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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Slottke
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Kaninchen, das vom Fuchs in die Enge getrieben wird und atmete schnell und oberflächlich. Der große Vermummte kam langsam näher.
    „ Haben Sie die letzte Vitamininfusion gut vertragen?“, fragte er mit tiefer gefühlloser Stimme. „Sie essen zu wenig. Ich möchte, dass Ihr Kind gut gedeiht.“
    Er fixierte sie mit kalten Augen, von deren äußerem Winkel ein paar kleine Fältchen ausstrahlten. Kira nickte schnell. Ihre Kehle war wie ausgedörrt.
    „ Kommen Sie mit. Ich will mir das Kind ansehen.“ Er drehte sich um und ging zur Tür. Sie stand noch immer wie angewachsen, war nicht imstande sich zu rühren.
    „ Karl, bring sie mit, wenn sie nicht gehorcht.“ Mit diesen Worten verschwand er und sie stand dem Kahlköpfigen gegenüber. Dieser machte einen Schritt auf sie zu und hob die Hände um ihre Oberarme zu umgreifen. Kiras Atem ging schneller. Kurz bevor er sie berührte, zögerte er.
    „ Ich komme mit“, krächzte sie und seine Arme senkten sich. Dann schlängelte sie sich an ihm vorbei. Karls Arme bewegten sich nochmals nach oben. Doch bevor er ihren Rücken berührte zuckte er wieder zurück, als hätte er sich verbrannt, und folgte ihr aus dem Zimmer.
    Im Flur stieß Kira beinahe mit dem Vermummtem zusam men. Sie war so schnell aus ihrem kleinen Zimmer geflüchtet, um dem Griff des Kahlköpfigen zu entgehen. Dass der andere Mann draußen wartete, hatte sie nicht vermutet. Seine Augen unter den dichten mittelblonden Brauen musterten sie kühl. Nach einer gefühlten Ewigkeit drehte er sich wortlos um und ging den Flur hinunter. Kira blieb einige Schritte hinter ihm. Sie hielt den Kopf starr geradeaus, doch ihre Augen wanderten hin und her, um möglichst alles auf ihrem Weg aufzunehmen. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit zu fliehen. Doch auf ihrem Weg durch den nur durch indirektes Licht aus Neonröhren beleuchteten Flur verließ sie der Mut. Kira schluckte die aufkommenden Tränen herunter, während sie an vier Türen vorbeikamen, die genauso aussahen, wie die zu ihrem Gefängnis. Halten die hier noch mehr Leute gefangen? Sie spitzte ihre Ohren, doch außer dem Klacken der Schuhe auf dem dunklen rotbraun gefliesten Boden hörte sie nichts. Nach etwa zehn Metern standen sie vor einem Fahrstuhl. Neben diesem befand sich eine schwarze Stahltür, durch welche der Vermummte verschwand. Kira blieb abrupt stehen, erhielt jedoch sogleich einen leichten Stoß zwischen die Schulterblätter. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls durch diese Tür zu gehen. Über eine gewendelte Beton treppe gelangten sie eine Etage tiefer in den Keller. Auch hier hingen nur verdeckte Neonröhren und verströmten ihr kaltes Licht. Am Fuß der Treppe schloss sich ein kurzer breiter Flur an, der an einer großen Doppeltür endete. Allerdings wurde Kira nicht dorthin geführt, sondern in einen Raum auf der linken Seite.
    Unvermittelt fing sie an, schneller zu atmen. Das Zimmer erinnerte sie an eine frauenärztliche Praxis. Mittig stand ein Gynäkologenstuhl. Des Weiteren erkannte sie eine Liege, ein Ultraschallgerät, ein Regal und einen Schreibtisch. Kira lief ein eiskalter Schauer über den Rücken.
    „ Ziehen Sie Ihre Hose aus und nehmen Sie Platz.“, befahl der große Vermummte und deutete auf den Untersuchungs stuhl. Kira schluckte. Ihr Blick wanderte schnell zwischen dem Kahlköpfigen und dem anderen Mann hin und her.
    „ Warte vor der Tür, Karl.“
    Sie hörte Karl brummen, bevor sich die Tür beinahe lautlos öffnete und anschließend scheppernd wieder ins Schloss fiel. Kira zuckte zusammen. Nun war sie mit dem anderen allein. Sofort fühlte sie Panik in sich aufsteigen. Was würde hier mit ihr passieren?
     
    *
     
    Katharina war endlich daheim angelangt. Es war nach zwanzig Uhr. Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen. Nachdem sie ihre Steppjacke im Garderobenschrank der geräumigen Diele aufgehängt und die Schuhe ausgezogen hatte, lief sie rasch ins Wohnzimmer. Augenblicklich schlug ihr die gemütliche Wärme des Kaminofens entgegen. Herrlich! Sie stellte sich vor den Ofen, durch dessen große Glasscheibe sie die Flammen lodern sah. Schon allein dieser Anblick verursachte einen wohligen warmen Schauer. Eine Tür wurde geöffnet und sie wandte den Kopf nach links. Ihr Herz machte einen Sprung, als sie Philipp erblickte. Seine nicht zu kurzen dunklen Haare waren zerzaust. Wahrscheinlich hatte er im Büro wieder über der Lösung eines physikalischen Problems gegrübelt. Sie liebte ihn jeden Tag mehr –

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