durcheinander aus Kleidern und sonstigem Zeug, und ich hoffte nur, dass es nicht irgendwie zum Leben erwachen und über mich herfallen würde. Das Bett war bereits gemacht - dafür hatte Madeline gesorgt -, und ich zog meinen Schlafanzug an und sprang noch vor Dottie hinein.
    Als Dottie und ich nebeneinander in ihrem großen Bett lagen, lauschte ich auf die Stimmen der Erwachsenen im Wohnzimmer und dachte an andere Stimmen und andere Jahre, in denen Daddys plötzliches Prusten und Carlies mädchenhaftes Kichern Teil der Mischung gewesen

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