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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Slottke
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und starrte mit seinem rechten Auge durch einen Türspion. Er beobachtete die Frauen gern. Stundenlang konnte er das tun. Es war so aufregend, dass er schon wieder feuchte Hände hatte. Vor allem war es reizvoll, weil sie nicht wussten, dass er sie sehen konnte. Zwar waren in jedem der Zimmer versteckt Kameras angebracht, die ihre Bilder in den Kontrollraum über trugen, aber leider durfte er sich dort nicht immer aufhalten. Deshalb stand er jetzt vor der Tür und presste sein Auge gegen das runde Guckloch. Vor allem die Neue hatte es ihm angetan. Ihre roten Haare standen wirr vom Kopf ab. Überhaupt hatte er noch nie solche Haare gesehen. Und sie war so klein und zierlich, dass er ihr mit einer Hand die Kehle zudrücken könnte. Er schätzte, dass sie ihm höchstens bis zur Brust reichte.
    Durch den Spion hindurch sah er leider alles verkleinert und verzerrt. Die Kleine saß am Tisch und aß. Karls Auge tränte, und er wischte es trocken. Dann drückte er sein Gesicht wieder gegen die Tür, um die Rothaarige durch das Loch hindurch zu betrachten.
    „ Na! Habe ich dich wieder erwischt!“
    Karl zuckte zusammen, als er die tiefe Stimme des Profes sors, oder Gönners, wie dieser bevorzugt genannt wurde, hörte. Er drehte sich langsam zu ihm um. Sein Gegenüber war fast genauso groß wie er und von kräftiger Gestalt. Die dunkelblonden Haare trug er kurz und aus seinen grauen Augen blickte er Karl belustigt an. Dieser senkte demütig seinen Blick, und obwohl er eigentlich ein paar Zentimeter größer war, schien es, als würde Karl ihn von unten anblicken. Wobei er sich äußerst selten traute, ihm direkt in die Augen zu sehen.
    „ Was du so interessant daran findest, diese Weiber zu beobachten ist mir ja ein Rätsel. Aber von mir aus.“ Mit diesen Worten schob er Karl zur Seite, und warf selbst einen Blick durch den Spion.
    „ Na. Viel sieht man nicht. Willst du sie hier begrüßen?“
    Karl nickte eifrig.
    „ Gut. So widerspenstig wie sie die vergangenen Tage war, wird sie sich über deine Anwesenheit bestimmt freuen.“
    Karl nickte wiederum eifrig. Die Ironie in der Stimme des anderen, der sich eben eine Chirurgenhaube und einen Mundschutz überzog, entging ihm völlig. Seine Augen began nen zu leuchten, als die Tür geöffnet wurde.
     
    *
     
    Kira stocherte appetitlos in ihrem Abendessen herum. Seit fast einer Woche war sie jetzt hier. Die ganze Zeit gefangen in diesem kleinen, etwa zehn Quadratmeter großen Zimmer. Links neben der Eingangstür befand sich eine Toilette und rechts ein Waschbecken. Beide waren durch einen durch sichtigen Duschvorhang vom Zimmer abgeteilt. Gegenüber der Zimmertür befand sich eine Terrassentür mit Glaseinsatz. Bislang war diese verschlossen gewesen. Doch wenigstens konnte sie durch diese Tür sehen, ob es draußen Tag war oder Nacht. Aktuell war es stockdunkel. An der linken Zimmerwand stand das Bett und an der rechten ein schmaler Kieferholz schrank und ein Tisch. Dort saß sie und aß. Oder vielmehr: sie zwang sich dazu zu essen. Sie durfte ja nicht nur an sich denken, sondern auch an das Leben, das in ihr wuchs. Als ihre Gedanken zu ihrem Baby wanderten, schnürte es Kira wieder den Hals zu. Sie begann zu hyperventilieren. Dann schloss sie die Augen, stellte sich vor, sie wäre im Garten ihrer Eltern und zählte langsam bis hundert. Mit jeder Zahl verlangsamte sich ihre Atmung ein wenig mehr. Schließlich hatte sie sich wieder im Griff. Den Teller wegschiebend lehnte sie sich im Stuhl zurück. In was für eine Scheiße sind wir da bloß geraten? Sie streichelte mit der rechten Hand ihren leicht gewölbten Bauch. Ihr Blick fiel auf die kleine Einstichstelle an ihrer rechten Hand, und sofort verspürte sie wieder eine unangenehme, beinahe schmerzende Enge im Hals und Tränen stiegen in ihre Augen. In diesem Moment wurde ein Schlüssel ins Schloss geschoben und herumgedreht. Kira schniefte und zwinkerte ihre Tränen weg. Sie stand auf, stellte sich mit dem Rücken vor die schmale Terrassentür und wartete mit zittrigen Knien darauf, wer eintrat. Gebannt starrte sie auf die Klinke, die sich nach unten bewegte. Die Tür wurde weit geöffnet. Reglos vor Angst blickte sie dem großen Mann, der wieder eine dunkle Bundfaltenhose und ein weißes Hemd trug, in die Augen. Dieser blieb kurz stehen, um dann Platz für den Kahlköpfigen zu machen, der mit strahlendem Blick ins Zimmer kam. Kira drückte sich gegen die kalte Glasscheibe in ihrem Rücken. Sie fühlte sich wie ein

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