Rückwärtsleben: Roman (German Edition)
verwirrte sexuelle Impulse; zunehmende Verdrängung
Lampenfieberfall Lily Ripley:
romantische Ambivalenz
erfolgreiche, aber wissenschaftlich anfechtbare »Behandlung«
verlässt Lakelands, eröffnet eigene erfolgreiche Praxis
Tod der Mutter löst Enthüllungen aus; tiefer Schock
Tod des Vaters
verdrängt Trauer
Wunsch, leiblichen Vater zu finden, entsteht
Freundschaft mit Läufer Webster Bruce
Bruce begeht Selbstmord
Trauer; Schuldgefühle; Selbstvorwürfe; tiefe Depression
folgt vager Spur zu leiblichem Vater; Hoffnungen enttäuscht
Depression setzt wieder ein; wendet sich an Dr. Richard Aloisi
wohnt bei Aloisis und schreibt Buch Rückwärtsleben
gibt Aloisi erste Entwürfe zu lesen
feiert in bester Laune mit Richard und Christy Aloisi Thanksgiving
zieht sich früh zurück
nimmt massive Überdosis Tabletten
wird zu spät entdeckt
Lange Zeit – über fünf Jahre – war mir allein schon die Vorstellung zuwider, Petes Buch zur Veröffentlichung vorzubereiten. Das Zusammenstellen seiner Schriften fühlte sich nach dem an, was es war: das Durchwühlen der Habseligkeiten eines Toten. Genau wie Nicholas Hirst und Webster Bruce hinterließ Pete keinen Abschiedsbrief, keine Liste mit Wünschen oder Entschuldigungen – es sei denn, man fasst das ganze Buch als monströs aufgeblähte Selbstmorderklärung auf. Aber ich glaube nicht, dass das gerechtfertigt ist; meiner Meinung nach hat sich seine Entscheidung erst beim Schreiben herauskristallisiert.
Aber warum? Ist er am Scheitern seiner Prinzipien zerbrochen oder daran, dass die schmerzlichen Fakten seiner Veranlagung und Erziehung umso schärfer hervortraten, je strenger er diese Prinzipien anwandte? Fand er das Unwissen oder das Zuviel an Wissen unerträglich oder ein wenig von beidem? Ich möchte hier keinen Nachruf mit dem Titel Tod eines Psychiaters verfassen. Deshalb werde ich mich auf einige wenige fachliche Bemerkungen beschränken.
Zum einen – und diese Erkenntnis wird mich bis an mein eigenes Lebensende begleiten – ist klar, dass die Idee, Pete zur Niederschrift dieses Buchs anzuregen, ihm nicht wie von mir erhofft die Möglichkeit gab, sich mit sich selbst auszusöhnen, sondern im Gegenteil zwei große Fehler aufwies:
1) ließ sie ein überwältigendes Versagensgefühl in ihm entstehen;
2) blieb er blind oder halb blind gegen die wichtigsten Faktoren seiner Depression.
Der wichtigste von allen war seine Homosexualität. Ich bin mir nicht sicher, ob sich Pete je wirklich eingestanden hat, dass er schwul war, auch wenn ein sorgfältiger Leser seiner Memoiren dies sicher schon früh vermutet hat. Die enge und schwierige Verbundenheit mit mir, die praktisch keine anderen Freundschaften zuließ, ist sicher ein Hinweis a) , seine anhaltenden Probleme im Umgang mit Frauen ein anderer. b) Und die von Zufallsbemerkungen seiner Lehrer, Verwandten und Schulkameraden (die ebenfalls, beginnend mir Mr. Paulsons Angriff auf mich, den ganzen Text durchziehen) genährte Homophobie legen einen Grund nahe, weshalb er dieses Wissen abblockte und noch lange in seinem Erwachsenenleben heterosexuelle Verbindungen anstrebte aus Sehnsucht nach einem monogamen Familienmodell, für das er genetisch ungeeignet war. Kurz und gut, er war so entsetzt von der Möglichkeit seiner Homosexualität, dass er sie unglaublich lange verdrängte. Doch damit war sie nicht verschwunden, und selbst wenn sie (in Petes Terminologie) nur ein Stichpunkt unter vielen war, ihr Einfluss warf einen Schatten auf all seine Handlungen.
Entlarvend ist, was Pete verschweigt. Zum Beispiel schildert er auf den ersten Seiten seines Manuskripts unsere erste Begegnung »bei einer Party zum elften Geburtstag von jemandem, an den ich mich nicht mehr erinnere«. Doch Pete hatte den Gastgeber sicher nicht vergessen; er hieß Martin Crown c) und hatte vier Jahre später ein kurzes homoerotisches Erlebnis mit Pete, als Mr. Kristal seinen Sohn mit großer Verspätung vom Fußballtraining abholte. Einzelheiten sind nicht bekannt, und das wird auch so bleiben, wenn Martin sich nicht irgendwann in der Zukunft entschließt, mehr zu verraten. Auf jeden Fall war damit der Keim gelegt, und Pete wiederholte den Versuch mit seinem Cousin Johnny. Die beiden waren schon lange befreundet und entwickelten aus der gemeinsamen Erfahrung des Aufwachsens und den seltenen, aber regelmäßigen Kontakten eine Zuneigung und Neugier füreinander, die sich (wie die Lektüre von Peters Tagebuch bestätigt) zu sexueller Erregung steigerte. An
Weitere Kostenlose Bücher