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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Mann, kriegte im Sommer Besuch von ihren Enkeln und starb, als sie beinahe achtzig war.«
    Diesmal drückte Fosters Ton warme Anerkennung aus, und Gwenda kehrte mit einem Lächeln ins Haus zurück. Nachdem sie ein paar Dinge mit den Handwerkern b e sprochen hatte, setzte sie sich an den Rosenholzsekretär, um ein paar liegen gebliebene Briefe zu beantworten. Darunter war die Einladung eines jungen Ehepaars aus London, Verwandte von Giles. Sie schrieben sehr nett, wenn sie Lust habe, würde sie ihnen in ihrem Haus in Chelsea jederzeit willkommen sein.
    Raymond West war ein namhafter, wenn auch nicht b e sonders populärer Schriftsteller, wie Gwenda wusste, und seine Frau Joan war Malerin. Es war verlockend, ihrer Einladung zu folgen, obwohl sie sie wahrscheinlich für eine schreckliche Spießerin halten würden. Giles und ich, dachte Gwenda, sind wirklich keine Intellektuellen.
    Feierliche Gongschläge dröhnten durch die Halle. Auch dieser Gong, der in einem geschnitzten Ebenholzrahmen hing, war eine von Giles’ ererbten Raritäten. Mrs Cocker bereitete es großes Vergnügen, ausgiebig darauf zu schl a gen. Gwenda hielt sich die Ohren zu, stand auf und durchquerte rasch den Salon, um sich ins Speisezimmer zu begeben.
    Erst dicht vor der Wand blieb sie abrupt mit einem ä r gerlichen Ausruf stehen. Nun passierte es ihr schon zum dritten Mal, dass sie direkt durch die Wand nach nebenan wollte! Stattdessen musste sie nun zurück in die Halle, den Flur entlang und um die Ecke des Salons ins Es s zimmer gehen. Es war ein Umweg und würde besonders im Winter eine unangenehme Zugabe sein, denn in der Halle zog es, und Zentralheizung gab es nur in den Wohnräumen.
    Eigentlich, dachte Gwenda, als sie sich an den anmut i gen Sheraton-Esstisch setzte, könnte ich noch schnell eine Tür vom Salon ins Speisezimmer durchbrechen la s sen. Ich werde heute Nachmittag mit Mr Sims reden.
    Mr Sims, der Innenarchitekt, war ein liebenswürdiger Mittvierziger mit gedämpfter Stimme und stets gezüc k tem Notizbuch, in das er die teuren Sonderwünsche se i ner Klienten einzutragen pflegte. Als Gwenda ihm den ihren vortrug, stimmte er sofort lebhaft zu.
    »Nichts einfacher als das, Mrs Reed – und meines E r achtens eine entschiedene Verbesserung.«
    »Wird es sehr kostspielig?« Gwenda war dem stets b e geisterten Mr Sims gegenüber inzwischen etwas vorsic h tiger geworden. Sie hatte schon ein paar unerfreuliche Überraschungen erlebt, die nicht in seinem Kostenvora n schlag gestanden hatten.
    »Eine Kleinigkeit«, versicherte Mr Sims mit seiner san f ten, verschleierten Stimme, und Gwenda beschlichen mehr Zweifel denn je. Gerade Mr Sims’ »Kleinigkeiten« hatte sie zu misstrauen gelernt. »Wissen Sie was?«, fuhr er überredend fort, »ich werde Taylor beauftragen, sich die Sache nachher mal anzusehen, damit Sie Bescheid wissen. Hängt davon ab, wie das Mauerwerk ist.«
    Gwenda willigte ein und kehrte zu ihrer Korrespondenz zurück. Sie dankte Joan West für die Einladung, erklärte aber, dass sie vorläufig nicht von Dillmouth weg könne, solange die Handwerker im Haus seien und sie die Arbe i ten beaufsichtigen müsse. Dann ging sie aus, warf die Briefe ein, machte einen längeren Spaziergang auf der Seepromenade und genoss die salzige Brise. Als sie eine Weile später den Salon betrat, richtete sich Taylor, Mrs Sims’ Vorarbeiter, an der Wand aus einer Kniebeuge auf und begrüßte sie mit freundlichem Grinsen.
    »Macht gar keine Schwierigkeiten, Mrs Reed«, sagte er. »Hier war nämlich früher schon mal eine Tür. Irgendj e mandem hat sie nicht gepasst, und der hat sie einfach zumauern lassen.«
    Gwenda war angenehm überrascht. Wie merkwürdig, dachte sie, dass ich von Anfang an das Gefühl hatte, dort müsse eine Tür sein. Sie erinnerte sich an die Selbstve r ständlichkeit, mit der sie schon dreimal darauf losgega n gen war. Gleichzeitig überflog sie ein winziger, unbehagl i cher Schauer. Genaugenommen war es doch sehr mer k würdig. Warum hatte sie so todsicher angenommen, dass dort eine Tür hingehörte? Weder an der Salon- noch an der Esszimmerwand war eine Spur davon zu sehen. Wi e so hatte sie geahnt – gewusst –, wie es früher gewesen war? Natürlich war es sinnvoll, sich der Bequemlichkeit halber einen direkten Durchgang zu wünschen, aber w a rum war sie immer blindlings auf diese eine Stelle losg e gangen? Bei der Breite der Wand hätte es mehrere Mö g lichkeiten gegeben, aber nein, sie war jedes Mal autom a

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