Rubinrotes Herz, eisblaue See
dahin hab ich genau das Richtige.« Sie verschwand nach oben. Ich starrte den Ring an, strich mit dem Finger über die winzigen Krallen, die den Stein hielten.
Daddy sagte: »Carlie wollte dir zu deinem nächsten Geburtstag einen Ring schenken. Aber ich fand, du solltest ihn jetzt schon haben.«
Grand kam mit einer Goldkette wieder herunter. Sie nahm mir den Ring ab, zog die Kette hindurch und legte sie mir um den Hals. Dann sagte sie: »Lasst uns essen.«
Später trotteten Dad und ich mit unseren Geschenken durch eine dünne Schneeschicht zurück nach drüben. Die Luft prickelte wie Cider, und ihre vertraute Schärfe besänftigte mich.
Abends im Bett leuchtete ich mit der Taschenlampe auf den Smaragd und drehte ihn hin und her, um ihn funkeln zu sehen. Ich schlief ein, die Hand fest um den Ring geschlossen.
Am nächsten Morgen, während ich beim Frühstück saß, mummelte Daddy sich dick ein, um Schnee zu schippen. Er warf einen Blick aus dem Küchenfenster und wich erschrocken zurück. »Großer Gott, was will die denn hier?«
»Wer? Was ist los?«
»Bloß das nicht«, sagte er und lief zu der Tür, die nach oben führte. Die beiden Zimmer im oberen Stock waren unbeheizt, weil wir sie nie benutzten. Wir bewahrten dort nur unseren Krempel auf und den von Dotties Großmutter Hattie Butts, die vor uns hier gewohnt hatte, dann nach Florida gezogen und dort gestorben war.
»Sag ihr, ich bin nicht da«, rief er und zog die Tür hinter sich zu.
Ich schaute aus dem Fenster und sah Stella Drowns durch den Schnee auf unser Haus zustapfen. Kurz darauf klopfte sie an der Küchentür, erblickte mich durch die Scheibe und winkte mir mit ihrer roten Handschuhhand zu, als wären wir Freundinnen. Ich starrte sie nur an. »Guten Morgen, Florine«, rief sie, und die warme Luft ihres Atems schlug sich auf der Scheibe nieder und ließ ihr Gesicht verschwimmen. Sie wischte den Nebel weg und lächelte mich an, während ich widerstrebend zur Tür ging, um sie hereinzulassen.
»Hallo«, sagte sie, eine Haube aus kalter Luft um ihr schwarzes Haar. Ihre Wangen schimmerten rosig, abgesehen von der Narbe, und ihre grauen Augen hatten dieselbe Farbe wie der schneeschwere Himmel. »Habt ihr Weihnachten gut überstanden?«
Ich schnaubte. Der Ring bewegte sich an der Kette, und ich griff danach und schob ihn sirrend hin und her.
»Oh, hast du den gestern bekommen?«, fragte Stella. »Er ist wunderschön.«
»Er ist von meiner Mutter«, sagte ich.
»Ich habe euch beiden einen Marmorkuchen gebacken.«
»Wir haben schon gegessen.«
»Ist dein Vater zu Hause?«, fragte sie.
»Ja. Aber er hat dich kommen sehen und gesagt, ich soll dir sagen, er wäre nicht da.«
Stella legte den Kopf schief wie ein verwirrter Welpe. »Was meinst du damit?«
Ich wollte den Satz gerade wiederholen, da kam Daddy die Treppe runter und stellte sich zu uns an die Tür. Er schob die Hände in die Taschen und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
»Morgen, Stella«, sagte er. »Komm doch rein.«
»Oh, danke. Florine meinte, du hättest ihr gesagt, sie soll mir sagen, du wärst nicht da.«
»Na, das hast du doch auch gesagt«, sagte ich. Daddy warf mir einen Blick zu, und Stella lachte.
Sie und Daddy setzten sich an den Küchentisch, tranken Kaffee und aßen Kuchen. Sie fragte, ob ich auch welchen wollte. Er duftete köstlich, aber ich schüttelte den Kopf. Ich setzte mich vor den Fernseher und wartete darauf, dass sie ging -
Als sie endlich weg war, sagte Daddy: »So, das wäre überstanden.«
Ich fragte: »Warum ist dein Gesicht so rot?«
14
Die Silvesterparty bei den Butts war Tradition. Wir Kinder futterten Süßigkeiten, bis uns schlecht war, während die Erwachsenen tranken, rauchten, Karten spielten und im Verlauf des Abends immer lauter wurden. Im vergangenen Jahr hatten wir draußen vor dem Haus die letzten Sekunden bis zum Jahreswechsel gezählt, den Blick zu den Sternen gerichtet. Carlie hielt Daddy fest, der schon ziemlich schwankte, und ihr fruchtiger Punschatem kitzelte mir in der Nase, als ich mich an ihre Taille schmiegte. Um Mitternacht küssten Carlie und Daddy sich lange und innig, und auf dem Heimweg rutschte Daddy aus und fiel in den Schnee. Er stellte Carlie ein Bein, sodass sie neben ihm landete, und als sie aufstehen wollte, hielt er sie am Fuß fest.
»Lass das, Leeman«, sagte sie lachend und versuchte, sich ihm zu entwinden.
Als ich ihr helfen wollte, zog er mich auch noch nach unten, und Carlie und ich machten
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