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Rückkehr von den Sternen

Rückkehr von den Sternen

Titel: Rückkehr von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Gewissen haben werde. Fabelhafte Gerade fuhr ich an dem Häuschen vorbei, in dem wir gewohnt hatten – seine drei hellerleuchteten Fenster gaben mir im Vorbeifahren einen Stich, wie um mir zu beweisen, daß es kein Leiden gibt, das nicht noch größer werden könnte. Und dann kam ich auf den letzten Straßenabschnitt, der parallel zum Ozean verlief. Zu meinem Schrecken vergrößerte der Glider plötzlich seine Geschwindigkeit und wollte überholen. Ich schnitt ihm brutal die Bahn ab, indem ich nach links steuerte. Er hielt sich zurück, und so manövrierten wir weiter – jedesmal, wenn er vorbei wollte, machte ich mit meinem Wagen die linke Straßenseite zu, wohl an die fünfmal.
    Plötzlich aber, obwohl ich den Weg versperrte, versuchte er mich zu überholen, mein Wagen rieb sich fast an der schwarzen und blanken Oberfläche des fensterlosen, wie menschenlosen Geschosses; in diesem Augenblick war ich völlig sicher, daß es nur Olaf sein konnte, denn kein anderer Mensch hätte so etwas gewagt. Aber Olaf konnte ich doch nicht töten. Das konnte ich wirklich nicht. Also ließ ich ihn durch, und ich dachte, daß er mir nun wiederum den Weg versperren werde. Er aber hielt sich nur fünfzehn Meter vor meinem Wagen. ›Na‹, dachte ich, ›schadet nichts‹. Und ich fuhr nun langsamer, in der schwachen Hoffnung, daß er sich vielleicht würde entfernen wollen. Er aber wollte sich nicht entfernen; er verlangsamte ebenfalls sein Tempo.
    Es war fast noch eine Meile bis zu dieser letzten Kurve bei den Felsen, als der Glider noch langsamer wurde: er fuhr jetzt in der Mitte, so daß ich ihn nicht überholen konnte. Ich dachte: ›Vielleicht gelingt es mir jetzt schon, jetzt!‹ Aber da gab es keine Felsen, nur den Strand, und der Wagen wäre nach hundert Metern im Sand steckengeblieben, ohne den Ozean auch nur zu erreichen – so etwas Blödes kam ja nicht in Frage. Ich hatte keine Wahl und mußte weiterfahren.
    Der Glider verlangsamte seine Fahrt noch mehr, und ich merkte, daß er gleich stehenbleiben würde; seine schwarze Karosserie leuchtete im Schlußlicht auf, wie mit Blut begossen – nein, das waren die Bremslichter. Ich versuchte mit einer plötzlichen Wendung ihn zu überholen, aber er versperrte mir den Weg. Er war schneller und wendiger als ich – schließlich von einer Maschine geleitet. Die Maschine hat ja immer einen schnelleren Reflex. Ich trat auf die Bremse, zu spät. Ein schreckliches Krachen, direkt vor der Windschutzscheibe wuchs eine schwarze Masse empor, ich wurde nach vorn geschleudert und verlor das Bewußtsein.
    Ich schlug die Augen auf wie nach einem Traum, nach einem bewußtlosen Traum – ich träumte, daß ich schwämme. Etwas Kaltes, Nasses floß über mein Gesicht, ich spürte Hände, die mich schüttelten, und hörte eine Stimme.
    Â»Olaf«, stammelte ich, »Olaf, warum? Warum …?«
    Â»Hal!!«
    Ich zuckte zusammen, stützte mich auf den Ellbogen und sah ihr Gesicht dicht über mir. Als ich mich setzte, so benommen, daß ich nichts begriff, glitt sie langsam auf die Knie, ihre Schultern zitterten krampfhaft, und ich glaubte es immer noch nicht. Mein Kopf schien riesengroß und wie aus Watte zu sein.
    Â»Eri«, sagte ich mit betäubten Lippen, die eigenartig groß, schwer und auch irgendwie sehr weit von mir entfernt waren. »Eri – bist du das … oder …?«
    Plötzlich kehrten meine Kräfte wieder, ich faßte sie an den Schultern, riß sie hoch, sprang auf, taumelte mit ihr zusammen – wir fielen beide in den noch warmen, weichen Sand. Ich küßte ihr salziges, nasses Gesicht und weinte zum ersten Mal in meinem Leben, und sie weinte auch. Wir sprachen lange kein Wort, langsam bekamen wir fast Angst – ich weiß nicht wovor –, sie sah mich mit geweiteten Augen an.
    Â»Eri«, wiederholte ich, »Eri … Eri …«
    Mehr wußte ich nicht. Ich legte mich in den Sand, ganz plötzlich wieder schwach, und sie bekam einen Schreck, versuchte mich hochzuheben, hatte aber zu wenig Kraft dazu.
    Â»Nein, Eri«, flüsterte ich, »nein, mir ist nichts passiert, es ist nur so …«
    Â»Hal! So rede doch! Rede!«
    Â»Was soll ich schon reden … Eri …«
    Meine Stimme beruhigte sie ein wenig. Sie lief fort und kam bald mit einer flachen Schüssel

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