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Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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wie Marmor. Er wirkte sehr blass, was durch seine schwarze Kleidung und den langen dunklen Umhang noch verstärkt wurde. Er strahlte eine überirdische Kraft aus, die meine Sinne durchflutete. Beängstigend, aber nicht bedrohlich.
    „Permettez! Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Armand de Toulourbet – Ihr ergebener Diener.“
    Mit einer eleganten Bewegung verbeugte er sich tief vor mir, bevor er näher trat, um meine Hand zu ergreifen und sie an seine Lippen zu führen. Er fühlte sich warm und stark an. Jetzt, wo er mir so nah war, schien seine Aura jede Faser meines Körpers zu durchdringen. Aber obwohl er nur Zentimeter von mir entfernt stand, konnte ich ihn seltsamerweise nicht riechen. Er hatte absolut keinen Geruch. Weder nach Schweiß noch nach Parfüm. Augenblicklich verursachte diese Erkenntnis mir eine Gänsehaut. Die Frage, wer er war, rückte in den Hintergrund. Viel wichtiger erschien mir mit einem Mal,
was
er war.
    „Ich bin froh, dass wir uns endlich persönlich kennen lernen, Melissa“, lenkte er meine Gedanken zunächst wieder ab. „Sie ahnen nicht, wie lange ich schon darauf warte.“
    „Was hat Sie davon abgehalten?“, platzte es aus mir heraus. Ich brachte ihn damit zum Schmunzeln.
    „Sie waren für einen näheren Kontakt mit der Welt des Übersinnlichen noch nicht bereit. Ich wollte den richtigen Zeitpunkt abpassen.“
    Also war mein Eindruck richtig. Er war kein Mensch. Aber konnte er ein Geist sein? Bisher hatte ich diese nur als durchscheinende Gestalten kennen gelernt. Oft ungepflegt und verwirrt. Er war so gänzlich das Gegenteil davon. Er stand vor mir, wie ein Mensch aus Fleisch und Blut. Ich konnte ihn berühren – und bei der Göttin! – ich wollte ihn berühren.
    „Haben Sie keine Angst, ma chère. Ich werde Ihnen nichts tun, darauf gebe ich mein Wort – das Wort eines Gentleman. Ich bin weder Geist noch Dämon. Aber ich bin auch kein Mensch, wie Ihnen sicher klar ist. Und da Sie das Recht haben, zu wissen, worauf Sie sich einlassen – ich bin ein Vampir.“
    Er sagte das so selbstverständlich, als würde er über das Wetter reden. Ich wich einen Schritt zurück. Ich wusste nicht viel über Vampire. Aber ich wusste, dass sie Menschen töteten, um deren Blut zu trinken. Das ließ mich zumindest auf der Hut sein. Andererseits wirkte er kein bisschen blutgierig auf mich. Es schien keine unmittelbare Gefahr von ihm auszugehen, und ich war viel zu fasziniert und neugierig, um an Flucht zu denken.
    „Ich fühle mich geehrt durch so viel Vertrauen, Melissa. Zumal ich sicher bin, dass Ihre Großmutter dieses Vertrauen nicht teilen würde. Daher wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie unsere Bekanntschaft für sich behielten. Wenn ich mich recht erinnere, gehört Ihre Großmutter zu denen, die meinesgleichen nach dem Leben trachten.“
    Ich schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass Großmutter an Vampire glaubte. Und noch weniger, dass sie schon einmal Kontakt zu welchen gehabt hatte.
    „Hat sie“, beantwortete der Fremde meine Gedanken. Er hob warnend eine Augenbraue, um jeden Widerspruch zu unterbinden. „Lilly, eine gute Freundin von mir, hat die Begegnung mit ihr nicht überlebt.“
    Eine Alarmglocke schrillte tief in meinem Innern. Falls er die Wahrheit sagte, hätte er einen Grund, mir nach dem Leben zu trachten. Aus Rache zum Beispiel. Sollte ich ihm glauben oder nicht? Ich war hin und her gerissen.
    Er lachte leise und sah mich mit einem durchdringenden Blick und einem diabolischen Lächeln auf den Lippen an. „Alors! Ich sehe Ihre Zweifel schwinden, ma chère. Aber denken Sie wirklich, ich wäre fähig, Ihnen etwas anzutun?“
    „Wenn Sie die Wahrheit sagen und ein Vampir sind? Ja!“, sagte ich sofort, was ihn wiederum zum Lachen brachte. Mit dem Lachen verschwand auch der teuflische Ausdruck aus seinem Gesicht.
    „Nein, das ist nicht meine Absicht. Aber warum suchen Sie nicht in Ihren Erinnerungen nach der Wahrheit? Es gab eine Zeit, da haben Sie durchaus an Vampire geglaubt. Und sogar nach ihnen gerufen.“
    Ich erinnerte mich an Bruchteile einer Geschichte, die Grandma mir einmal erzählt hatte. Von einer schönen jungen Frau, die geglaubt hatte, Macht über einen Vampir zu haben. Ich war zwei oder drei gewesen und hatte es dieser Frau gleichtun wollen. Das stimmte. Aber dann war ich eingeschlafen und hatte geträumt, dass der Vampir gekommen war, um mich zu holen. Überall hatte ich Schatten gesehen, Stimmen flüstern hören.

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