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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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nach Orangen schmeckte, ein Abschied hinter einer zerborstenen Windschutzscheibe.
    Ein Leben aus lauter Verheißungen, aus dem, was einmal sein könnte: die Möglichkeiten, die ein Stapel Collegebewerbungen barg, die Aufregung, unter einem fremden Dach zu schlafen, die Zukunft, die in Sams Lächeln lag.
    Ein Leben, das ich nicht verlassen wollte.
    Ein Leben, das ich nicht vergessen wollte.
    Ich war noch nicht so weit. Es gab noch so viel zu sagen.

KAPITEL 48
SAM
    Flickering lights
    anonymous doors
    my heart escaping in drips
    i’m still waking up
    but she’s still sleeping
    this ICU is
    hotel for the dead

KAPITEL 49
COLE
    Keine Ahnung, warum ich mit Sam zum Krankenhaus fuhr. Mir war klar, dass mich jemand erkennen könnte – obwohl die Gefahr dafür gering schien, mit meinem Dreitagebart und den dunklen Augenringen. Mir war auch klar, dass ich mich verwandeln könnte, falls mein Körper beschloss, den Launen der Kälte nun doch nachzugeben. Aber als Sam zu seinem Auto ging, um dem Krankenwagen hinterherzufahren, starrte er sekundenlang bloß auf seine blutverschmierte Hand hinunter und brauchte dann zwei Anläufe, um den Schlüssel ins Schloss zu bekommen.
    Ich hatte mich im Hintergrund gehalten, bereit zu verschwinden, falls ich das Gefühl bekäme, die schwarze Morgenkälte könnte mich plötzlich zum Wolf machen. Aber als ich Sams Hand sah, trat ich vor und nahm ihm den Schlüssel ab.
    »Steig ein«, sagte ich und deutete mit dem Kinn auf den Beifahrersitz.
    Und er stieg ein.
    Da stand ich nun, am Krankenbett eines Mädchens, das ich kaum kannte, mit einem Typen, den ich auch nicht viel besser kannte, und wusste immer noch nicht so recht, was ich eigentlich dort wollte. Das Zimmer war voller Leute – zwei Ärzte, dann noch ein Kerl, den ich für einen Chirurgen hielt, und eine regelrechte Armee von Krankenschwestern. Gemurmelte Gespräche gingen hin und her, deren medizinisches Fachchinesisch einen total kirre machte, aber ich kapierte, worum es im Groben ging: Sie hatten keinen Schimmer, was los war, und Grace würde sterben.
    Sie erlaubten nicht, dass Sam an ihrem Bett stand, also saß er auf einem Stuhl in der Ecke, die Ellbogen auf den Knien und das Gesicht zerknautscht in eine Hand gestützt.
    Ich wusste genauso wenig, was ich machen sollte, also stellte ich mich daneben. Insgeheim fragte ich mich, ob ich, auch schon bevor ich gebissen worden war, den Tod hätte riechen können, der hier auf der Intensivstation in der Luft lag.
    Irgendwo unter mir klingelte ein Handy, ein energischer, geschäftsmäßiger Ton. Ich begriff, dass es aus Sams Tasche kam. Wie in Zeitlupe holte er es heraus und sah auf das Display.
    »Das ist Isabel«, sagte er heiser. »Ich kann jetzt nicht mit ihr reden.«
    Ich nahm es ihm aus den widerstandslosen Händen und drückte auf »Annehmen«. »Isabel.«
    »Cole?«, fragte Isabel. »Cole, bist du das?«
    »Ja.«
    Und dann hörte ich die beiden aufrichtigsten Worte, die ich je aus Isabels Mund vernommen hatte: »Oh nein.«
    Ich sagte nichts. Aber die Hintergrundgeräusche mussten ihr alles verraten haben.
    »Bist du im Krankenhaus?«
    »Ja.«
    »Was sagen die?«
    »Wie zu erwarten. Sie haben keine Ahnung.«
    Isabel fluchte leise vor sich hin. »Wie schlimm ist es, Cole? Kannst du was sagen?«
    »Sam sitzt hier neben mir.«
    »Na toll«, sagte Isabel mit rauer Stimme. »Großartig.«
    Plötzlich rief eine der Krankenschwestern: »Achtung –«
    Grace setzte sich halb auf, gerade so weit, dass sie noch mehr Blut spucken konnte, direkt auf den Kittel der Schwester, die gerufen hatte. Diese trat nur nüchtern zurück und wusch sich die Hände, während eine andere ihren Platz einnahm und Grace mit einem Handtuch das Gesicht abtupfte.
    Grace ließ sich zurück aufs Bett fallen. Sie murmelte etwas, was die Krankenschwestern nicht verstanden.
    »Was sagst du, Liebes?«
    »Sam«, wimmerte Grace, ein schrecklicher Ton irgendwo zwischen Tier und Mensch; ich musste voll Grauen an den Schrei der Hirschkuh denken. Sam sprang auf die Beine und im gleichen Moment drängten sich ein Mann und eine Frau in den sowieso schon überfüllten Raum.
    Ich sah, wie eine der Krankenschwestern den Mund öffnete, um zu protestieren, während das Paar direkt auf uns zukam, aber ihr blieb keine Zeit mehr, etwas zu sagen, bevor der Mann rief: »Du verdammter Scheißkerl!«, und Sam die Faust ins Gesicht rammte.

KAPITEL 50
SAM
    Es dauerte eine Weile, bis Lewis Brisbanes Schlag anfing wehzutun, so als könnte mein

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