Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
tötet aus purer Lust. Er spielt mit seinen Opfern, genau wie ich. Und er liebt sie, bevor er sie tötet. Alles, was er tut, hat er von mir gelernt. Ich kann mir also kaum vorstellen, dass er so anders sein soll, als ich. Er war keinen Deut besser in den Jahren, in denen wir gemeinsam jagten. Warst du denn noch nie mit ihm auf der Jagd? Hast du ihn noch nie töten sehen?“
Lemain hatte mich wieder losgelassen, und ich fasste mir unwillkürlich an die Kehle. Auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte, so glaubte ich ihm doch jedes Wort. Nur zu deutlich erinnerte ich mich an den Moment, als wir heute Nacht das Château betreten hatten. Dieses Gefühl, etwas Vertrautes zu spüren. Es war Lemains Blut gewesen. Dasselbe Blut, das durch Armands Adern floss. Und nur diese Tatsache ließ alle Zweifel in mir verschwinden, und leider auch alle Hoffnungen, dass Lemains Worte Lügen waren. Wie bereits zuvor las er meine Gedanken und lächelte triumphierend, während er zum Kamin hinüberschritt und seine Hände an die Flammen hielt, als könnte das Feuer seine kalte Haut wärmen.
„Aber Armand ist nicht so wie du. Sicher war das auch der Grund, warum er dich verlassen hat. Weil er niemals so grausam sein könnte.“
Ich konnte nicht wissen, ob meine Worte auch nur annähernd der Wahrheit entsprachen. Was wusste ich schon über Armand? Viel zu wenig, um Lemain in Zweifel zu ziehen. Aber ich wehrte mich gegen den Gedanken, mich in ein Monster verliebt zu haben. Und nichts anderes war Lemain für mich.
„Er hat mich aus weit weniger edlen Gründen verlassen“, sagte er bitter.
„Ach ja? Und welche sollten das sein?“
Inzwischen hatte ich mich in eine verzweifelte Wut gesteigert, die meine Angst ausschaltete. Ein gefährlicher Zustand, angesichts meiner Lage.
„Ich bin stärker, als er jemals sein wird. Das Wissen, es nie mit mir aufnehmen zu können, war etwas, das ein Wesen wie Armand nicht ertragen konnte. So stolz, so schön. Oh, wie sehr ich ihn liebte! Vom ersten Augenblick an wollte ich ihn.“
Lemains Stimme nahm einen warmen Ton an, seine Züge wurden beinahe sanft. Göttin, er war bildschön! Unwiderstehlich, wenn die Grausamkeit aus ihm wich. Ein ach so vertrautes Zittern durchlief mich. Seine Macht war zu groß für mich. Ich wusste, ich würde mich ihm niemals widersetzen können, wenn er es darauf anlegte, und ich hasste mich dafür. Er drehte sich zu mir um, kam langsam auf mich zu und kniete sich vor mich hin. Beugte sich vor, bis sein Gesicht dem meinem so nah war, dass sein Atem meine Wangen streifte. Zärtlich fasste er eine Strähne meiner Haare, die mir in die Stirn gefallen war, um sie sich behutsam um den Finger zu wickeln.
„Soll ich dir erzählen, wie ich ihn zu einem Kind der Nacht gemacht habe?“ Seine Stimme war einschmeichelnd. Ich war den Tränen nahe und schüttelte stumm den Kopf. Ich wollte es nicht hören. Ich wollte nichts hören, was mein Bild von Armand verdorben hätte. „Ich werde es dir erzählen, meine Schöne. Ich werde dir zeigen, wer dein geliebter Armand wirklich ist. Liebt er dich so sehr wie du ihn? Dann musst du dir darüber im Klaren sein, dass er dich irgendwann zu sich holen wird. Was für einen Unterschied würde es also machen, wenn ich das bereits heute für ihn erledige?“
Erschrocken riss ich die Augen auf und presste mich in den Sessel zurück. Mit einer Drehung seiner Hand ließ er die dünne Haarsträhne los und packte statt dessen meine Mähne im Nacken, um mir unsanft den Kopf nach hinten zu ziehen und meine Kehle bloßzulegen.
„Rühr mich nicht an, du Dämon!“, schleuderte ich ihm entgegen, aber er lachte nur.
„Dasselbe hat Armand auch zu mir gesagt, als ich anfing, um ihn zu werben.“ Er rieb seine Nasenspitze an meiner Kehle, gefährlich nahe meiner Halsschlagader. Ich erstarrte. „Oh, du bist überrascht? Dachtest du, ich hätte ihn gezwungen ein Vampir zu werden?So überaus böse, wie ich in deinen Augen bin? Er wusste anfangs nicht einmal, dass ich einer war. Ich habe ihm Zeit gelassen. Ich habe ihm geschmeichelt, habe ihn umworben. Bis er sich den Gefühlen nicht mehr verschließen konnte, die er für mich hegte. Du kennst diese unwiderstehliche Kraft, die von meinesgleichen ausgeht. Sei ehrlich, du könntest mir ebenso wenig widerstehen wie Armand, wenn ich dich in die Arme schließen und dir das süße Versprechen der Ewigkeit geben würde.“ Zur Bestätigung glitt seine Zunge über die empfindliche Haut meiner Kehle, um mich
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