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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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noch auf dem Gehsteig stehen und mir nachschauen.
     
    ∗∗∗
     
    Vor lauter Aufregung verpasste ich den direkten Weg durch den Park und kam von der falschen Seite bei Edwin an. Er saß in der Sonne auf einer Bank, die gesprenkelt war von den Schatten der Ranken einer Weide, deren erste Blätter gerade zum Vorschein kamen, und hatte seine ganze Aufmerksamkeit auf den Pfad gerichtet, der zum Eingang führte. Er drehte sich erst um, als ich so nah bei ihm war, dass ich ihn berühren konnte. Sein Gesicht erhellte sich, er sprang auf, und wir standen, wie mir schien, mehrere Sekunden bewegungslos, und dann berührten meine Lippen plötzlich die seinen, meine Arme schlangen sich um seinen Nacken und meine Finger fuhren durch sein Haar.
    «Dann liebst du mich auch?», sagte er, als ich einen Schritt zurücktrat, um ihn anzusehen.
    «Ja, ja, ich liebe dich», sagte ich und küsste ihn noch einmal zur Bekräftigung. «Und alles ist in Ordnung. Davenant war Magnus, ich habe den Beweis dafür, und wir können der Polizei erzählen, was wirklich geschah   …»
    Die Veränderung seines Gesichtsausdrucks ließ mich innehalten.
    «Ich war so voller Glück, dich zu sehen, dass ich alles andere beiseiteschob», sagte er und zog mich auf die Bank. «Erzähl mir, was du entdeckt hast.»
    «Montagues Bild von Wraxford hängt in Davenants Galerie.»
    Ich beschrieb meinen abenteuerlichen Vormittag, aber obgleich er weiter meine Hand hielt, wich die Sorge nicht aus seinem Gesicht.
    «Ich habe keinen Zweifel an dem, was du sagst», sagte er. «Aber es ist kein Beweis. Jeder andere – die Polizei eingeschlossen – würde annehmen, dass Davenant das Bild bei einer Auktion erstanden hat – das ist weit wahrscheinlicher. Nein, solange wir niemanden finden, der den Leichnam als Magnus identifizieren kann   –»
    «Aber diese Person gibt es», setzte ich an, sprach aber nicht weiter, als mir das Problem aufging. Ada – ganz zu schweigen von Nell – würde sich erst melden, wenn bereits alles bewiesen wäre. «Ich meine, es müsste doch genug Leute in London geben, die Magnus ohne seine Tarnung wiedererkennen würden.»
    «Schon. Aber die Polizei wird sie nicht befragen – ihrer Meinung nach handelt es sich bei der Leiche um Davenant, und ich fürchte, das Bild wird nicht ausreichen, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Die Kraft des Glaubens – darauf hat sich Magnus verlassen, als er nach London zurückkehrte. Er war ein vollendeter Schauspieler, die Gefahr ließ ihn aufblühen – er ging sogar so weit, dass er das Gemälde aufhängte, sobald er hörte, dass der einzige Mensch, der ihn mit Sicherheit entlarvenwürde, tot war. Er wusste, abgesehen von der Täuschung, dass niemand ihn erkennen würde, weil niemand erwartete, ihn zu sehen – für alle Welt war er tot, gestorben in der Rüstung in Wraxford Hall.
    Und selbst wenn durch irgendein Wunder der Leichnam als Magnus identifiziert werden
würde,
so dürftest du trotzdem nicht zur Polizei gehen, denn man könnte dich immer noch wegen Totschlags verurteilen, wenn man nicht glaubt, dass es deiner Selbstverteidigung diente – und das ist gut möglich, allein weil wir unseren Bericht verändern würden. Nein, Liebste, du musst es auf sich beruhen lassen. Du bist jetzt sicher», sagte er und zog mich näher an sich. «Magnus ist tot, und dein Gewissen quält dich nicht mehr.»
    «Doch, das tut es», sagte ich. «Weil Nell noch am Leben ist – du darfst mich nicht fragen, woher ich das weiß, aber ich weiß es. Und sie wird bis ans Ende ihrer Tage in der Angst vor dem Galgen leben, wenn Magnus als Davenant beerdigt wird.»
    «Und du glaubst nach wie vor, dass sie deine Mutter sein könnte?»
    «Ja, sogar mehr denn je.»
    «Weißt du denn, wie du sie finden kannst?»
    «Ja», sagte ich. «Aber – ich kann es nicht riskieren, sie zu verraten.»
    Edwin sah mich hilflos an.
    «Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Außer, dass ich dich liebe. Und dass ich alles tun werde, um dir zu helfen, was immer du in der Sache mit Nell zu tun gedenkst. – Du musst mir nur versprechen, nicht zur Polizei zu gehen. Tust du das?»
    «Ich verspreche es», sagte ich, woraufhin er mich erneut küsste. Ich vergaß alles um mich herum, bis mich das empörte Gezeter eines Passanten auf den Boden der Tatsachen zurückbrachte.
     
    ∗∗∗
     
    Edwin begleitete mich bis zur Straßenecke vom Elsworthy Walk. Er hatte sofort mitkommen wollen und meinen Onkel um seinen Segen bitten (ich hatte ihm noch auf

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