Ruhe unsanft
begab sie sich zum Postamt, um Giles folgendes Telegramm zu schicken:
HAUS GEKAUFT STOPP IN LIEBE GWENDA
Das wird ihn munter machen, dachte sie. Jedenfalls sieht er, dass ich nichts auf die lange Bank schiebe!
2
E in Monat verging. Gwenda hatte »Hillside« bez o gen, Giles’ ererbte Möbel aus dem Lagerspeicher kommen lassen und sie aufgestellt. Es war al t modisches, gediegenes Mobiliar. Zwei übergroße Schrä n ke hatte sie verkauft, alles Übrige passte harmonisch zum Gesamtstil des Hauses. In den Salon kamen ein paar hü b sche, mit Perlmutter eingelegte Pappmascheetischchen, bemalt mit Burgen und Rosen, und ein zierlicher Han d arbeitsständer mit einem Beutel aus flohfarbener Seide u n ter der Arbeitsplatte. Das große Cheste r field-Sofa stand zwischen den Terrassentüren, die Polstersessel thronten zu beiden Seiten des Kamins. Dazu ein Sekretär aus R o senholz und ein Mahagoni-Sofatisch. Für die Vorhänge hatte sie Chintz gewählt, aus einem blassen Eierschale n blau, mit feinen Rosenvasen und gelben V ö geln darauf. So war es genau richtig, fand sie.
Allerdings wohnte sie noch etwas provisorisch, da die Handwerker noch nicht aus dem Hause waren. Bis Gwenda durch ihren energischen Einzug Druck daru n tersetzte, hatten sie getrödelt. Nun war wenigstens die Küche fertig, und das neue Badezimmer auch.
Mit einigen anderen Veränderungen ließ sie sich b e wusst Zeit, um das Vergnügen des Dekorierens auszuko s ten und genau die Farben und Muster für die Schlaf- und Gästezimmer zu wählen, die ihr vorschwebten. Das Haus war soweit in Ordnung, dass sie wirklich nicht alles auf einmal zu tun brauchte.
In der Küche schaltete und waltete jetzt Mrs Cocker, eine Frau von herablassender Würde, die dazu neigte, Gwendas demokratische Freundlichkeit in ihre Schranken zu weisen. Aber nachdem Gwenda begriffen hatte, wo ihr Platz war, zeigte Mrs Cocker sich durchaus willens, einige Zugeständnisse zu machen.
An dem Morgen, von dem hier die Rede sein soll, stellte sie ein Frühstückstablett auf Gwendas Knie, als diese sich kaum im Bett aufgesetzt hatte. Es war ihre unumstößliche Meinung, dass Damen im Bett zu frühstücken hatten, wenn der Herr nicht zuhause war, und Gwenda hatte sich dieser Vorschrift gefügt. Offenbar wusste Mrs Cocker mehr von feiner englischer Lebensart als sie.
»Heute gibt’s Rührei«, bemerkte Mrs Cocker. »Sie sa g ten etwas von geräuchertem Schellfisch, aber das ist kein Gericht fürs Schlafzimmer. Es riecht. Zum Abendessen werde ich Ihnen den Fisch mit holländischer Sauce auf Toast servieren.«
»Klingt herrlich, Mrs Cocker, danke!«
Mrs Cocker lächelte gnädig und wandte sich zur Tür. Gwenda bewohnte noch nicht das Eheschlafzimmer; das schob sie bis zu Giles’ Ankunft auf. Stattdessen hatte sie das Zimmer am Ende des Korridors für sich genommen, das mit den abgerundeten Wänden und dem Erkerfen s ter, in dem sie sich ganz besonders wohl und zuhause fühlte. Auch heute sah sie sich zufrieden um und sagte impulsiv: »Ich mag dieses Zimmer.«
Mrs Cocker, die Klinke schon in der Hand, nickte ihr nachsichtig zu.
»Gewiss, es ist ein nettes Zimmer, Madam, nur ein bis s chen klein. Nach dem Fenstergitter zu schließen, ist es wohl früher das Kinderzimmer gewesen.«
»Ach ja, vielleicht. Darauf bin ich noch gar nicht g e kommen.«
»Eignen tut sich’s jedenfalls dafür«, meinte Mrs Cocker in etwas anzüglichem Ton und zog sich würdevoll z u rück. Es war, als hätte sie gesagt: Sobald wir einen Herrn im Haus haben, wird ein Kinderzimmer vielleicht wieder benötigt, wer weiß?
Gwenda war leicht errötet und sah sich daraufhin noch einmal genauer um. Ja, der Raum war wie geschaffen für ein Kinderzimmer. In Gedanken fing sie sofort an, es einzurichten. Ein großes Puppenhaus drüben an der Wand. Niedrige Spielzeugregale. Ein lustig prasselndes Feuer im Kamin, davor ein hohes Schutzgitter, auf dem Kleinigkeiten trockneten. Nur dieser abscheuliche sen f gelbe Anstrich musste weg! Dafür eine helle fröhliche Tapete: kleine Mohn- und Kornblumensträuße… Ja, das würde reizend aussehen. Sie musste unbedingt versuchen, so ein Muster aufzutreiben. Irgendwo, das wusste sie b e stimmt, hatte sie es schon einmal gesehen.
Sonst waren nicht viele Möbel nötig. Zwei Ei n bauschränke gab es schon; allerdings war der eine abg e schlossen und mit der hässlichen Farbe übermalt, er musste seit Jahren nicht benützt worden sein. Die Han d werker sollten ihn wieder
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