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Rückkehr zum Mars

Rückkehr zum Mars

Titel: Rückkehr zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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der Luftschleuse und nahm die kleine Steinskulptur von dem Bord, wo sie sechs Jahre lang gewartet hatte: ein winziger, pechschwarzer Obsidian in der Totemform eines zusammengekauerten Bären. Eine Miniaturpfeilspitze aus Türkis mit einer kleinen weißen Adlerfeder darauf war mit einem Lederband auf seinen Rücken gebunden. Jamie hielt den Navajo-Fetisch in der behandschuhten Hand.
    »Was ist das?«, fragte Stacy Deschurowa.
    Jamie hörte ihre kräftige, muntere Stimme in seinen Helmlautsprechern. Keines der acht Mitglieder der zweiten Marsexpedition hatte schon den Raumanzug ausgezogen; sie hatten nicht einmal das Helmvisier hochgeklappt. Sie standen in einem groben Halbkreis vor der Innenluke der Luftschleuse, acht gesichtslose Männer und Frauen in klobigen, hartschaligen Raumanzügen.
    »Ein Navajo-Fetisch«, antwortete Jamie. »Mächtiger Zauber.«
    Dex Trumball schlurfte unbeholfen zu Jamie. Seine dicken Stiefel stapften schwer über den Kunststofffußboden des Habitats.
    »Hast du das von der Erde mitgebracht?«, fragte Trumball beinahe anklagend.
    »Bei der ersten Expedition«, sagte Jamie. »Ich hab's hier gelassen, damit es den Ort während unserer Abwesenheit beschützt.«
    Trumballs Gesicht war hinter der getönten Sichtscheibe seines Helms verborgen, aber sein Ton ließ keinen Zweifel daran, was er davon hielt. »Richtig starke Medizin, hm?«
    Jamie unterdrückte einen Anflug von Ärger. »Ganz recht«, sagte er und zwang sich, mit ruhiger, gelassener Stimme zu sprechen. »Die Kuppel ist noch da, nicht wahr? Sechs Jahre, und sie steht noch und wartet darauf, dass wir sie wieder bewohnen.«
    Possum Craig sagte mit seinem ausdruckslosen, näselnden texanischen Akzent: »Pumpen wir erst mal 'n bisschen atembaren Sauerstoff hier rein, bevor wir uns gegenseitig auf die Schulter klopfen.«
    »Sechs Jahre«, murmelte Trumbull. »So lange liegt das Ding schon hier.«
    Sechs Jahre.
    Selbst die Entdeckung von Leben, das sich verzweifelt an die Felsen tief unten im Grand Canyon des Mars klammerte, hatte diese Rückkehr zum Roten Planeten nicht leicht oder einfach gemacht. Es hatte sechs Jahre gedauert, die Menschen, die Ausrüstung und – am allerwichtigsten – das Geld zusammenzubekommen, um diese zweite Marsexpedition zu realisieren.
    Zu seiner Überraschung und seinem Ärger hatte Jamie Waterman mit jedem Molekül Kraft und Geschick, das er besaß, um einen Platz bei der zweiten Expedition kämpfen müssen. Aber wie es schien, war der Fetisch seines Großvaters wirklich mächtig gewesen: Nun war er doch noch zum Mars zurückgekehrt.
    Nach fünf Monaten im All zwischen den beiden Welten, nach einer Woche im Orbit um den Mars, nach dem Flammenritt durch die dünne, von ihrem feurigen Abstieg bis zur Weißglut aufgeheizten Marsatmosphäre waren Jamie Waterman und die anderen sieben Mitglieder der Expedition schließlich auf den rostroten, sandigen Boden des Mars hinausgetreten.
    Fünf Männer und drei Frauen, alle in unförmige Raumanzüge gehüllt, die ihnen das Aussehen tapsiger, auf die Hinterbeine aufgerichteter Schildkröten verliehen. Sämtliche Anzüge waren weiß, mit farbkodierten Streifen an den Ärmeln, damit man den jeweiligen Träger leicht identifizieren konnte. Jamies drei Streifen waren feuerwehrrot.
    Das von der ersten Expedition zurückgelassene Habitat sah unverändert aus. Die Kuppel war noch aufgeblasen und schien die sechsjährige Wartezeit unversehrt überstanden zu haben.
    Als Erstes stapften die Forscher zur Luftschleuse der Kuppel und gingen hinein. Nachdem sie sich im leeren Innern kurz umgeschaut hatten, widmeten sie sich ihren jeweiligen Aufgaben und überprüften das Lebenserhaltungssystem. Falls die Kuppel unbrauchbar war, würden sie während der gesamten anderthalb Jahre ihres Aufenthalts auf dem Mars in dem Raumschiffmodul wohnen müssen, mit dem sie zum Roten Planeten geflogen und auf ihm gelandet waren. Keiner von ihnen wollte das. Fünf Monate in dieser Blechdose waren mehr als genug gewesen.
    Die Kuppel war intakt, ihre Lebenserhaltungsanlage funktionierte hinlänglich, und der Atomkraftgenerator lieferte noch genug Strom für das Habitat.
    Ich wusste, dass es so sein würde, sagte sich Jamie. Der Mars ist eine sanfte Welt. Er will uns keinen Schaden zufügen.
    Craig und Tomas Rodriguez, der von der NASA gestellte Astronaut, warfen den Sauerstoffgenerator an. Nach sechs Jahren Untätigkeit machte er zunächst Mucken, aber dann bekamen sie ihn schließlich in Gang, und er

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