Ruinen der Macht
erinnern, dass sie einen Konzern zu leiten hatte.
»Warum lassen Sie mich nicht allein und kümmern sich ums Geschäft?«, schlug er vor. »Sie haben sich große Mühe gemacht, um mir diese Fabrik zu zeigen, und das weiß ich wirklich zu schätzen. Aber ich möchte nicht noch mehr von Ihrer Zeit in Anspruch nehmen.«
»Es ist eine der Grundregeln von Industrial Giants, dass ich Sie aus dem Werk begleiten muss, wenn ich Sie hier hereingebracht habe. Bis ich jemanden gefunden hätte, dem ich die Verantwortung für Sie übergeben könnte, wären Sie von Ihrem kleinen Ausflug wieder zurück. Länger als fünf Minuten werden Sie nicht brauchen«, erklärte sie mit stechendem Blick. Austin erkannte einen Befehl, wenn er ihn hörte. Marta hatte seine Zeit am Steuer des Mechs soeben festgeschrieben.
»Ich beeile mich«, versprach er, obwohl er am liebsten den ganzen Tag im Cockpit geblieben wäre. Er hastete die am linken Mechbein festgeschweißte Leiter hinauf, öffnete die Heckluke und glitt in die Kanzel. Er zog den Neurohelm über und schauderte leicht, als die Elektronik die Systeme der Maschine an sein Hirnwellenmuster anglich. Diese Einstellungen würde man später löschen und den Neurohelm vollständig neu kalibrieren müssen. Doch Austin ging davon aus, dass Marta dies in Kauf nahm. Er schaute durch das breite Kunststofffenster vor sich, wo bei einem BattleMech der Sichtschirm gewesen wäre, und fühlte sich wie im siebten Himmel. Es war zwar kein Kampfkoloss, aber trotzdem gut genug.
Nachdem er sich die Kontrollen näher angesehen hatte, fühlte er sich sicher genug, um die Checkliste durchzugehen. Bei einem Batt-leMech hatten diese Listen mehrere eng beschriebene Seiten. Der BergbauMech kam durch das Fehlen komplexer Waffensysteme mit einer Seite Anweisungen aus. Die Maschine hustete Abgase und schüttelte sich, bereit zum Aufbruch.
»Alles klar«, verkündete Austin. Als er keine Antwort erhielt, suchte er nach dem Funkgerät. Es war außer Betrieb. Er spielte noch ein paar Sekunden an Schaltern und Knöpfen herum, dann war jeder Zweifel beseitigt. Das Gerät war tot. Eine Kommverbindung war nicht möglich.
Er zuckte zusammen, als das Telefon klingelte. Er angelte es aus der Tasche und hörte Martas Stimme. »Na los, bringen Sie ihn raus aufs Testgelände und probieren Sie aus, was er kann.«
»Was ist mit dem Funkgerät los?«
»Die wenigsten BergbauMechs haben eins«, erklärte Marta. »Es besteht wenig Anlass, kilometerlange Koaxialkabel auszurollen und an die Kanzeleinheit anzuschließen.«
Austin hätte sich selbst einen Tritt versetzen können, dass er daran nicht gedacht hatte. BergbauMechs waren für den Einsatz unter der planetaren Oberfläche gedacht und benutzten keine normalen Funkgeräte. Falls eine Kommunikation notwendig war, wurden die Ein-heiten über Kommkabel mit dem Leitstand verbunden. Der Mech bewegte sich dann wie an der Leine, am Ende eines dicken Koaxialkabels, das langsam von der Trommel rollte, während die Maschine sich ins Gestein vorarbeitete.
»In Ordnung!« Er erreichte den letzten Punkt der Checkliste, zog die Luke zu und schnallte sich an. Die Luke schloss sich mit einem lauten Zischen, und die interne Luftversorgung der versiegelten Kanzel sprang an.
Austin schaute aus dem Polymerfenster und strahlte wie ein kleines Kind zu Weihnachten. Er saß am Steuer eines Mechs, bereit zum Start. Er stellte die Füße fest auf die Pedale, packte die Steuerknüppel und setzte die schwerfällige Maschine in Bewegung. Der Mech stampfte aus der Werkshalle, aber Austin durchzuckte ein plötzliches Gefühl der Angst. Irgendetwas stimmte nicht. Der Mech reagierte nicht so, wie er sollte. Dann beruhigte er sich wieder. Aus dem Simulator war er schnellere BattleMechs gewohnt. Jetzt saß er in einer Maschine, für die es keinerlei Anlass gab, mit sechzig Stundenkilometern übers Gelände zu fegen oder feindlichen Schüssen auszuweichen. Sie war darauf ausgelegt, sich in die Erde zu graben, Felsen zu bohren und Erz zu schaufeln. Sonst nichts.
Das änderte nichts daran, wie begeistert Austin darüber war, diese gewaltige Maschine zu kontrollieren. Er schaute aus seinem luftigen Sitz hoch in der Kanzel hinab auf die Welt. Vor dem Fabriksgebäude waren konventionelle Militäreinheiten aufgereiht, die für den Dienst in der Armee des Legaten bestimmt waren. Truppentransporter und mehrere Scoutwagen standen auf dem Platz geparkt und warteten darauf, abgeholt und an ihre neuen Einsatzorte
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