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Rückkehr von den Sternen

Rückkehr von den Sternen

Titel: Rückkehr von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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riesengroß, mir gegenüber: umfangen von einem dunkelhaarigen Mann, der sie über dem Katarakt der Treppe küßte – Aen in einem weißen, flimmernden Stoffberg – über lila Blumen gebeugt, die wie ihr Gesicht riesengroß waren. Hinter ihr hergehend, sah ich sie nochmals, in einem anderen Fenster, mädchenhaft lächelnd, allein, das Licht zitterte in ihrem Kupferhaar.
    Grüne Treppen. Eine weiße Zimmerflucht. Silbertreppen. Durchgänge und dann ein unaufhörlich langsame Bewegung atmender Raum. Die Wände verschoben sich geräuschlos, sie bildeten Durchgänge für die Vorübergehenden; man konnte auf den Gedanken kommen, daß ein unspürbarer Geist die Ecken der Galerie abrundete, sie formte und alles, was ich bisher sah, nur eine Schwelle, eine Einleitung gewesen war. Durch ein weißes Zimmer, derart von den dünnsten Eisäderchen durchleuchtet, daß sogar die Schatten dort milchig zu sein schienen, kamen wir in ein kleineres – nach der makellosen Helle des anderen war seine Bronze wie ein Schrei. Hier gab es nur Licht, das aus einer unbekannten Quelle kam: es beleuchtete uns und unsere Gesichter von unten; sie bewegte die Hand, und es wurde dunkel; sie trat an eine Wand heran und zauberte daraus mit einigen Gesten eine Schwellung, die sich sogleich weiter entfaltete und etwas wie eine breite Doppelliege bildete – ich kannte genug Topologie, um zu wissen, was allein die Stützlinie hier an Forschungen gekostet haben mußte.
    Â»Wir haben einen Gast«, sagte sie, indem sie stehenblieb. Von der offenen Holzverkleidung kam ein niedriges, vollgedecktes Tischchen und lief – wie ein Hund – auf sie zu. Die großen Lichter erloschen, als sie über der Sesselnische – was für Sessel es waren, ich finde überhaupt keine Worte dafür! – mit einer Geste befahl, daß eine kleine Lampe erscheine, und die Wand gehorchte ihr auch gleich.
    Wahrscheinlich hatte sie nun genug von den knospenden, vor unseren Augen aufblühenden Möbeln, denn sie bückte sich über das Tischchen und fragte, ohne mich anzusehen: »Blar?«
    Â»Meinetwegen«, sagte ich. Ich stellte keine Fragen; daß ich ein Wilder war, konnte ich nicht ändern, zumindest aber konnte ich ein schweigsamer Wilder sein.
    Sie gab mir einen hohen Kegel mit einem Röhrchen, der wie ein Rubin schillerte, dabei aber weich war, wie flaumige Obsthaut. Sie selber nahm einen zweiten. Wir setzten uns. Unerträglich weich, man saß wie auf Wolken. Die Flüssigkeit schmeckte nach unbekannten frischen Früchten mit kleinen festen Kernen, die unerwartet und komisch auf der Zunge zersprangen.
    Â»Gut?« fragte sie.
    Â»Ja.«
    Vielleicht war es irgendein ritueller Trank. Zum Beispiel für die Auserwählten, oder auch umgekehrt, um die besonders Gefährlichen zu zähmen. Aber ich hatte mir ja vorgenommen, keine Fragen zu stellen.
    Â»Es ist besser, wenn du sitzt.«
    Â»Warum?«
    Â»Du bist schrecklich groß.«
    Â»Das weiß ich.«
    Â»Versuchst du mit Absicht so unhöflich zu sein?«
    Â»Nein. Das gelingt mir mühelos.«
    Sie fing leise zu lachen an.
    Â»Witzig bin ich auch«, sagte ich. »Eine ganze Menge von Vorteilen – nicht?«
    Â»Du bist anders«, sagte sie. »Keiner spricht so. Sag mir – wie ist es? Wie fühlst du denn?«
    Â»Ich verstehe nicht.«
    Â»Du verstellst dich wohl. Oder hast du gelogen – nein. Das ist nicht möglich. Du könntest nicht so …«
    Â»Springen?«
    Â»Daran hab ich nicht gedacht.«
    Â»Sondern?«
    Ihre Augen wurden eng. »Weißt du es nicht?«
    Â»Na, sag mal, tut man denn das nicht mehr?«
    Â»Schon, aber nicht so.«
    Â»Aha, und ich kann es also gut?«
    Â»Nein. Das nicht… sondern so, als ob du …« Sie beendete den Satz nicht.
    Â»Was?«
    Â»Du weißt es selber. Ich hab es empfunden.«
    Â»Ich war verärgert«, gab ich zu.
    Â»Verärgert«, meinte sie geringschätzig. »Ich dachte … ach, ich weiß selbst nicht, was ich dachte! Niemand würde so etwas wagen – weißt du?«
    Ganz leise und fast unmerklich lächelte ich.
    Â»Und das hat dir so gefallen?«
    Â»Ach, du verstehst ja nichts. Die Welt ist ohne Angst, aber vor dir kann man Angst haben.«
    Â»Willst du noch mehr?« fragte ich. Ihre Lippen öffneten sich, wieder sah sie mich wie ein Fabeltier

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