Rückkehr von den Sternen
Häusern, in die Köpfe von Riesen hineinschauten. Eine Sekunde lang überlegte ich, ob ich mich nicht auf Deck befände und das Ganze nur ein besonders deutlicher Alptraum von der Rückkehr wäre.
»Bregg«, hörte ich ihre Stimme wie aus der Ferne. Ich zuckte zusammen. Ich hatte sie ganz vergessen.
»Ja â bitte?«
»Bleib hier.«
»Was?«
Sie schwieg.
»Du willst, daà ich bleibe?«
Sie schwieg. Ich trat an sie heran, packte â mich über den Sessel beugend â ihre kühlen Schultern, hob sie hoch. Willenlos stand sie auf. Ihr Kopf fiel hintenüber, die Zähne blitzten auf, ich wollte sie nicht haben, wollte nur sagen: »Du hast ja doch Angst« â und sie sollte dann antworten, sie hätte keine. Weiter nichts. Sie hielt die Augen geschlossen, plötzlich sah ich das WeiÃe unter den Wimpern, bückte mich über ihr Gesicht, schaute die verglasten Augen nahe an, als wollte ich ihre Angst kennenlernen und teilen. Keuchend versuchte sie sich aus meinen Armen zu reiÃen; ich spürte es nicht, bis sie »Nein, nein!« zu stöhnen begann, dann löste ich den Griff. Fast wäre sie hingefallen. Sie stand an der Wand, verdeckte einen Teil eines groÃen, pausbäckigen Gesichts, das bis zur Decke reichte, und dort, hinter Glas, unaufhörlich etwas sagte, wobei sich sein Riesenmund und die fleischige Zunge auf eine übertriebene Art bewegten.
»Nais â¦Â«, sagte ich leise. Ich lieà die Hände sinken.
»Komm nicht näher!«
»Du sagtest doch selbst â¦Â«
Ihr Blick war gehetzt.
Ich ging quer durch das Zimmer. Sie verfolgte mich mit den Augen, so als ob ich ⦠als ob sie in einen Käfig eingesperrt wäre â¦
»Ich gehe ja schon«, sagte ich. Keine Antwort. Ich wollte noch etwas hinzufügen â ein paar Worte der Entschuldigung, des Dankes, um nicht bloà so wegzugehen, aber ich brachte es nicht fertig. Hätte sie vor mir nur Angst gehabt wie eine Frau vor einem Mann, einem Fremden, na, dann meinetwegen. Aber dies war etwas anderes. Ich sah sie an und fühlte, wie mich eine Wut packte. Diese weiÃen nackten Schultern fassen und schütteln â¦
Ich drehte mich um und ging hinaus: die AuÃentür gab nach, als ich sie drückte, der groÃe Korridor war fast dunkel. Ich konnte den Ausgang zur Terrasse nicht finden, traf aber Zylinder an, die von einem verdünnten bläulichen Licht beleuchtet waren: Glasscheiben der Aufzüge. Der, dem ich mich näherte, bewegte sich bereits nach oben; vielleicht genügte da schon der FuÃdruck auf die Schwelle. Hinunter fuhr der Aufzug lange. Ich sah abwechselnd dunkle Stollen und Deckenquerschnitte â weià mit rötlicher Mitte, wie Fettschichten auf Muskeln flohen sie in die Höhe. Ich hörte bald auf zu zählen, der Aufzug fuhr hinab, immer tiefer, es war wie eine Reise bis auf den Grund. Als wäre ich ins Innere einer sterilen Leitung hineingeraten, und der in Schlaf und Sicherheit getauchte Riesenbau müÃte sich meiner nun wieder entledigen. Ein Teil des durchsichtigen Zylinders öffnete sich, ich stieg aus.
Die Hände in den Taschen, Dunkelheit, lange, harte Schritte. Gierig sog ich die kühle Luft ein, fühlte meine Nasenflügel flattern, mein Herz langsam arbeiten, Blut pumpend. In den flachen Spuren der Fahrbahn zogen Lichter vorbei, wurden von lautlosen Maschinen verdeckt, es gab keinen einzigen Passanten. Zwischen den schwarzen Silhouetten stand ein Feuerschein, ich dachte: vielleicht das Hotel. Es war aber nur ein beleuchteter Gehsteig. Ich fuhr darauf weiter. Ãber mir zogen weiÃliche Tragebalken irgendwelcher Konstruktionen vorbei, irgendwo in der Ferne, über den schwarzen Umrissen der Gebäude, flackerten rhythmisch die Leuchtbuchstaben einer Zeitung. Plötzlich schwamm der Gehsteig mit mir in einen beleuchteten Raum hinein und endete dort.
Breite Stufen zogen nach unten, silbern wie ein stummer Wasserfall. Die Leere machte mich stutzig: seit ich Nais verlassen hatte, war ich keinem einzigen Passanten begegnet. Das Laufband war sehr lang. Unten leuchtete eine breite StraÃe, an beiden Seiten öffneten sich in den Häusern Passagen, unter einem Baum mit blauem Laub â vielleicht war es gar kein richtiger Baum â sah ich ein Paar stehen, kam ihm näher, glitt vorüber. Sie küÃten sich. Ich ging gedämpften Musikklängen
Weitere Kostenlose Bücher