Rund um die Ponyfarm
erfuhr einen ziemlichen Dämpfer, als ich Petes bockiges Gesicht sah. „Nun komm schon, Bruderherz!“, mahnte ich ihn. „Du weißt doch, was du versprochen hast.“
„Also schön“, brummte Pete schließlich. „Carol zuliebe will ich’s tun. Aber ob Andy mit uns zufrieden ist oder nicht, das ist mir völlig egal. Blöder Angeber!“
Unterdrückte Wut stand in seinem Gesicht, als er sich mit gerunzelter Stirn daranmachte, das Zaumzeug auseinander zu nehmen. Es fiel ihm gar nicht so leicht, denn das Leder war viel härter, als wir anfangs gedacht hatten. Die Schnallen ließen sich nur schwer öffnen, und mir war klar, dass wir eine ganze Weile zu tun haben würden.
Inzwischen waren auch die Reiter eingetroffen, die mit Andy einen Geländeritt machen wollten. Einer nach dem anderen kam in die Sattelkammer, holte sich Sattel, Zaumzeug und Führstrick, und ich schaute ihnen sehnsüchtig nach. Gleich würden sie mit ihren Ponys losreiten, und ich konnte mir noch so viel Mühe geben, ich musste sie einfach beneiden. Doch was half das? Tapfer schluckte ich meine Enttäuschung hinunter, nahm einen Eimer und füllte ihn in der Küche mit warmem Seifenwasser. Während ich die Trensen abwusch, tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass ich trotz allem ein paar wichtige Dinge lernte. Ich konnte zwar nicht reiten, aber die Arbeit an dem Zaumzeug gehörte auch zu dem Umgang mit Pferden.
Es war Mittag geworden, als Pete und ich endlich alle Halfter und die zusätzlichen Sättel abgewaschen und eingeseift hatten.
„Endlich!“, seufzte Pete. „Das hätten wir.“ Mit nassen Fingern schob er sich eine Haarsträhne aus der Stirn und legte den letzten Sattel auf einen Holzbock. Erleichtert rollte er seine Hemdsärmel herunter. „Es wird Stunden dauern, bis das Leder so trocken ist, dass wir es polieren können.“
Ich sah ihn fragend an. „Und was machen wir so lange?“
„Nun, wir haben immer noch unsere Proviantpakete.“ Pete schlüpfte in seinen Anorak und klopfte auf die prall gefüllte Tasche. „Ich schlage vor, wir gehen ins Dorf hinunter und kundschaften ein bisschen die Gegend aus.“
„Gute Idee!“ Ich war sofort einverstanden. Lord Glencairns Reitstall lag auf dem Weg zum Dorf, und wenn Pete nicht eine andere Richtung einschlagen wollte, konnte ich Silver Knight vielleicht einen Besuch abstatten.
Carol hatte uns Käse und Cracker eingepackt, Weintrauben, Nüsse, eine Tafel Schokolade und für jeden einen Apfel. Wir veranstalteten ein kleines Picknick, und eine Stunde später standen wir vor den Boxen auf Lord Glencairns Hof.
Alle Türen standen weit offen. Aber die Boxen waren leer; nicht ein einziges Pferd war zu sehen.
„Da! Dort drüben sind sie!“ Pete deutete auf eine Reihe von Feldern, die sich am Ufer des Sees hinzogen. „Ganz am Ende der Weide.“
Ich holte ein Stückchen Apfelschale aus meiner Tasche, das ich für Silver Knight aufgehoben hatte. Suchend schaute ich mich bei den grasenden Pferden um. Wie edel sie alle aussahen!
„Sieh nur, Pete! Der Blauschimmel dort. Sein Schweif und seine Mähne glänzen wie gesponnenes Silber. Und der Goldfuchs mit seinem zierlichen, fein modellierten Kopf. Man sieht gleich, dass er aus einer Kreuzung mit einem Araber stammt. Oder der Rotfuchs dahinten mit den kräftigen Sprunggelenken. Das ist bestimmt ein erfolgreiches Turnierpferd.“
Und der große Graue in ihrer Mitte, das war Silver Knight.
Ich kletterte auf die unterste Sprosse des Gatters, das in die Koppel führte.
„Komm, Pete! Gehen wir zu ihnen hin!“
„Aber das kannst du doch nicht machen!“ Mein Bruder hielt mich an meinem Anorak zurück. „Das ist schließlich privates Gelände.“
„Na und?“ Ich schwang ein Bein über das Gatter. „Lord Glencairn hat es uns doch erlaubt. Er hat gesagt, wir dürfen jederzeit wiederkommen und seine Pferde besuchen.“
„Ja, schon. Wenn die Pferde in ihren Boxen sind. Er hat bestimmt nicht gemeint, dass wir so mir nichts, dir nichts auf seinen Feldern herumspazieren können.“
„Okay, Pete. Aber schließlich verbringt ein Pferd nicht den ganzen Tag in seinem Stall. Jetzt sind sie eben gerade auf der Koppel.“ Ich kramte meine Bücherweisheiten hervor. „Wahrscheinlich sollen sie sich hier aus irgendeinem Grund erholen. Am Abend, wenn die Mücken ausschwärmen, werden sie wieder in ihre Boxen gebracht. Nun stell dich doch nicht so an, Pete!“, rief ich über die Schulter und lief mit eiligen Schritten über das Gras.
„Also, von mir
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