Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf der Sehnsucht

Ruf der Sehnsucht

Titel: Ruf der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
Vom Netzwerk:
die unverhoffte Begegnung aus dem Gleichgewicht gebracht.
    Er schaute zur Tür und spürte, wie sein Blut sich zu erwärmen begann, spürte jeden einzelnen Herzschlag, und er hielt die Armlehne seines Sessels etwas zu fest.
    Sein Gastgeber jedoch schien nichts Ungewöhnliches an seinem Verhalten zu finden. Gottlob. Douglas hatte nicht die geringste Lust zu erklären, weshalb der Anblick der Gouvernante ihn so aus der Fassung gebracht hatte.
    »Wie ich hörte, wart Ihr schon oft in Frankreich.« Hartley schenkte sich noch einen Whisky ein.
    »Das ist richtig«, antwortete Douglas, »aber mein Bruder und seine Frau sind diejenigen, die am häufigsten reisen.«
    Hamish und Mary engagierten sich seit einigen Jahren in einer Rettungsaktion, hatten den Kanal bereits ungezählte Male überquert, um Emigranten aus Frankreich in Sicherheit zu bringen. Douglasr hatte nicht die Absicht, Hartley über ihre Aktivitäten aufzuklären oder darüber, dass Hamish und Mary, während die Engländer damit beschäftigt waren, Hugenotten aus Nova Scotia zu entfernen, ebenso entschlossen waren, ihre Heimat mit französischen Emigranten zu bevölkern.
    »Es ist schrecklich, was da geschieht«, sagte Hartley, doch er klang nicht ernstlich berührt. Allerdings war Douglas das auch nicht gewesen, bis er seinen Bruder einmal auf einer seiner Fahrten nach Calais begleitet hatte. Als er die Verzweiflung in den Augen der Menschen sah und ihre Geschichten hörte, war sein Mitgefühl erwacht.
    »Ich denke, kein Umsturz geht ohne Gewalttätigkeiten ab.« Douglas nippte an seinem Drink. »Die Mehrheit der Franzosen fühlt sich noch immer vom politischen Mitspracherecht ausgeschlossen und hungert, und das führt zu einem gewissen Radikalismus.«
    »Die Massen bemächtigen sich der Stadt.« Hartley grinste, lehnte sich zurück, hielt sein Glas ins Licht und bewunderte den dunklen Karamellton des Whiskys.
    »Und des Königspaares«, spielte Douglas darauf an, dass Ludwig XVI . und seine Gemahlin Marie-Antoinette im Jahr zuvor auf ihrer Flucht entdeckt und zurück in die Tuilerien verbracht worden waren, wo sie, ihrer Bewegungsfreiheit beraubt, de facto Gefangene der Revolution waren. Frankreich verschlang seine Aristokratie, befreite sich schrittweise von seinen Adligen.
    War Jeanne auch emigriert, weil ihre Adelsvorrechte beseitigt, ihre Privilegien mit der neuen Verfassung preisgegeben waren? Es kostete ihn einige Mühe, aber für den Rest des Abends konzentrierte Douglas sich auf seinen Gastgeber und das Geschäft.
    Rache könnte er auch noch später nehmen.

Kapitel 2
    J eanne konnte kaum atmen. Ihr Magen fühlte sich wie ein Eisklumpen an, ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen, und ihre Vergangenheit kam ihr wie einer der schweren Steine vor, die ihr im Kloster Sacré-Cœur an einer Kette um den Hals gehängt worden waren, mit der sie dann stundenlang in ihrer Zelle stehen musste.
    »Bekennst du dich schuldig, Jeanne Catherine Alexis du Marchand?«, hatte Schwester Marie-Thérèse in gebieterischem Ton gefragt.
    »Ja«, hatte Jeanne geflüstert, denn die Strafe für Schweigen wäre viel schlimmer als das Eingeständnis ihrer Sünden.
    »Du hast Unzucht getrieben?«
    Ein entsetzliches Wort für die Liebe, die sie und Douglas MacRae vereint hatte. Aber wie sollte die Klosterfrau mit dem verbissenen Gesicht etwas von sinnlicher Freude oder Lachen im Sonnenschein wissen?
    »Ja.«
    »Und es genossen?«
    Gott vergebe ihr, aber das hatte sie. Und tat es noch immer in ihren allnächtlichen Träumen. Doch dann erwachte sie.
    »Ja.«
    »Du hast einen Bastard geboren?«
    Sie legte ihre Hände auf ihren flachen Leib, spürte die schreckliche Leere darin. »Ja«, antwortete sie und hielt den Kopf weiter in Demutspose gesenkt.
    Jetzt hingen keine schweren Steine mehr um ihren Hals, aber die Erinnerung daran zerrte noch immer an ihren Schultern, ähnlich der Bürde von Gewissensqualen und Gram.
    Was machte Douglas in Edinburgh?
    Jeanne war beinahe das Herz stehengeblieben, als sie ihn sah. Die Fältchen in den Winkeln seiner dunkelblauen Augen, die nichts über seine Empfindungen verrieten, zeugten davon, dass er gelegentlich auch lächelte.
    Jetzt jedoch war sein Gesicht ernst.
    Der kleine Davis neben ihr sagte etwas, und sie beugte sich zu ihm hinunter und zwang sich, freundlich auf ihn einzugehen. Vielleicht war es ja nur ein Traum und ihr Schützling nur einer der Akteure darin. Nein. Sie roch den Duft der Blumen in der Eingangshalle und spürte die Hand des

Weitere Kostenlose Bücher