Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
er unter dicken, ledernen Handschuhen. So war er nur ein gesichtsloser Niemand in den Straßen. Das Wissen um seine Existenz wäre eine unnötige Qual für ihre Seelen gewesen. Und er wollte keinen Unfrieden mit den Menschen.
Aber dieser Duft. Er musste ihm hinterher. Das verlockende Aroma frischen, heißen Blutes, das über feuchtes Kopfsteinpflaster sickert. Warum ließ jemand einen Menschen auf diese Weise ausbluten? In einer dunklen Gasse. Ein Verbrechen, kein Zweifel. Grausig und mitleidlos. Er spitzte seine feinen Ohren, ob er wohl noch ein Stöhnen, irgendeinen Schmerzenslaut hören konnte. Doch die Nacht blieb still in dieser Hinsicht. Nur die üblichen Geräusche der Londoner City. Motorengeräusche der Autos und Busse, Musik aus den Clubs, der Streit eines Ehepaares, irgendwo in einer Seitengasse hatte ein Pärchen hemmungslosen Sex. Der Duft von gebratenem Fleisch und gedünstetem Gemüse wehte von einem Nobelrestaurant herüber, konnte jedoch den Geruch des Blutes nicht überdecken. Er spürte, wie ihm das Wasser im Maul zusammenlief. Er war immer noch ein Lykaner und liebte Menschenfleisch. Auch wenn er sich seit dem Pakt daran hielt, keine Menschen zu töten. Aber die Instinkte, die Gier blieben. Und warum auch nicht? Wenn es eine arme vergessene Seele war, tot und dahin? Man würde es den Straßenkötern zuschieben, wenn er ein paar hastige Bissen nahm. Und niemand würde es je erfahren.
Er war der Stelle jetzt ganz nah. Wie eine warme Hand streichelte die Süße des verrinnenden Lebenssaftes seine Nase, drang tief in seine Geruchsrezeptoren vor. Ah, der Körper lag noch keine Stunde hier. So frisch waren noch die Spuren, die den Ort des Verbrechens umgaben.
Er nahm die Essenz des Opfers auf, gleich gefolgt von der des Täters und …
Corelus stoppte mitten in der Bewegung, verharrte regungslos. Nur seine Nasenflügel bebten und sogen die merkwürdige Note tief ein.
Fremdartig, böse, ehrlos.
Ein Knurren bildete sich in seiner Kehle und mit steifen Bewegungen, der Körper in höchster Anspannung aufgrund der Reize, die seine feinen Sinne überfluteten, näherte er sich dem Torso. Mit seinen Handschuhen hinterließ er keine Fingerabdrücke, als er die Leiche auf den Rücken drehte.
Entsetzt erkannte er das Gesicht, das beinah jeden Tag in lokalen Fernsehsendern und Zeitungen zu sehen war.
Sir Reginald Duke of Woodword, Angehöriger des House of Lords.
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