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Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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nichts an meinem Entschluss geändert. Ob er in mir noch die Tochter sah, wenn ich als Bluttrinkerin zurück kam? Ob ich mich überhaupt wieder in die Reihen der Ashera einfinden konnte? Auf jeden Fall musste ich es versuchen.
    Ende Oktober bat ich dann schließlich darum, wieder nach London zu gehen. Armand war weder überrascht, noch versuchte er, es hinaus zu zögern. Wir verabschiedeten uns von seinen Angestellten und seinem Verwalter Henry und brachen in derselben Nacht auf.
    Doch die Rückkehr nach London war nicht gleichbedeutend mit der Rückkehr zur Ashera. Ich hatte Angst davor, wieder ins Mutterhaus zu gehen. Wenngleich die Konfrontation auf Dauer unvermeidlich war. Ich musste wissen, ob ich noch zu ihnen gehörte, oder nicht. Ob ich willkommen war, oder ob mein Vater mich nie wieder sehen wollte. Und im Grunde musste ich ebenso herausfinden, ob ich überhaupt ganz und gar zurückkehren wollte.
    Allein durchstreifte ich das nächtliche London, näherte mich langsam Gorlem Manor. Ob Franklin ahnte, was geschehen war? Oder Camille, meine Großtante? Sie war eine Hexe von der Göttin Gnade. Während meiner Ausbildung hatte sich eine starke mentale Bindung zwischen uns aufgebaut.
    Ich sprang über die Mauer, ohne ein Geräusch zu verursachen, huschte ungesehen als Schatten zwischen den alten Eichen hin und her. Den direkten Weg zum Hauptportal wollte ich nicht nehmen. Ich wollte überhaupt nicht durch die Vordertür eintreten. Ganz nah bei den Flügeltüren zu Franklins Arbeitszimmer blieb ich stehen. Drinnen brannte eine einzelne Lampe. Mein Vater saß an seinem Schreibtisch und arbeitete. Ein attraktiver Mann in den Vierzigern, der die paranormale Kraft ausstrahlte, die ihm innewohnte. Und die Essenz des vampirischen Blutes, das in seinen Zellen ruhte. Armands Blut. Nicht genug, um ihn zu verwandeln, aber genug, um ihn an die Unsterblichen zu binden. Er war schön, mit hellen, sherryfarbenen Augen, einem kleinen Grübchen im Kinn, silbergrauen Strähnen im braunen Haar und dem athletischen Körper eines sehr viel jüngeren Mannes. Auch das verdankte er dem kleinen Trunk. Und ein klein wenig wohl auch seiner Eitelkeit. Jetzt runzelte er die Stirn, eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. Er blickte aus dem Fenster, in meine Richtung, nahm für einen Moment die Brille ab. Hatte er meine Gegenwart gespürt? Doch dann setzte er sie wieder auf und kehrte zu seiner Arbeit zurück.
    Von einer plötzlichen, fremdartigen Mattigkeit befallen lehnte ich mich gegen den Stamm einer Eiche und ließ meinen Blick über den Garten schweifen.
    Der Brunnen mit den Skulpturen zog meinen Blick magisch an. Ich hatte ihn immer schon geliebt. Zwei Engel voreinander kniend, mit betend aneinander gelegten Händen und demütig gesenktem Haupt. Es war so wundervoll. Ich fühlte mich ausgeschlossen, aus dieser Heiligkeit, die sie verkörperten. Der Himmel war mir für immer verwehrt. Schmerzlich berührt schloss ich die Augen.
    Ich konnte Franklin atmen hören. Roch seinen männlichen Duft. Gedankenfetzen trieben von ihm zu mir. Er saß über einem Abschlussbericht. Eine Mission in Vietnam war erfolgreich verlaufen. Kein Gedanke an mich. Lenkte er sich absichtlich ab? Oder hatte er mich einfach schon aus seinem Leben gestrichen? Die verlorene Tochter. Wie verloren war ich jetzt für ihn? Mehr als je zuvor. Mehr als wir beide ahnen mochten. Nein, ich gehörte nicht hierher. Hier war kein Platz mehr für mich.
    „Aber trotzdem bist du zurückgekommen“, sagte jemand hinter mir.
    Ich fuhr erschrocken herum und presste mich fester gegen den uralten Baum. Jenny Hawkins stand im Schatten eines anderen Baumes und sah mich furchtlos an. Der kleine blonde Engel mit den babyblauen Augen. Meine ‚kleine Schwester’, als ich noch hier gelebt hatte. Göttin, das war noch keine zwei Monate her. Was sah sie? Wie menschlich war ich noch für ihre feinen Sinne?
    „Ich weiß, was geschehen ist“, beantwortete sie meine Frage. „Und ich habe keine Angst vor dir, Mel.“
    Sie kam näher, streckte ihre kleine Hand aus und berührte meine kalte, bleiche Wange. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen, beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf den Mund. Ihr süßer Duft umgab mich. Jung und unschuldig. Ihr Blut strömte warmunter der Haut dahin. Wusste sie eigentlich, wie verlockend sie für mich war? Mir wurden die Knie weich. Ich nahm kaum noch etwas wahr, außer ihrem kindlich-reinen Aroma, das meinen Hunger anfachte.
    „Du

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