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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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enttäuscht zu sein. Ich gehe auf die Frau mit dem Staubsauger zu und überlege, in welcher Sprache ich sie anreden soll. »Ist Herr Oberlechner da?«, frage ich ganz langsam. Den Namen wird sie ja wohl kennen.
    »Natürlich«, antwortet sie mit einem abschätzenden Blick und in bestem Deutsch. »Er wird in der Küche sein.«
    »Woher kommen Sie?«, frage ich.
    »Aus Rostock, warum?« Dann deutet sie auf einen stattlichen Mann in Jeans und weißer Schürze. »Da ist er«, sagt sie und schaltet den Staubsauger wieder ein.
    »Mira Valensky«, brülle ich über den Lärm hinweg.
    Er streckt mir seine Hand entgegen. »Kurt Oberlechner. Kommen Sie mit.«
    Ich folge ihm, und wir landen in einem Gastraum, die Tische gedeckt mit funkelnden Gläsern, Silberbesteck, kunstvoll gefalteten Stoffservietten, eine frische Alpenrose auf jedem Tisch. Woher man die zu dieser Jahreszeit wohl bekommt? Na gut, auch das Kobe-Beef stammt wohl nicht von den Vorarlberger Almen. Dafür kostet aber die Portion Filet auch hundertsechzig Euro. Inklusive Trüffelsauce, immerhin.
    »Ich hab nicht viel Zeit«, beginnt er, als wir sitzen und ich mein Aufnahmegerät angemacht habe. »Sie wollen etwas über die Russen wissen. Es sind gute Gäste, die Russen. Und: Wenn es ihnen gefällt, kommen sie wieder. Sie sind treue Gäste. Das darf man nicht unterschätzen.«
    »Und sie sind bereit, Geld auszugeben«, ergänze ich.
    Er sieht mich misstrauisch an. »Ja, das sind sie.«
    »Andererseits muss man das wohl jedenfalls sein, wenn man bei Ihnen isst«, murmle ich.
    Er lacht. »Ich hab Jahre in Paris und in Lyon gearbeitet, dort gibt es Vorspeisen, die damals schon tausendzweihundert Schilling gekostet haben, das sind … Jetzt hab ich mich endgültig an den Euro gewöhnt, jetzt fällt mir das Umrechnen schon schwer … Na ja, tausendvierhundert Schilling wären hundert Euro, also fünfundachtzig Euro oder so, das war aber schon vor fünfzehn Jahren, um fünfundachtzig Euro bekommen Sie bei mir das ›Alpine Menü‹, immerhin fünf Gänge.«
    »Geben die Russen mehr aus als andere Gäste?«
    »Es gibt schon viele Russen, die im Urlaub nicht so aufs Geld schauen. Vielleicht müssen sie es auch nicht, keine Ahnung. Aber ich glaub, wenn sie auf Urlaub sind, wollen sie sich einfach was gönnen. Wir haben viele gute Gäste, aber vor Kurzem war ein italienischer Industrieller da, ich nenne keine Namen, der hat für seine Gesellschaft ein viertel Kilo Kaviar bestellt, sie haben ihn nicht ganz aufgegessen, am Ende wollte er den Rest mitnehmen. So als wären wir ein Ausflugslokal, in dem man sich das Schnitzel einpacken lässt.«
    »Russen feiern gern, stört das die anderen Gäste nicht?«
    »Sie feiern nicht lauter als andere auch. Ich vergebe keine Tische für mehr als sechs Personen, egal aus welchem Land sie kommen, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen.«
    »Also haben Sie durchwegs nur positive Erfahrung mit russischen Gästen«, fasse ich zusammen. Ich gebe zu, ich bin ein wenig enttäuscht.
    Der Koch starrt auf mein Aufnahmegerät. Ich nicke und schalte es aus.
    »Wer Geld hat, bestimmt, das wissen sie auch in Russland«, seufzt er. »Man muss oft für einen Tisch zwei Kellner abstellen, und am besten ist, man hat auch einen Mann in der Küche extra. Es sind nicht alle so, aber manche sekkieren einen mit Sonderwünschen, dass einem ganz anders wird. Irgendwie geht es da auch um ein Machtspiel, der Mächtige kriegt alles, und das sofort.«
    »Extraportionen Kaviar? Hummer Thermidor?«
    Er sieht mich interessiert an. »Hummer Thermidor? Den kennt fast keiner mehr. Haben Sie etwas mit der Branche zu tun?«
    Ich lächle. »Ich bin keine gelernte Köchin, aber ich hab einige Monate in einem Haubenlokal gearbeitet, bei einer Freundin von mir. Ich koche und esse gern, das ist alles.« Kann nicht schaden, wenn er mich zu seiner Zunft zählt. Und ich merke, wie er tatsächlich lockerer wird.
    »Dann kennen Sie das ja, jede Beilage wird zweimal umbestellt, ewig wird beraten, ob nicht doch das Trüffelpüree besser zur Ente passt als das Traubenconfit mit Morcheln. Und vor Kurzem: Da wollte ein Russe Pommes zum Kobe-Beef. Unser Oberkellner sagt ihm, Pommes frites haben wir nicht, er darauf: Die gibt es doch in jedem Straßenlokal, dann lässt er sich eben welche vom Schnellimbiss kommen. Der Oberkellner versucht ihn mit gegrillten Kartoffelscheiben zu beschwichtigen, er wird laut und besteht auf Pommes. Wir haben Pommes geschnitten, sie zuerst auf die alte

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