Runlandsaga - Sturm der Serephin
dass ihn die Treppe in ein kreisförmiges Gewölbe brachte, an dessen Wänden mehrere Fackeln brannten. In der Mitte des Raumes befand sich ein schwarzer, viereckiger Altar, der einem hochgewachsenen Mann fast bis an die Brust gereicht hätte. Um ihn herum lagen mehrere Felsen aus ebenfalls schwarzem Gestein. Auf dem Altar stand die matt schimmernde, bronzefarbene Statue eines Mannes, der in ein knapp über die Knie reichendes Obergewand gekleidet war. Die muskulösen Arme und Beine der Gestalt waren frei von Kleidung, seine Rechte umfasste einen Speer, länger als er selbst und mit breiter Klinge. Die Statue wirkte, als wolle sie die Waffe jeden Augenblick mit voller Wucht durch den Raum werfen und sei mitten in ihrer Bewegung erstarrt.
Ein Eroberer! Gekommen, um seinen Speer in das feindliche Heer zu schleudern und seine Feinde zu zerschlagen, ohne Gnade oder zögernde Hand.
Wieder diese Stimme in seinem Kopf, scheinbar seine eigene und dennoch die eines anderen. Moranon betrachtete das Gesicht der Statue. Ein junger Mann mit kurz gestutztem Bart schien ihn mit pupillenlosen Augen unmittelbar anzublicken. Der Schattenwanderer hielt den Atem an.
Warum kommt mir das Gesicht dieser Statue so vertraut vor? Ich kann mich an keinen Menschen erinnern, der so aussieht, und doch ...
Plötzlich flammte der blinde Blick in dem metallenen Antlitz leuchtend rot auf.
Moranon verharrte starr vor Schreck auf der letzten Stufe der Treppe. Im selben Moment gerieten die Schatten im Raum in Bewegung. Die Flammen der Fackeln flackerten hektisch auf, die Felsen vor dem Altar erbebten. Mit einem Mal erkannte der Schattenwanderer, dass es gar keine Steinblöcke waren, sondern eine Gruppe von mehr als zehn Gestalten in schwarzen Roben, die reglos auf dem Boden gekauert hatten, die Kapuzen tief über die Köpfe gezogen. Nun richteten sie sich gemeinsam auf.
BRÜDER, ER IST HIER, WIE ICH ES EUCH OFFENBART HATTE!
Diese neue Stimme in seinem Kopf unterschied sich von der bisherigen. Moranon spürte eindeutig, dass sie von außen stammte, dennoch teilte sie sich ihm nicht über sein Gehör mit, sondern summte unmittelbar in seinem Kopf wie ein wütendes Wespennest.
Die Gestalten wandten sich dem Schattenwanderer zu.
DER VERRÄTER IST UNTER UNS! LASST IHN NICHT ENTKOMMEN!
Moranon vermochte nicht zu sagen, was die Stimme und die Unbekannten in den schwarzen Roben von ihm wollten, doch es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er gemeint war.
Ein zorniges, hohes Fauchen aus vielen Kehlen erfüllte den Raum. Mehrere der dunklen Gestalten sprangen auf ihn zu. Über sie hinweg leuchteten die roten Augen der Statue auf dem Altar und hielten Moranons Blick gefangen.
DU HÄTTEST NICHT ZURÜCKKOMMEN SOLLEN! VERWEGEN – ABER DUMM, SO DUMM!
Wer war das? Was war das?
Keine Zeit, darüber nachzugrübeln. Er wirbelte herum und rannte die Treppe zurück hinauf. Die Stufen unter seinen Füßen blieben von Dunkelheit verschluckt. Er wusste, wenn er einen Fehltritt beginge, würde er stürzen und eingeholt werden. Panik griff kalt nach seinem Herz. Hinter sich hörte er das hohe Zischen und Fauchen seiner Verfolger.
HALTET IHN AUF! summte die hasserfüllte Stimme in seinem Kopf. BRINGT IHN ZU MIR!
Ihr schriller Ton bohrte sich wie ein Dorn in seinen Geist. Einen Augenblick erfasste ihn ein Schwindelgefühl, seine Füße taumelten und rutschten von einer der Stufen ab. Er fiel hart auf die Knie und riss sich wieder hoch, als eine Hand nach ihm griff.
Jemand packte ihn hart am Arm. Moranon sah, dass es eine der schwarzen Gestalten war. Für einen winzigen Moment erkannte der Schattenwanderer lange und schmale Finger, die ihn festhielten. Schuppige Haut schimmerte gelb in der fast völligen Dunkelheit, als würde sie von sich aus leuchten. Dann schnellte die Faust des Schattenwanderers vor und zielte unter den Rand der Kapuze. Er spürte den schmerzhaften Schlag gegen den Kopf seines Gegners, der ein ersticktes Keuchen von sich gab und nach hinten kippte, wobei er einen anderen Verfolger hinter sich die Stufen mit hinabriss.
Moranon rannte weiter nach oben und in den Raum hinein, in dem sich der Ausgang aus dem Gebäude befand. Weg! Er musste weg von diesem Ort, so schnell wie möglich!
Der Schattenwanderer stieß die Tür auf, durch die er das Haus betreten hatte, und rannte auf den Platz hinaus. Über ihm irrten dunkle Wolken durch den scharlachroten Himmel, hinter sich vernahm er den Laufschritt seiner Verfolger.
Gehetzt sah er sich
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