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Rund wie die Erde

Rund wie die Erde

Titel: Rund wie die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Demski
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Salate von Mayonnaise zuverlässig zusammengehalten, darüber kamen Lachs, Schweinsbraten, Roastbeef, nochmal Lachs, weil man den Graved erst zu spät entdeckt hatte, ein Alibisalatblatt, etwas Gratin, das seine Hitze an die unteren Schichten abgab, ein schwindelnd schwankendes Hühnerbein obendrauf. Käse balancierte am Rand. Es war üblich, mit dem benutzten Teller Nachschlag zu holen.
    Eigentlich waren der Krieg und seine Ängste lange vorbei, aber etwas davon schien sich gehalten zu haben, vor allem bei den Poeten. Wer Dichter kennt, weiß: Sie fühlen sich ein Leben lang nicht ausreichend geachtet, egal, wie berühmt und preisbeladen sie sind. Damals, als noch unschuldige Üppigkeit bei öffentlichen Anlässen wie zum Beispiel der Buchmesse regierte, waren Buffets eine Möglichkeit, sich zu trösten, sich geliebt, belohnt, erhoben zu fühlen. Akribisch wurde registriert, was angeboten wurde. Ohne Lachs nichts los!
Nur Magenkranke hörte man gelegentlich murren, da würde es nun verfressen, von Kreti und Plethi, das Geld, das eigentlich ihnen gebührte, den wirklichen Dichtern. Mißlaunig wurde aber auch vermerkt, wenn es nur Brezeln und Nudelsalat gab.
    Von den Tischen der Damen und Herren Autoren, Verleger und Kritiker fielen Brosamen. Jene, die sich vom Rand der Gesellschaft her mitten zwischen die Wichtigen geschmuggelt hatten, freuten sich darüber. Tips, wie man bei Hanser, Fischer, Bertelsmann oder Suhrkamp am besten an die teuren Tröge kam, wurden heiß gehandelt. Wer unter dreißig, weiblich und ansehnlich war, hatte sowieso kein Problem.
    Zwischen den Fünfzigern und den frühen Neunzigern war die große Zeit der Buffets. Erst waren sie kalt, dann wurden sie teilweise warm. Die sonderbare Mischung aus Ängstlichkeit (der Lachs ist gleich alle!) und Gier (da geht noch ein Stück Rehrücken drauf, obwohl es eigentlich nicht zum Matjessalat paßt) starb nicht aus, trotz des wachsenden Wohlstands, das konnte man immer wieder sehen. Das repräsentative Mittelstück, geschmückt, geschnitzt, liebevoll arrangiert, war meines Erachtes eine unbewußte Reminiszenz an den Feudalismus. Zwar wären echte Schwäne oder Pfauen mit vergoldeten Federn wahrscheinlich nicht gut angekommen, geschmückte Schweine, auch als Schinken mit der entsprechenden Dekoration oder ganze Fische, die von der Festgesellschaft piranhahaft skelettiert wurden, durften es schon sein.
    Ganz früher waren Schinkenröllchen und Russeneier hochbeliebt. Der wunderbare Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker hat den Schinkenröllchen – sie bestanden aus einer um drei nasse Büchsenspargel gewickelten Kochschinken
scheibe – ein TV -Denkmal gesetzt. Russeneier waren mit Fleischsalat gefüllt, sie sind noch heute die heimliche Liebe mancher Freßnostalgiker.
    Der Einladung eines Buffets, sich für lau über Stunden den Bauch mit einer absonderlichen Mischung aus Essen vollzuschlagen, konnten auch Asketen nicht widerstehen. Ich erinnere mich an einen mageren Chefredakteur, der, wenn er selber beim besten Willen nichts mehr hineinbekam, mit dem Rücken zum Buffet blind und wahllos Speisen in eine mitgebrachte Plastiktüte schob. Die alten Nachfahrinnen eines einst regierenden Hauses hatten mit der gleichen Absicht ihre Handtäschchen speisenfest ausgestattet. Im Lauf der Jahre bildeten sich Buffetcharaktere aus, die ungestüm gierige Unmittelbarkeit wich strategischem Verhalten. Männer und Frauen entwickelten sich unterschiedlich. Bei den Frauen war die Sache leicht zu unterscheiden – es gab Mitbringenlasserinnen und Selbstversorgerinnen. Eine besonders geniale Mitbringenlasserin war jene zarte Lyrikerin, die den Zumutungen eines kalten Buffets nicht gewachsen zu sein schien. Andererseits drohte sie ohne umgehende Nahrungszufuhr umzusinken, so elfengleich war sie. Die anwesenden Männer benahmen sich daraufhin, als gelte es, ihr das Leben zu retten. Jeder wollte dabei der erste sein und stellte ihr liebevoll allerlei Schmackhaftes zusammen. Einmal sah ich sie vor fünf überfüllten Tellern sitzen, die ihr von ihren Buffetpaladinen fast gleichzeitig gebracht worden waren.
    Das ißt du jetzt gefälligst alles auf, sagte ich.
    Ich war notgedrungen eine Selbstversorgerin am Buffet, es gebrach mir an Hilfsbedürftigkeit. Außerdem sah ich leider nicht so aus, als würde mir Nahrungsentzug schaden. Deswegen war ich

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