Rückkehr von den Sternen
halbe Minute und endete auf einem Ãberhang voller schwach duftender Blumen, als wären wir nun auf der Terrasse oder dem Balkon eines dunklen Hauses angelangt. Das Mädchen ging in diese Loggia hinein. Ich, an die Dunkelheit bereits gewöhnt, rià mit den Augen eines Nachttiers die groÃen Silhouetten der nebenstehenden Häuser aus der Schwärze: sie waren fensterlos, tot. Nicht allein keine Lichter gab es; auch nicht der schwächste Ton gelangte von dort zu mir, auÃer dem scharfen Gezisch, das vom Vorbeifahren der schwarzen Maschinen durch diese StraÃe zeugte. Ich war über diese doch wohl absichtliche Verdunkelung erstaunt, auch über den Mangel an Reklameschildern nach der Neonorgie am Bahnhof.
Doch blieb mir keine Zeit für Ãberlegungen. »Komm, wo bist du!?« hörte ich ein Flüstern. Ich sah nur den weiÃen Flecken ihres Gesichts. Sie legte ihre Hand an die Tür, die sich öffnete. Aber diese Tür führte nicht in die Wohnung, der FuÃboden ging weich mit uns mit. â âºHier kann man ja keinen Schritt tunâ¹, dachte ich, âºkomisch, daà sie eigentlich noch Beine haben.â¹ Eine miÃlungene Ironie, sie entstammte meiner nie endenden Verblüffung, dem Gefühl der Irrealität von allem, was mit mir seit vielen Stunden geschah.
Wir befanden uns wie in einem groÃen Flur oder Korridor, der breit und fast dunkel war â nur die Wandecken, mit Streifen von Leuchtfarbe bestrichen, leuchteten. An der dunkelsten Stelle legte das Mädchen wieder ihre flach ausgestreckte Hand auf die kleine Metallplatte in der Tür und ging als erste hinein. Ich blinzelte: die recht stark beleuchtete Diele war fast leer. Sie ging zur nächsten Tür; als ich mich der Wand näherte, öffnete sich diese plötzlich und zeigte eine Vertiefung, die voll war von metallenen Fläschchen. Das kam so unerwartet, daà ich unwillkürlich zusammenzuckte.
»Verängstige mir ja nicht meinen Schrank«, sagte sie, schon vom anderen Zimmer aus.
Ich folgte ihr.
Die Möbel schienen aus Kunststoff gegossen: kleine Sessel, ein niedriges Sofa, kleine Tischchen â in dem halbdurchsichtigen Material bewegten sich langsam ganze Schwärme von Glühwürmchen; manchmal verliefen sie sich, flössen dann wieder zu kleinen Bächlein zusammen, und im Innern der Möbel schien dann leuchtendes, blaÃgrünes, mit rosigen Reflexen vermischtes Blut zu kreisen.
»Warum setzt du dich nicht?«
Sie selbst stand tiefer. Der Sessel öffnete sich, um mich aufzunehmen. Ich konnte das nicht leiden. Diese Glasur war keine Glasur â ich hatte den Eindruck, auf luftgefüllten Kissen zu sitzen. Und als ich hinuntersah, konnte ich durch die dicke gebogene Platte meines Sitzes undeutlich den FuÃboden sehen.
Als ich hereinkam, schien mir die Wand gegenüber der Tür aus Glas zu sein; ich meinte dort ein zweites Zimmer mit irgendwelchen Menschen zu erblicken, als ob da ein Empfang stattfände, nur waren die Menschen unnatürlich groÃ. Plötzlich begriff ich, daà ich vor mir einen vollwandigen Fernsehschirm hatte. Der Ton war abgeschaltet; jetzt, im Sitzen, sah ich ein riesiges Frauengesicht, genauso, als ob diese dunkelhäutige Riesin durchs Fenster ins Zimmer schaute; ihre Lippen bewegten sich, sie sprach, und die Juwelen â groà wie die Schilde von früheren Kriegern â, die ihre Ohrläppchen bedeckten, funkelten von Brillanten.
Ich rückte mich etwas in meinem Sessel zurecht. Das Mädchen, eine Hand an der Hüfte â ihr Bauch sah tatsächlich wie eine Skulptur aus lazurfarbigem Metall aus â, sah mich aufmerksam an. Sie machte nicht mehr den Eindruck einer Betrunkenen. Vielleicht war es mir vorher auch nur so vorgekommen.
»Wie heiÃt du?« wollte sie wissen.
»Bregg. Hal Bregg. Und du?«
»Nais. Wie alt bist du?«
Eigenartige Sittenâ¹, dachte ich. âºDoch was hilftâs â anscheinend ist es so üblich.â¹
»Vierzig. Wieso?«
»Nichts. Ich dachte, du wärest hundert.«
Ich lächelte.
»Kann ich gerne sein, wenn dir daran liegt.« â âºDas Ulkigste dabei istâ¹, dachte ich, âºdaà es wahr ist.â¹
»Was möchtest du haben?«
»Zum Trinken? Danke, nichts.«
»Wie du willst.«
Sie trat an die Wand, wo sich etwas wie eine kleine Bar öffnete. Sie verdeckte diese Ãffnung. Als sie sich dann
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