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Rückkehr von den Sternen

Rückkehr von den Sternen

Titel: Rückkehr von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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heraus, versah sie mit entsprechenden Notizen und verwahrte sie. Diese Idee konnte ich ihm nicht ausreden. Unsinn, aber… das muß ich dir erzählen. Ja, ich sollte es sogar tun, damit du nicht denkst, daß dort alles so schrecklich war und außer Todesfällen nichts anderes passierte. Also – stell dir ein Zusammensein der Welten vor. Zuerst rosa, eine Unendlichkeit aus einem ganz, ganz leichten und feinen Rosa, in ihr – und sie durchdringend – dann eine zweite, schon dunklere, und weiter dann ein Rot, fast schon bläulich, dieses aber ganz weit, und rundum die Phosphoreszenz, schwerelos, nicht wie eine Wolke und nicht wie ein Nebel – anders. Ich finde dafür keine Worte. Wir stiegen beide aus der Rakete aus und schauten. Eri, ich verstehe das nicht. Weißt du, ich spüre sogar jetzt noch ein Würgen in der Kehle, so schön ist das gewesen. Denk bloß: Dort gibt es kein Leben. Es gibt da weder Pflanzen noch Tiere, noch Vögel, nichts, keinerlei Augen, die das sehen könnten. Ich bin ganz sicher, daß es seit der Erschaffung der Welt niemand je gesehen hat und wir, mit Arder, die ersten waren. Und wäre unser Gravimeter nicht kaputtgegangen, weshalb wir dort landen mußten – um ihn herzurichten, denn der Quarz war zerschlagen und das Quecksilber herausgeflossen –, dann wäre bis ans Ende der Welt kein Mensch dort angelangt, keiner hätte es je erblickt. Ist das nicht unheimlich? Man hat direkt Lust – ach, ich weiß nicht… Wir konnten da ganz einfach nicht mehr weg. Wir haben vergessen, weshalb wir gelandet sind, und standen nur so, standen und schauten.«
    Â»Was war denn das, Hal?«
    Â»Ich weiß nicht. Als wir wiederkamen und davon erzählten, wollte Biel unbedingt hinfliegen, aber es ging nicht. Wir hatten nicht allzuviel Reservekraft. Wir hatten eine Menge Fotos gemacht, aber aus ihnen ist nichts geworden. Auf den Bildern sah das Ganze wie rosa Milch mit lila Palisaden aus, und Biel faselte über die Phosphoreszenz silihydrogener Ausdünstungen; mir scheint, er glaubte selbst nicht daran, aber vor lauter Verzweiflung, daß er es nicht würde untersuchen können, versuchte er es irgendwie zu erklären. Das war wie … ja, wie nichts eben. Etwas Derartiges kennen wir nicht. Es war auch keinen bekannten Dingen ähnlich. Hatte eine riesige Tiefe, aber eine Landschaft war es nicht. Ich habe dir doch schon von diesen Schattierungen erzählt, die immer ferner und dunkler wurden, bis die Augen flimmerten. Eine Bewegung … nein, eigentlich nicht. Es floß und stand zugleich. Veränderte sich, als atmete es, blieb aber stets gleich. Wer weiß, das Wichtigste daran war vielleicht doch diese Riesengröße. Als ob hinter der grausamen schwarzen eine zweite Ewigkeit, eine zweite Unendlichkeit existierte, so gesammelt und groß, so hell, daß der Mensch, sobald er die Augen schloß, aufhörte, an sie zu glauben. Als wir uns dann ansahen … Du hättest Arder kennen müssen. Ich werde dir sein Bild zeigen. Das war ein Kerl noch größer als ich, sah so aus, als ob er durch jede Mauer durchkönnte, ohne dabei auch nur bemerkt zu werden. Er sprach immer langsam. Hast du von … diesem Loch auf Kerenea gehört?«
    Â»Ja.«
    Â»Er steckte dort fest, im Felsen, unter ihm kochte so ein glutheißer Sumpf, der jede Minute den Siphon, in dem er steckengeblieben war, ausfüllen konnte, und er sagte dabei: ›Hal – warte mal. Ich will mich hier noch umsehen. Könnte vielleicht die Flasche abnehmen – nein. Nehme sie nicht ab, die Gurte haben sich verheddert. Aber warte noch.‹ Und so weiter. Man konnte meinen, daß er per Telefon aus einem Hotelzimmer sprach. Er posierte durchaus nicht, er war eben so. Der Nüchternste von uns allen. Hat immer alles berechnet. Deshalb flog er dann später mit mir, nicht mit Olaf, der sein Freund war – aber davon hast du ja schon gehört…«
    Â»Ja.«
    Â»Also … Arder. Als ich ihn ansah, dort – da hatte er Tränen in den Augen. Tom Arder. Übrigens schämte er sich dessen überhaupt nicht, weder damals, noch später. Als wir nachher darüber sprachen, und das taten wir noch oft, häufig kamen wir darauf zurück –, wurden die anderen böse. Weil wir dann so – so … fromm wurden. Komisch, nicht wahr? Nun zur Sache. Wir sahen uns also an, und uns kam die gleiche

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