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Ruf der Dämmerung (German Edition)

Ruf der Dämmerung (German Edition)

Titel: Ruf der Dämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Wasserspiegel. Die Ufer waren gelegentlich steil, meist aber flach und schilf- oder grasbewachsen. Der See wurde von vielen kleinen Bächen gespeist, die teilweise winzige Wasserfälle bildeten. Sie glänzten silbern in der Sonne und schienen ihre Strahlen einzufangen und dem See zum Geschenk zu machen. Häuser sah Viola zunächst gar nicht und tatsächlich erwies sich die Ansiedlung, zu der auch der Campingplatz der O’Kelleys/McNamaras gehörte, als so winzig, dass sie nicht mal einen Namen hatte. Es gab ein Andenkengeschäft und ein Restaurant an einem besonders schönen Aussichtspunkt. Dazu ein Landhotel weiter oben in den Bergen und ein paar verstreute Häuser. Kein Ort von Weltgeltung.
    »Du siehst, überall Landschaft, nichts als Landschaft«, kommentierte Patrick. »Die aufregendste Betätigung hier ist Vogelbeobachtung.«
    Er bog auf einen schmalen Weg Richtung See ab und durchfuhr gleich darauf eine geöffnete Schranke. Daneben stand ein Wärterhäuschen mit einem Schild Lough Dan Camping. Viola sah etwa dreißig Stellplätze, von denen jetzt aber nur einige wenige direkt am Wasser belegt waren.
    »Im Hochsommer ist mehr los«, bemerkte Patrick und folgte einem Schild Platzverwaltung. Schließlich hielt er vor dem reetgedeckten kleinen Haus, das Viola schon aus Dads E-Mails kannte. Im Eingangsbereich gab es ein Büro und einen winzigen Shop, in dem die Camper das Nötigste zum Leben einkaufen konnten. Patrick und Viola trugen die Kisten aus Roundwood hinein, und Patrick machte sich gleich daran, sie auszupacken.
    »Ich mach das lieber sofort«, erklärte er, »sonst vergesse ich es, und Ainné kriegt einen Tobsuchtsanfall, wenn die Butter schmilzt. Du kannst aber schon reingehen. Der Privateingang ist gleich nebenan, kannst du gar nicht verfehlen. Ich bring dir die Koffer dann nach. Aber ich weiß nicht, ob überhaupt schon jemand da ist. Das Auto ist jedenfalls nirgends zu sehen.«
    »Wo steckt mein Dad denn überhaupt?«, fragte Viola enttäuscht und machte sich erst mal daran, Patrick zu helfen. Was sollte sie schließlich allein in dem verwaisten Haus? Bestenfalls konnte sie Ainnés Vater kennenlernen und dazu hatte sie wenig Lust.
    »Hab ich doch gesagt. Er ist mit Ainné zur Ambulanz. Wenn’s schlimm ist, muss sie nach Dublin. Aber bisher war’s immer nur falscher Alarm. Das Baby hat ja wohl auch noch ein paar Wochen Zeit.« Patrick packte Milch und Butter ins Kühlfach. Viola sortierte Tütensuppen. Nach fünf Minuten waren sie fertig.
    »Soll ich dich rumführen?«, fragte Patrick und grinste mal wieder. »Vielleicht sehen wir ja ein paar spannende Vögel.«
    Viola nickte lustlos. Ihr Magen war nach der Autofahrt immer noch nicht ganz zur Ruhe gekommen. Sicher war es gut, frische Luft zu schnappen.
    Sie bereute es nicht. Die Luft war warm und roch nach Harz und Kräutern. Der Campingplatz lag idyllisch direkt am Seeufer, es gab einen kleinen Bootssteg und einen Schuppen, der einen Kanu- und Ruderbootverleih beherbergte. Die Boote wirkten durchweg neu und gut gepflegt.
    »Mein Job«, erläuterte Patrick und wies auf die sorgfältig aufgebockten Kanus. »Neben allem möglichen anderen Kram. Aber hauptsächlich kümmere ich mich um die Boote und weise die Leute ein, die sich zur Seefahrt berufen fühlen. Die Kajaks kippen schon mal um, wenn sich einer besonders blöd anstellt – aber ich zeig dir gern, wie’s geht, wenn du Lust hast.«
    Viola schüttelte den Kopf. Sie konnte auf jede Form von Sport sehr gut verzichten. Außer aufs Surfen im Internet.
    »Und da hinten geht’s zu den Ponys. Das macht Bill.«
    Patrick führte Viola vom Ufer weg zu einem eingefriedeten Areal, zu dem auch Ställe und Anbindeplätze gehörten. Davor war ein vierschrötiger, rotgesichtiger Mann gerade damit beschäftigt, ein zierliches Mädchen in breitem Irisch zusammenzustauchen: »Ist mir ganz egal, was du gedacht hast. Gracie geht nicht im Betrieb, das weißt du!«
    »Ich hab sie doch nicht verliehen!«, verteidigte sich das Mädchen. Sie war hellblond, sehr schlank und in Violas Alter. »Ich hab sie selbst geritten. Weil sie doch so unausstehlich wird, wenn sie nichts zu tun hat. Und Ainné wird sie in den nächsten Monaten sowieso nicht bewegen, da dachte ich …«
    »Das Denken überlässt du den Pferden, die haben die größeren Köpfe«, raunzte der Mann. »Und Ainnés Pferd ist Ainnés Pferd, egal ob sie es gerade reitet oder nicht.«
    Das Mädchen wollte erneut widersprechen, aber dann sah sie Patrick und

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