Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
betrachtete das Etikett noch eingehender.
Falls es eine Spur ist, soll ich wohl zu Joe’s Supermarkt gehen – aber was bedeutet der Preis, diese fünfzehn Dollar neunundvierzig? Soll ich dort nach etwas suchen, das genau fünfzehn Dollar neunundvierzig kostet? Ich würde fast wetten, dass es dort nichts gibt, was so teuer ist. Wer fünfzehn Dollar neunundvierzig in der Tasche hat, kauft nicht bei Joe ein.
Floh schaute schwanzwedelnd und erwartungsvoll zu ihr hoch – er wusste nicht, was los war, aber er hätte jetzt gern gespielt. Doch Ruby beachtete ihn nicht – sie starrte nur angestrengt auf das kleine Preisschild. Nachdem sie es schweigend einige Minuten lang betrachtet hatte, stieg sie auf ihr Rad und fuhr im Eiltempo zur Schule.
An der Kreuzung auf halber Höhe der Birkenallee rief sie über die Schulter: »Okay, Floh, jetzt geh schön brav nach Hause!« Der Hund schaute sie enttäuscht an, doch er wusste, was er zu tun hatte, und lief nach links, während Ruby den Hügel hinauffuhr. Wenn sie schon so früh aufgestanden war, wollte sie heute ausnahmsweise mal pünktlich sein.
In der Twinford Junior High machte Ruby sich sofort auf die Suche nach Clancy. Er war natürlich schon da, überpünktlich wie er war.
»Hey, was ist mit dir passiert?«, fragte er. »Du siehst aus, als hätte dich ein Laster überfahren, der gleich auch noch den Rückwärtsgang eingelegt hat!«
»Na ja, ich hab nicht besonders gut geschlafen, angesichts der Tatsache, dass jemand mein Bett gestohlen hat«, erklärte Ruby.
»Jemand hat dein Bett gestohlen?«, wiederholte Clancy, der wie ein Fisch aussah, weil er den Mund nicht mehr zubekam.
»Ja, und das war nicht das Einzige, was diese Typen mitgenommen haben.«
»Was für Typen?«, fragte Clancy und ruderte aufgeregt mit den Armen.
»Weiß nicht. Jedenfalls haben wir kein einziges Möbelstück mehr«, sagte Ruby theatralisch.
»Bei euch wurde eingebrochen?«, sagte Clancy mit tonloser Stimme.
»Ja, kann man so sagen. Aber mir kommt es eher vor, als wären wir mitten in einem Umzug, und keiner hätte sich die Mühe gemacht, uns zu sagen, wohin .«
»Haben sie alles, alles mitgenommen?«, fragte Clancy mit großen Augen.
»Alles außer den Telefonen«, antwortete Ruby. »Ach ja, danke, dass du angerufen hast, Kumpel.«
»Ich – angerufen? Gestern nicht«, erklärte Clancy. »Ich hatte Hausarrest, und Dad ließ mich nicht mal telefonieren! Ich hab nicht angerufen.«
»Ist mir aufgefallen«, sagte Ruby. »Aber jemand anderer hat angerufen, mehrmals. Glaub mir, ich hatte einige total schräge Anrufe gestern Abend.«
»Echt?«, sagte Clancy. »Inwiefern total schräg, komisch schräg oder gespenstisch schräg?«
»Schwer zu sagen«, erklärte Ruby. »Einmal wurde gleich wieder aufgelegt, das andere Mal war eine Frau mit einer ganz tiefen Stimme dran.«
»Wie diese Frau in Eine Verabredung mit dem Schicksal ?, fragte Clancy.
»So ähnlich«, antwortete Ruby. Eine Verabredung mit dem Schicksal war eine Fernsehserie, die schon seit Jahren lief: Woche für Woche sprach eine alte Schauspielerin mit tiefer, heiserer Stimme einführende Worte zu irgendeiner schaurigen Gespenstergeschichte – die dann allerdings oft ziemlich lahm war.
»Was hat sie gesagt?«
»Hm, wie soll ich dir das erklären? Es war eine Art Code.«
»Hast du ihn geknackt?«
»Noch nicht, aber hör mal, kurz davor ist ein cool aussehender Typ bei uns aufgetaucht, der behauptet, er sei der Haushaltsmanager, den mein Dad bestellt hat, nur dass meine Mom – du kennst sie ja – ihn natürlich als Butler bezeichnet.«
»Ihr habt einen Butler?! Wow!«, sagte Clancy beeindruckt, obwohl seine Familie noch nie ohne Butler gewesen war. »Wie ist er?«
»Ein ziemlicher Hohlkopf, glaube ich«, sagte Ruby.
»Klingt nicht gut«, kommentierte Clancy. »Wer will schon einen Hohlkopf als Butler?«
»Na ja, streng genommen ist er kein Butler, sondern ein Haushaltsmanager – was immer das auch bedeuten mag.«
Clancy pfiff durch die Zähne. »Das wird Mrs Digby sicher nicht gefallen!«
»Tja, zum Glück ist sie zurzeit bei ihrer Cousine Emily, aber du hast recht – es kann nicht lange dauern, bis sie merkt, dass dieser Typ etwas daneben ist.«
»Was meinst du mit ›daneben‹?«
Ruby machte eine kurze, theatralische Pause. »Ich denke, dass mit ihm etwas nicht stimmt.«
»Was zum Beispiel?«, hakte Clancy gespannt nach.
»Er weiß zu viel. Dinge, die er eigentlich nicht wissen kann – es sei denn, er wäre
Weitere Kostenlose Bücher