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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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selbst auf die schimmernde Halbkugel zu. An ihrem höchsten Punkt, dicht über der Mitte der vier Säulen, schwebten sieben faustgroße, weißglühende Edelsteine. Sie bildeten den Kranz, den Moranon von Weitem gesehen hatte, und warfen ein so helles Licht in ihre Mitte, dass ihn der Anblick schmerzte. Er schoss durch den gleißenden Steinring hindurch und in die Stadt darunter hinein, vorbei an Mauern und Straßen, an Häusern und Türmen, am wirbelnden Weiß und Schwarz unzähliger Gebäude und dunkler Fenster, bis sein Flug abrupt vor einem der Häuser endete, deren Baustil die gleiche Form einer Halbkugel aufwies wie die Kuppel über der Stadt.
    Im selben Augenblick wurde Moranon wieder gewahr, dass er nicht nur aus einem Paar beobachtender Augen bestand, sondern einen Körper besaß. Er blickte an sich hinab und sah seine Hände, Margons Hände. Seine Kleidung bestand aus einer braunen Robe, wie immer, wenn er die Geistwelten bereiste. Die Erinnerung, dass sein wahrer Körper sich an einem Ort befand, der schier endlos weit von dieser Welt mit ihrem dunkelroten Himmel und den fliegenden Gebirgen entfernt lag, hatte etwas Nebelhaftes und Unwirkliches. Der Körper, der vor dem Eingang eines der unzähligen Häuser in dieser Stadt aus schimmerndem Weiß stand, war in diesem Moment für den Schattenwanderer so wahrhaftig und wirklich wie der Boden, den er unter den Füßen fühlen konnte, und wie die heiße Luft, die über seine Haut strich.
    Er sah sich um.
    Er war allein auf dem Platz vor dem Gebäude. Einige weitere halbrunde Häuser standen an seinem Rand, flankiert von schmalen Türmen. In der Mitte des Platzes stand ein Denkmal aus grauem Stein auf einem Sockel, das einen geflügelten Drachen darstellte. Das Ungetüm besaß einen langen, schlangenartigen Körper. Sein Rachen hatte sich weit geöffnet, wie um eine Säule aus Flammen in den Himmel zu speien. Spitz zulaufende, steinerne Zähne stachen aus dem Maul hervor wie Dolche. Die Schwingen des Drachen waren ausgebreitet, als wolle er sich gleich höchst lebendig in den blutroten Himmel erheben.
    Zwei Bäume, die in steinerne Becken vor dem Eingang des Gebäudes gepflanzt worden waren, säumten die verschlossene Tür aus dunkelrotem, kupferähnlichem Metall. Ebenso wie das gesamte Haus wies diese keine Ecken auf, sondern war an ihrem oberen Ende halbkreisförmig abgerundet. Die Stämme der Bäume waren schlank, und ihre hohen Kronen, die weit über das Dach des Gebäudes hinausragten, wuchsen schmal und zugespitzt. Ihre Blätter schimmerten in demselben rostigen Ton wie die Tür. Es war schwer zu sagen, ob dies ihre eigentliche Farbe war, oder ob das Licht des Himmels ihnen diesen blutigen Glanz verlieh.
    Moranon schritt auf den Eingang zu. Er hielt für einen Augenblick inne und sah sich erneut um, doch der Platz hinter ihm zeigte sich leer und verlassen. Dann ergriff er die Türklinke und drückte sie hinab.
    Die Tür erwies sich als unverschlossen. Ohne ein Geräusch schwang sie nach innen. Moranon trat ins Innere des Gebäudes.
    Das ist kein Haus für die Lebenden, das ist eine Gruft.
    Er fuhr herum.
    Wer hatte das gesagt?
    Niemand stand hinter ihm, da war nur die fast geschlossene Tür, und durch den Spalt leuchtete der blutende Himmel.
    War das Myrddins Stimme? Oder meine eigene, die ich in meinem Kopf höre? Manchmal kann ich meine schon gar nicht mehr von seiner unterscheiden, wenn ich Moranon bin. Über die Jahre hinweg bin ich ihm ähnlicher geworden – oder ist er mir ähnlicher geworden?
    Er blickte in den Raum. Vor ihm breitete sich Dunkelheit aus, die zunächst nicht abnahm. Dann erkannte er mit einem Mal auf dem Boden die Umrisse von Treppenstufen, die abwärts führten, tiefer und tiefer unter das Gebäude.
    Eine Gruft, Moranon, du gehst in eine Gruft. Was hast du dort unten verloren? Da gibt es nichts außer Tod in den Schatten.
    Er achtete nicht weiter auf die Stimme und setzte einen Fuß vor den anderen in die Finsternis hinein. Dies waren nicht die Worte Myrddins, seines Lehrers, den er immer dann in seinem Geist vernahm, wenn er seinen Körper hinter sich zurückließ, und der ihm so viel an Wissen um die Verborgenen Dinge beigebracht hatte. Es war die Stimme seiner Besorgnis, die Stimme seiner Furcht. Ihr wollte er nicht nachgeben.
    Seine Schritte ließen nicht das leiseste Geräusch entstehen. Die Treppe führte Stufe um Stufe weiter abwärts. Allmählich strömte etwas Licht zu ihm herauf. Mit weiterem Voranschreiten erkannte er,

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