Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
mit zitternder Hand seinen Namen ins Lycandinum schrieb. Im Raum herrschte gespenstische Stille, weil alle das Geschehen verfolgten und erkannten, dass es Corelus’ Letzter Wille war. Das Wachs tropfte rot aufs Papier wie Corelus’ Blut auf die Fliesen. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer, er röchelte. Dennoch drückte er den Siegelring in die weiche Masse, zog ihn vom Finger und steckte ihn Eloin auf.
„Mei… mein Fürst. Dir … die Treue … auf … auf Leben … und … Tod.“
Das letzte Wort kam wie ein Keuchen über seine Lippen. Sein letzter Atemzug. Die Augen brachen und mir lag auf der Zunge, ‚der Fürst ist tot’ zu sagen, doch das stimmte jetzt nicht mehr. Die Zeremonie war beendet – und Eloin nun der Fürst der Lycaner.
Pharac war damit beschäftigt, die Wunde zu reinigen und zu nähen, die von Melissa Ravenwoods Waffe stammte. Verdammtes Silber. Verdammte Vampir-Hexe.
„Pass doch auf“, schnauzte Domeniko seinen Vertrauten an und zuckte zusammen. Das Mittel, mit dem Pharac die Silberpartikel neutralisierte, biss in sein Fleisch und ließ ihn jeden Stich der Nadel doppelt spüren.
Wenigstens hatte er dafür gesorgt, dass dieses Halbblut kein Fürst wurde. Da half ihm auch dieser Speichellecker Anelu nicht mehr. Corelus war tot, ehe er mit seinem Siegel Eloin als Nachfolger bestätigt hatte, und niemand konnte ihm jetzt noch sein Recht verweigern. Einen Betrug würden sie nicht wagen. Nicht vor dem versammelten Adel. Sollten sie ihn ruhig für einen Mörder halten. Er verkroch sich nicht feige hinter Handlangern, er erledigte die Dinge selbst. Jeder konnte sehen, dass er ein starker – ein würdiger – Anführer war. Und viele der Anwesenden, das hatte er zufrieden festgestellt, waren auf seiner Seite gewesen. Die Regeln der Rudel änderten sich nie, egal wie sehr jemand versuchte, sie zurechtzubiegen und menschlich zu machen.
Die Tür zu seinem Privatzimmer flog auf, ohne dass vorher angeklopft worden war. Domeniko fletschte die Zähne und Pharac knurrte den Hereinstürmenden an. Der junge Lycanthrop war außer Atem. Als Domeniko ihn erkannte, vergaß er die Zurechtweisung, die ihm auf der Zunge lag.
„Ragna. Du bringst mir die Bestätigung, dass Eloin sich wieder in sein dreckiges Erdloch im Wald verzogen hat, hoffe ich.“
Ragna sah seinen Herrn ängstlich an und sank winselnd auf die Knie, als trüge er die Schuld an der Nachricht, die er zu überbringen hatte. „Ich fürchte, nein. Corelus war noch nicht tot, als du den Zeremoniensaal verlassen hast. Er lebte noch lange genug, um sein Siegel ins Lycandinum zu drücken. Eloin ist sein rechtmäßiger Nachfolger.“
„Was?“ Domeniko sprang auf, achtete nicht einmal darauf, dass Pharac mit dem Nähen noch nicht fertig war. „Das kann nicht sein. Ich habe ihn getötet. Er ist vor meinen Augen zusammengebrochen. Die versuchen, mich zu betrügen.“
Ragna schüttelte den Kopf. „Nein, Domeniko. Es ist wahr. Alle haben es gesehen und bezeugt. Sie haben Eloin als neuen Fürsten anerkannt.“
Diese Verräter. Domeniko schäumte vor Wut. In seinen Eingeweiden verspürte er einen Hass, dass er am liebsten sofort zu Corelus’ Anwesen gestürmt wäre, um den Leichnam in Stücke zu zerreißen und gleich danach dieses Halbblut. Niemand durfte ihm die Fürstenwürde streitig machen.
„Die werden sich noch wünschen, dass mein Dolch schneller seinen Zweck erfüllt hätte. Jetzt gibt es keine Gnade mehr. Ich hole mir, was mir gehört. Eloin täte gut daran, seinen Schwanz einzuziehen und mir freiwillig das Feld zu überlassen.“
Er rief nach Marcia und ließ Pharac seine Arbeit beenden. Gerade als der den letzten Faden abschnitt, trat der Befehlshaber seiner Lycaner-Krieger ein.
„Corelus hat sich tatsächlich so lang am Leben festgebissen, bis er diesem Waldwurm die Nachfolge übertragen hat. Das heißt, wir müssen auf unseren Plan B zurückgreifen. Wie kommen wir mit den Hackern weiter?“
„Die meisten Systeme sind in unserer Hand. Aber im Weißen Haus haben die ein neues System. Und wer immer das geschrieben hat, ist verdammt gut. Er hat uns sofort entdeckt und ausgeschaltet. Seitdem kommt selbst dieser Trunkenbold nicht mehr da rein und der gehört echt zu den besten. Wir haben jetzt Gefs eingeschleust und zwei der anderen Leute, denen wir vertrauen können und die dort nicht auffallen. Die sollen jetzt von innen dafür sorgen, dass wir wieder Zugriff bekommen.“
Domeniko schnaubte. Geduld gehörte nicht zu
Weitere Kostenlose Bücher