Rueckkehr nach Abbeydale
daß es schmerzte. Noch war ihr das ganze Ausmaß seiner Worte nicht voll bewußt.
„Als Susie mir erzählt hat, daß sie wieder heiraten würde, wollte ich es dir sofort sagen. Ich habe ihr von dir erzählt, und ich wollte mit euch beiden essen gehen, um zu feiern. Doch ich konnte dich nirgends finden.”
Sie war mit dem Bus nach Cumbria gefahren und war dort einfach drauflosmarschiert, bis sie völlig erschöpft gewesen war. Doch nicht einmal dann wollte sie aufhören, als würde sie den Schmerz nicht spüren, wenn sie ständig in Bewegung war.
Abends nahm sie sich ein Zimmer, und morgens machte sie sich gleich wieder auf den Weg, ohne zu frühstücken. So verbrachte sie fast eine Woche – mit Wandern, Schlafen und Essen, falls sie überhaupt einen Bissen herunterbekommen konnte. Dann schrieb sie Silas einen Brief, in dem sie ihm mitteilte, daß sie ihn doch nicht heiraten wollte. Den Verlobungsring, den er ihr geschenkt hatte, schickte sie mit zurück.
Die Tatsache, daß ihre Periode weitere drei Wochen ausblieb und sie die ganze Zeit an morgendlicher Übelkeit litt, bestätigte ihre Befürchtung, sie könnte schwanger sein. Da Kate keine andere Möglichkeit gehabt hatte, war sie schließlich nach Hause gefahren, um es ihren Eltern zu erzählen.
„Hast du unsere Verlobung gelöst, weil du mich zusammen mit Susie gesehen hattest?” fragte Silas leise.
Kate merkte an seinem Tonfall, wie schockiert er war. Sie zögerte einen Moment, aber dann sagte sie ihm die Wahrheit.
„Ja.”
„Du hast gesehen, wie ich ihr einen Kuß gegeben habe, hast gehört, wie wir über die Kinder geredet haben, und hast daraus geschlossen, daß ich Frau und Kinder habe? Nach allem, was zwischen uns gewesen war, hast du das allen Ernstes geglaubt?”
„Ich war damals achtzehn”, erinnerte sie ihn und wandte sich ab, weil sie seinen vorwurfsvollen Blick nicht ertragen konnte. Nun, da er es ausgesprochen hatte, kam es ihr selbst völlig verrückt vor.
„Verdammt, warum hast du nichts gesagt?” erkundigte er sich schroff. „Warum bist du einfach verschwunden?”
Weil ich schwanger war, dachte sie. Weil ich dich geliebt habe … weil ich Angst hatte … weil ich mich betrogen fühlte … weil ich achtzehn und in vielerlei Hinsicht noch unreif war.
Wie sollte sie es ihm erklären?
„Du lügst”, fuhr er fort. „Daß du mich mit Susie zusammen gesehen hast, war bloß ein Vorwand.”
Kate schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe dich geliebt, Silas. Versteh doch … Ich bin mit strengen Moralvorstellungen aufgewachsen und konnte mir nicht einmal vorstellen, mit einem Mann zusammenzusein, der, wie ich glaubte, gebunden war. Ich war völlig durcheinander und eifersüchtig und hatte Angst. Deswegen bin ich weggelaufen.”
Und du hast dir nicht einmal die Mühe gemacht, mich zu suchen, ergänzte sie im stillen. Offenbar war er irgendwann zu dem Schluß gekommen, daß es so das beste war. Im nachhinein bezweifelte sie ja selbst, daß ihre Beziehung von Dauer gewesen wäre, denn der Altersunterschied zwischen ihnen war einfach zu groß gewesen. Sie, Kate, war praktisch noch ein Kind gewesen, und aufgrund ihres mangelnden Selbstbewußtseins hatte sie nicht geglaubt, daß Silas sie tatsächlich liebte.
Dieses mangelnde Selbstbewußtsein hatten ihr ihre Eltern vermittelt, indem sie David ihr immer vorgezogen hatten. So hatte sie sich nicht nur ihrem Bruder gegenüber minderwertig gefühlt, sondern auch Silas gegenüber. So schien sie auf eine seltsame Art fast erleichtert gewesen zu sein, als sie zu dem Schluß gekommen war, daß Silas verheiratet war.
„Ich glaube das einfach nicht. Ich weiß nicht, ob ich es überhaupt glauben will.” Er stöhnte, und trotz der Dunkelheit konnte Kate sehen, daß er den Kopf schüttelte und die Hand ausstreckte, als wollte er sie berühren.
Als sie instinktiv einen Schritt zurückwich, tat er es ebenfalls, und seine Züge wirkten wieder so hart wie zuvor.
„Jedenfalls ist das alles verdammt lange her und spielt jetzt keine Rolle mehr. Wann hast du geheiratet?” fügte er betont lässig hinzu.
Da er inzwischen weitergangen war, folgte sie ihm. Nun blieb sie stehen und wäre dabei fast gestolpert.
„Ich bin nicht verheiratet”, erwiderte sie undeutlich, woraufhin er sich umdrehte und sie stirnrunzelnd betrachtete. „Und ich war nie verheiratet.” Sie hob trotzig das Kinn und funkelte ihn herausfordernd an.
Silas schwieg einen Moment. „Und der Vater deines Kindes?” fragte
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