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Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Titel: Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delacroix Claire
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nicht los, dass ihre Ahnungen sie nicht trogen, und ihr wurde bang ums Herz.
    „Und trage das Haar offen!“ Die Weisung beseitigte Sophies letzte Zweifel, denn in dieser südlichen Stadt waren ihre blonden Flechten ihr wertvollstes Kapital auf dem Brautmarkt.
    Ihr Vater, so ihre Befürchtung, hatte sie hergeführt, um sie jemandem vorzustellen. Mit ihren achtzehn Jahren entwuchs sie allmählich dem heiratsfähigen Alter, das wusste sie. Dennoch empfand sie es als ungerecht, dass sie als Einzige auf diese Weise verheiratet werden sollte. Von ihren Brüdern hingegen, allesamt älter als sie, war lediglich der Älteste inzwischen verlobt. Und was musste das für ein Bewerber sein, der sich ein Rendezvous vom Brautvater arrangieren ließ, anstatt persönlich bei ihr anzufragen? So einer, das stand für Sophie fest, konnte ihr gestohlen bleiben.
    Auf den herrischen Blick ihres Vaters hin reckte sie stolz das Kinn, lächelte aber nicht, was ihr ein missbilligendes Aufblitzen seiner Augen einbrachte.
    Als ein Jüngling schüchtern vorsprang, um ihr die Flügeltüren zu öffnen, schenkte Sophie ihm ein verhaltenes Lächeln und bemerkte die Zügel, die er in der anderen Hand hielt. Ihr Blick glitt an den langen Lederriemen hinauf, und sie entdeckte den gewaltigsten Grauschimmel, den sie je gesehen hatte. Verdattert starrte sie das Tier einen Moment lang an, voller Staunen, dass ein Pferd dermaßen groß sein konnte, die Decke so üppig und die Schabracke so außergewöhnlich reich verziert. Dann schob ihr Vater sie mit einem ungeduldigen Stupser über die Kirchenschwelle.
    Wie üblich war es im Inneren des Gotteshauses dämmrig und staubig. Schräg fielen die letzten Strahlen Tageslicht durch die Buntglasfenster; der kratzige Hauch von Weihrauch, der täglich seit der Fenstereinsegnung verbrannt wurde, schwebte noch in der Luft. Gemeinsam mit ihrem Vater beugte Sophie das Knie, ehe sie sich einer Gruppe von Männern zuwandten, die dicht gedrängt im Halbdunkel des hinteren Kirchenschiffes standen.
    Dort befand sich eine Art Alkoven, der häufig für derlei Zusammenkünfte genutzt wurde. Reihen einfacher Stühle säumten die Wände. Als Sophie sich umdrehte, entzündete gerade einer der Männer eine Talgkerze, welche die Nische mit goldenem Schein erhellte. Sophie half dabei, im ganzen Rund flackernde Kerzen zu verteilen, wobei sie kopfnickend etliche ihr bekannte Weinhändler begrüßte, die sich regelmäßig mit ihrem Vater hier in der Kirche zusammenfanden, um über Sonne und Regen, Bodenbeschaffenheit und Seuchen zu palavern. Die Männer wirkten stiller, als sie es erwartet hätte, sodass Sophie sich bereits fragte, ob ihnen wohl ebenso unwohl zumute war wie ihr.
    „Wir müssen beginnen, so wir die Sache abhandeln wollen“, verkündete der Bürgermeister, worauf alle hastig Platz nahmen. Auch Sophie setzte sich vorsichtig auf einen Stuhl neben ihrem Vater und hielt den Blick bewusst zu Boden gesenkt.
    „Am heutigen Abend haben wir die Ehre, in unserer Mitte Hugues de Pontesse begrüßen zu dürfen, persönlicher Abgesandter der Regentin“, fuhr der Bürgermeister fort, nachdem endlich Ruhe eingekehrt war. „Ich bitte darum, seine Worte sorgsam zu bedenken, ehe ihr darauf eingeht.“
    Verhaltenes Raunen erklang in dem Halbkreis aus dreizehn Männern. Zu gern hätte Sophie gewusst, welchem davon ihr Vater sie vorzustellen gedachte.
    Doch nicht etwa Odet, dem in die Jahre gekommenen Bürgermeister? Der war bereits Witwer, so lange sie zurückdenken konnte. Und die losen Weiber drüben am Osttor haben allein schon an ihm blendend verdient, fuhr es ihr durch den Kopf. Wenn sie an all die Gerüchte dachte, die in der Stadt die Runde machten, konnte sie sich nur mit Mühe ein Schmunzeln verkneifen.
    Und Pascal mit den dicken, behaarten Armen doch sicherlich auch nicht! Es hieß, sein ganzer Rücken sei behaart – eine schreckliche Vorstellung. Hoffentlich nicht ihm!
    „Ich danke Euch, dass Ihr Euch heute Abend hier versammelt habt, damit ich Euch das Angebot meiner Regentin unterbreiten kann“, erklang jetzt eine tiefe Stimme von der anderen Seite der Nische. Eher beiläufig schaute Sophie auf. Mit einem Schlag vergaß sie ihre Grübeleien, als sie sich der in den Umhang gehüllten Gestalt aus ihrem Traum gegenübersah.
    Es war Schicksal. Eine andere Erklärung konnte es nicht dafür geben, dass er ihr sowohl hier als auch im Traum erschien.
    Vor Aufregung verschlug es ihr schier den Atem. Sie musterte ihn flüchtig, um

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